Regierungserklärung zur Lage in Israel : Bundestag sichert Israel einstimmig volle Solidarität zu
Nach dem Hamas-Terror dringen die Fraktionen auf Unterstützung Israels. Bundeskanzler Scholz kündigt ein Betätigungsverbot für Hamas in Deutschland an.
Viel war von Einigkeit die Rede, als der Bundestag am Donnerstagmorgen für eine Regierungserklärung zur Lage in Israel zusammenkam. Fünf Tage nach dem Angriff der islamistischen Hamas lag augenscheinlich allen Fraktionen daran, angesichts von Terror und Krieg zusammenzustehen. Der Oppositionsführer dankte dem Kanzler für seine Worte, der Kanzler dem Parlament für seine Geschlossenheit. Und die Abgeordneten von Ampelfraktionen und Union dankten sich gegenseitig, dass es gelungen war, trotz sonstiger Differenzen einen gemeinsamen Entschließungsantrag auf den Weg zu bringen. Einstimmig sichert der Bundestag darin Israel seine volle Solidarität zu, fordert aber auch, Zahlungen an die Palästinenser zu überprüfen und der Hamas nahestehende Organisationen in Deutschland zu verbieten.
Bundeskanzler Olaf Scholz (links) und Unionsfraktionschef Friedrich Merz verurteilten im Bundestag ins seltener Einmütigkeit den Terror der Hamas in Israel.
Selbst die bislang umstrittene Forderung, die iranischen Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste zu setzen, um den Druck auf Iran als Unterstützer des Hamas-Terrors zu erhöhen, vertreten die Fraktionen nun gemeinsam. Es gebe "Dinge jenseits des demokratischen Wettbewerbs und des Streits", bei denen "kein Dissens und keine Zweifel" bestehen dürften, so formulierte es der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour und gab damit den Tenor im Plenum wieder.
Schon am Tag zuvor hatte der Bundestag einmütig der Opfer des Angriffs im Beisein des israelischen Botschafters in Deutschland, Ron Prosor, mit einer Schweigeminute gedacht. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) verurteilte die "menschenverachtenden Terrorakte gegen Israel auf das Schärfste". Auch Israel-Feindlichkeit und Antisemitismus in Deutschland seien nicht zu akzeptieren.
Anfrage Israels nach Munitionslieferungen
In seiner Regierungserklärung betonte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Israels "völkerrechtlich verbrieftes Recht", sich gegen den barbarischen Angriff zu verteidigen. Dem Land sicherte er uneingeschränkte Unterstützung zu: "In diesem Moment gibt es für Deutschland nur einen Platz, den Platz an der Seite Israels." Dessen Sicherheit sei deutsche Staatsräson. Auch praktische Hilfe bot er an: Er habe Premier Netanyahu gebeten, ihn über Unterstützungsbedarf zu informieren, erklärte der Kanzler. Das gelte für die Versorgung Verwundeter wie auch "andere Unterstützungsbitten". Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat bereits israelische Anfragen nach Munition für Kriegsschiffe bestätigt.
Der Kanzler warnte vor einem "Flächenbrand" in der Region. Deutschland nutze alle "Kanäle", um das zu verhindern - und auch um die nach Gaza verschleppten Geiseln freizubekommen. Man spreche mit dem ägyptischen Staatschef ebenso wie dem jordanischen König und dem Emir von Katar, erklärte Scholz und trat damit Kritik entgegen: Es sei unverantwortlich, nicht alle Kontakte zu nutzen. Gleichzeitig rief er alle in der Region auf, von "weiteren feindseligen Akten" gegen Israel abzusehen.
Scholz kündigte auch ein Betätigungsverbot für die Hamas sowie ein Verbot des Vereins Samidoun in Deutschland an, dessen Unterstützer die Attacken öffentlich bejubelt hatten. Unionsfraktionschef Friedrich Merz bekräftigte, Demonstrationsverbote müssten nun konsequent durchgesetzt werden. Auch das dem Iran nahestehende Islamische Zentrum in Hamburg müsse geschlossen und alle Zahlungen an palästinensische Gebiete und Organisationen auf den Prüfstand gestellt werden. Wer Israel vernichten wolle oder den Holocaust verharmlose, dürfe kein Steuergeld bekommen, so Merz.
AfD pocht auf härteren Kurs in Palästina-Politik
Weiter ging die Forderung von Alexander Gauland (AfD): Wenn die Sicherheit Israels als deutsche Staatsräson mehr als eine "Floskel" sein solle, müsse Deutschland seine Zahlungen an alle Palästinenserorganisationen sofort einstellen. Auch Geld für humanitäre Projekte lande bei der Hamas, sagte er an die Adresse von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Sie hatte erklärt, Lebensmittelhilfe für Gaza nicht aussetzen zu wollen. Die AfD pocht dagegen auf einen härteren Kurs in der Palästina-Politik: In drei Anträgen fordert sie ein Verbot der "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (20/8738), den Stopp der Zuwendungen an das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (20/8739) und ein Ende von Zahlungen an die Palästinensische Autonomiebehörde, sofern die "Erziehung von Kindern zu sogenannten Märtyrern" nicht aufhöre (20/8740).
Christian Dürr (FDP) verlangte von islamischen Verbänden eine "klare Haltung und Distanzierung". Die Verantwortung für jüdisches Leben gelte für alle in Deutschland - auch für Einwanderer. Zur Unterstützung Israels mahnte auch Lars Klingbeil (SPD): "Wir haben uns als Deutschland geschworen: Nie wieder, nie wieder schauen wir weg, nie wieder schweigen wir, wenn jüdisches Leben bedroht ist."
Grüne und Linke betonen Schutz von Zivilisten
Es brauche jetzt "alle Facetten der Diplomatie", sagte Katharina Dröge (Grüne). Gespräche mit Israels Nachbarstaaten und Saudi-Arabien müssten fortgesetzt werden. Dabei gehe es auch um Schutz von Zivilisten und sichere Fluchtwege, so Dröge mit Blick auf die geplante Bodenoffensive Israels in Gaza.
Dietmar Bartsch (Linke) drängte darauf, die Iran-Politik zu überdenken: "Technologie und Wissen" dürften nicht mehr in das Land exportiert werden. Zudem mahnte er, die Menschen in Gaza nicht zu vergessen. Sie würden von der Hamas unterdrückt und als "menschliche Schutzschilder" missbraucht.