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Aktuelle Stunde : Streit über Meinungsfreiheit an Hochschulen

Seit dem Hamas-Überfall auf Israel nehmen propalästinensische Proteste an Universitäten zu. Im Bundestag wurde hitzig die Meinungsfreiheit an Hochschulen diskutiert.

28.06.2024
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3 Min

Seit dem Überfall der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel beschäftigen Störungen des Hochschulbetriebs durch Aktivisten vermehrt die Öffentlichkeit. Ein Vorfall in anderem Zusammenhang indes hat die CDU/CSU-Fraktion veranlasst, unter dem Titel "Meinungsfreiheit schützen - Boykott von wissenschaftlichen und demokratischen Veranstaltungen an deutschen Hochschulen verhindern" eine Aktuelle Stunde zu beantragen, die am Mittwoch stattfand.

Anlass: Vorfall bei Veranstaltung an der Universität Göttingen

Darin erläuterte Nadine Schön (CDU), bei einer Veranstaltung an der Universität Göttingen zum Selbstbestimmungsgesetz mit der CDU-Bundestagsabgeordneten Mareike Lotte Wulf sei diese unflätig niedergebrüllt und bedrängt worden. Schließlich habe sie unter Polizeischutz aus dem Saal geleitet werden müssen, während "die Randalierer geblieben" seien. Schön bedauerte, dass sie aus den Koalitionsfraktionen und der Regierung keine Stellungnahme zu dem Vorfall vernommen habe. Vor allem vermisse sie eine Distanzierung der Grünen, deren Jugendorganisation mit zu der Aktion aufgerufen und dabei Wulf als Abgeordnete, die "öfter Hetze gegen Transmenschen betreibt", diffamiert habe.

Mehrere Rednerinnen und Redner der Koalitionsfraktionen nahmen Wulf gegen derartige Vorwürfe in Schutz und lobten sie, bei allen Differenzen in der Sache, als empathische und sachorientierte Kollegin. "Wir verurteilen das alle miteinander, dass frei gewählte Abgeordnete nicht mehr sprechen können, wenn sie eingeladen sind", erklärte Lina Seitzl (SPD).

Foto: picture alliance / Peter Schickert

An der Universität Göttingen wurde die CDU-Abgeordnete Mareike Wulf von Studierenden daran gehindert, einen Vortrag zur Selbstbestimmung zu halten. Der Vorfall wurde im Plenum diskutiert.

Grüne: Union nicht unschuldig an "hässlichen Debatte rund um Selbstbestimmung"

Marlene Schönberger (Grüne) jedoch schränkte ein: "Was Ihnen passiert ist, ist nicht okay", allerdings seien Tessa Ganserer und Sven Lehman - zwei queere Grünen-Abgeordnete - ganz anderen Angriffen ausgesetzt gewesen, und hier habe sie die Solidarität aus der Union vermisst. Im Gegenteil vergehe "fast kein Tag, an dem nicht Mitglieder der Union die Selbstbestimmung verächtlich machen". An der "hässlichen Debatte rund um Selbstbestimmung" seien die "Kollegen von der Union nicht ganz unschuldig", folgerte Schönberger.


„Antisemitismus und Rassismus sind niemals von der Meinungsfreiheit gedeckt. Aber das Grundgesetz schützt nicht vor Widerspruch, und auch nicht Abgeordnete vor Protest.“
Janine Wissler (Die Linke)

Deren Fraktionskollegin Laura Kraft versicherte Mareike Wulf später allerdings ausdrücklich ihre Wertschätzung und äußerte den Wunsch, "dass wir alle verbal abrüsten". Ria Schröder (FDP) erklärte, an Wulf gewandt: "Ich möchte ganz klar sagen: Sie tragen keine Verantwortung dafür", was sich in Göttingen zugetragen hatte. Janine Wissler (Die Linke) andererseits hielt der Union vor, nur für Meinungsfreiheit zu sein, wenn es um ihre Meinung gehe. Was Wulf widerfahren sei, sei "unangenehm", aber das Grundgesetz schütze nicht vor Widerspruch "und auch nicht Abgeordnete vor Protest".

Umgang mit Gaza-Konflikt an Hochschulen in der Kritik

Breiten Raum in der Debatte nahmen auch die Vorfälle im Zusammenhang mit dem Gaza-Konflikt ein. Mehrere Abgeordnete bezeichneten es als unerträglich, dass sich viele jüdische Studierende seit Monaten nicht mehr an ihre Hochschule trauten aus Angst vor denen, die davor stehen. "Es geht aber auch nicht", ergänzte Lina Seitzl (SPD), "wenn Menschen pauschal zu Antisemiten erklärt werden, die im Rahmen ihrer freien Meinungsäußerung die israelische Regierung kritisieren". Götz Frömming (AfD) hob hervor, dass der Antisemitismus an den Hochschulen vor allem von links komme: "Da stehen die kleinen Greta Thunbergs und die anderen mit den Palästinensertüchern."