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Familienpolitik der Ampel : Am Familienbild scheiden sich die Geister

Die Ampel-Pläne für eine Verantwortungsgemeinschaft stoßen auf Widerstand bei Union und AfD.

17.01.2022
True 2023-10-02T11:02:16.7200Z
3 Min

An wesentlichen Plänen der Ampelkoalition in der Familienpolitik scheiden sich die Geister. Einen ersten Vorgeschmack auf die zu erwartenden harten Auseinandersetzungen in der neuen Legislaturperiode zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP auf der einen Seite und CDU/CSU und AfD auf der anderen Seite vermittelte die familienpolitische Debatte am vergangenen Donnerstag. Im Zentrum der Auseinandersetzungen werden vor allem das Familienbild und die Gesetzgebung zum Abbruch von Schwangerschaften stehen.

Hatten sich über viele Jahre die im Bundestag vertretenen Parteien weitestgehend auf die Formel "Familie ist, wo Kinder sind" geeinigt, präsentierte die neue Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) zum Auftakt der Debatte die Definition, von der sich die Ampel-Koalitionäre künftig leiten lassen wollen: "Familie - das ist überall dort, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen." Die Koalition werde "diese Vielfalt endlich im Recht abbilden und allen Familienformen Anerkennung zukommen lassen", führte Spiegel aus.

Bereits im Wahlkampf hatte sich abgezeichnet, dass sich SPD, Grüne und FDP an diesem Punkt sehr nahe stehen. Nach der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare in der vergangenen Legislatur wollen sie nun eine weitere Form staatlich anerkannten Zusammenlebens einführen - die sogenannte Verantwortungsgemeinschaft. Laut Koalitionsvertrag soll das Institut der Verantwortungsgemeinschaft jenseits von Liebesbeziehungen oder der Ehe es "zwei oder mehr volljährigen Personen ermöglichen, rechtlich füreinander Verantwortung zu übernehmen".

Grundlegende Änderungen sind auch im Abstammungsrecht geplant. Dies soll so reformiert werden, "dass lesbische Mütter, die zusammen ein Kind bekommen, von Anfang an die gleiche rechtliche Anerkennung als Eltern bekommen", sagte Spiegel. Zudem kündigte die Ministerin die ersatzlose Streichung des Paragrafen 219a, in dem das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche verankert ist, an. Damit werde die "vorgestrige Kriminalisierung von Frauen und Ärzteschaft" beendet, betonte Spiegel.

»Blankoschein für die Vielehe«

Bei der Union und der AfD stößt die geplante Verantwortungsgemeinschaft auf erheblichen Widerstand. "Wir lehnen diese ,Ehe light' auf jeden Fall ab", betonte Dorothee Bär (CSU). Die Ehe stehe unter dem Schutz des Grundgesetzes und beinhalte Rechte und Pflichten. "Aber es bleibt nicht mehr viel übrig, wenn es ein Rechtsinstitut gibt, das zwar bei Sonnenschein unbürokratisch zugänglich und jederzeit auflösbar sein soll, aber wenn es schwierig wird, auch ganz große Probleme mit sich bringt", sagte Bär. Die Verantwortungsgemeinschaft sei ein "Blankoschein für die Vielehe". Bei Scheidungen sei schon jetzt kompliziert, das Kindeswohl nicht zu gefährden. "Wie ist es denn dann, wenn es sich um vier Personen handelt? Das passt alles nicht", führte Bär an. Die Ampel-Koalition verwechsle Modernität mit Beliebigkeit.

Inhaltlich ganz ähnlich, im Tonfall aber deutlich schärfer, attackierte der AfD-Abgeordnete Martin Reichardt die familienpolitischen Vorstellungen der Ampel-Koalition: "Die neue Familienministerin will Familie neu definieren. Die Mehrheit, also die gesellschaftliche Realität, wird umgedeutet und der Ideologie einer links-grünen Politblase unterworfen. Im Klartext heißt das: Die Ampel will die traditionelle Familie und damit das Fundament unseres Zusammenlebens zerstören." Elternschaft werde fortan nicht mehr durch naturwissenschaftliche Fakten, sondern durch lösbare Verträge definiert. "Zwei Frauen können gar kein Kind miteinander bekommen. Das ist Realität, das ist Naturwissenschaft", sagte Reichardt. Die Familienministerin sei eine "Biologie-Leugnerin".

Abgeordnete der SPD, der Grünen und der FDP hingegen stellten sich demonstrativ hinter die neue Familienministerin und verteidigten deren Pläne. "Wir sorgen dafür, dass schon längst gelebte und gesellschaftlich vollkommen akzeptierte Lebensentwürfe und Familienformen endlich auch rechtlich abgebildet werden", betonte Gyde Jensen (FDP). Die Grünen-Abgeordnete Ulle Schauws warf der Unionsfraktion vor, genau diesen Fortschritt in den vergangenen 16 Jahren verhindert zu haben. Schauws kündigte zudem an, nicht nur den Paragrafen 219a abschaffen zu wollen, sondern zugleich den Paragrafen 218 zum Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches ansiedeln zu wollen.

Unterstützung für Kindergrundsicherung

Unterstützung erhält die Ampel-Koalition an diesen Punkten durchaus auch von der Linksfraktion. Heidi Reichinnek bemängelte jedoch, dass die von Spiegel angekündigte Kindergrundsicherung bislang völlig unkonkret sei. Diese müsse altersabhängig bis zu 630 Euro Grundbetrag plus eine Erstattung von Kosten für Wohnung und Sonderbedarfe umfassen. Zudem habe die Ampel auch keine Konzepte gegen Altersarmut und die Unterstützung von Alleinerziehenden vorgelegt.