Schutz für Beratungsstellen : Für ungestörte Beratung von ungewollt schwangeren Frauen
Die Regierung legt ihren Gesetzentwurf zur "Gehsteigbelästigung" vor. Die AfD wittert das Ende von Paragraf 218. Die CDU betont, es gebe keinen rechtsfreien Raum.
Abtreibungsgegner protestieren vor einer Pro Familia-Beratungsstelle in Saarbrücken gegen Schwangerschaftsabbrüche.
Die Bundesregierung will Schwangere vor Schwangerschaftsberatungsstellen und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wirksamer vor sogenannten Gehsteigbelästigungen durch Abtreibungsgegner schützen. Das sieht ein Gesetzentwurf für ein Zweites Gesetzes zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes vor, der am Mittwoch in erster Lesung vom Bundestag debattiert und zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen worden ist.
Mit der Reform sollen die Rechte der Schwangeren sowie das Beratungs- und Schutzkonzept in seiner Gesamtheit gestärkt werden. Abstandsregeln und Bußgelder sollen dafür sorgen, dass das Personal der Beratungsstellen seine Arbeit ungestört ausüben kann und die Frauen vor Übergriffen besser geschützt werden.
Ein Kommissions-Bericht sorgt für Aufregung
Die Debatte war, wie immer bei diesem Thema, sehr grundsätzlicher Natur. Befeuert wurde dies durch den am Montag bekannt gewordenen Abschlussbericht einer von der Ampel-Regierung eingesetzten Arbeitsgruppe zu Schwangerschaftsabbrüchen und Leihmutterschaft. Darin schlägt die Kommission eine tiefgreifende Überarbeitung des geltenden Rechts vor und bezeichnet die grundsätzliche Rechtswidrigkeit eines Schwangerschaftsabbruchs nach Paragraf 218 Strafgesetzbuch als nicht haltbar. Dies griff vor allem die AfD-Fraktion auf: "Sie engagieren sich für die Tötung als vermeintlich einfachste Lösung und wollen letztlich auch den Paragrafen 218 abschaffen! Sie machen aus Lebensschützern Gehsteigbelästiger!", attackierte Nicole Höchst (AfD) die Bundesregierung.
Denise Loop (Grüne) erwiderte, die sogenannten Lebensschützer würden kein einziges Leben schützen. "Im Gegenteil, sie erschweren das Leben von Frauen nur noch weiter und sind zutiefst frauenfeindlich." Leider sei ein Schwangerschaftsabbruch bis heute eine Straftat und nur unter bestimmten Bedingungen, wie einer verpflichtenden Beratung, straffrei, kritisierte sie. Gökay Akbulut (Die Linke) betonte ebenfalls, Schwangerschaftsabbrüche hätten im Strafgesetzbuch nichts verloren. Josephine Ortleb (SPD) bezeichnete die "reproduktive Selbstbestimmung" als Kernanliegen der Ampel. "Dieser gesellschaftliche Fortschritt ist nicht aufzuhalten."
Für die FDP stellte Nicole Bauer klar, dass es nicht um den Paragrafen 218 gehe, sondern konkret um den Schutz von Frauen in einer existenziellen Krise. "Diesen Schutz zu gewährleisten, ist unsere Aufgabe!"
Ministerin: Es geht um die Behinderung des Persönlichkeitsrechts
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sagte: "Wir haben die Grundrechte der Frauen und das Grundrecht auf Meinungsfreiheit sehr genau abgewogen. Wer Frauen vor Beratungsstellen belästigt, der behindert deren allgemeines Persönlichkeitsrecht."
Natürlich bräuchten Frauen ungehinderten Zugang zu Beratungstellen, erwiderte Silvia Breher (CDU). Aber Nötigung und die Behinderung der Arbeit des Personals könnten schon heute bestraft werden. "Sie tun so, als gäbe es einen rechtsfreien Raum", sagte sie und warf der Regierung vor, sie wecke "die falsche Erwartung, mit dem Gesetz einen darüber hinausgehenden Schutz gewährleisten zu können". Außerdem könne die Ministerin keine belastbaren Zahlen vorweisen, die den Gesetzentwurf rechtfertigen würden, sagte Breher.