Programm vor Verlängerung : Mehr Zeit für Kommunen bei Ganztagsbetreuung
Der Bundestag will das Investitionsprogramm zum Ausbau der Ganztagsbetreuung in Höhe von 750 Millionen Euro bis Ende 2022 verlängern.
Die Laufzeit des Investitionsprogramms zum beschleunigten Infrastrukturausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder in Höhe von 750 Millionen Euro soll um ein Jahr bis Ende 2022 verlängert werden. Über den entsprechenden Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP (20/190) zur Änderung des Ganztagsfinanzierungsgesetzes und des Ganztagsfinanzhilfegesetzes beriet der Bundestag am vergangenen Donnerstag in erster Lesung.
Deutschlands Kommunen sollen damit bis Ende des kommenden Jahres Zeit bekommen, die Finanzmittel des Bundes zu beantragen und auszugeben, um die nötigte Infrastruktur für die geplante Ganztagsbetreuung für Grundschüler ab 2026 zu schaffen. Ab August 2026 gilt beginnend bei Grundschülern der ersten Klasse ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung, der in den Folgejahren auf die zweite bis vierte Grundschulklasse ausgeweitet wird.
Probleme im Baugewerbe
Obwohl die Fristverlängerung für das Investitionsprogramm zwischen Regierungs- und Oppositionsfraktionen weitgehend unumstritten ist, sorgte der Gesetzentwurf trotzdem für gegenseitige Vorwürfe. Ekin Deligöz (Grüne) begründete die Fristverlängerung: Es habe sich gezeigt, dass die bereitgestellten Finanzhilfen des Bundes in Höhe von 750 Millionen Euro nicht so abfließen konnten, wie es eigentlich geplant gewesen sei. "Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Lieferengpässe in der Bauwirtschaft, Planungsengpässe im Handwerk, Folgen von Hochwasser, die Pandemie", führte Deligöz aus.
Kritik der Union
Nadine Schön (CDU) begrüßte die Fristverlängerung ausdrücklich. Dies schaffe Planungssicherheit für die Kommunen und helfe bei der Realisierung des Rechtsanspruchs. Die Unionsfraktion habe allerdings bereits vor vier Wochen einen entsprechenden Antrag und eine Woche später einen Gesetzentwurf vorgelegt, dem die Ampelkoalition nicht habe zustimmen wollen: "Jetzt kommen sie vier Wochen später mit genau dem gleichen Gesetzentwurf." Schön warf der Ampelkoalition vor, sie stelle ihre "parteipolitischen Egoismen" über die Interessen der Kommunen und Familien. "Es ist ein Riesenunterschied, ob eine Kommune am 11. November weiß, dass sie die Mittel im nächsten Jahr noch abrechnen kann, oder erst Mitte Dezember. Da ist doch das Kind in vielen Kommunen längst in den Brunnen gefallen", monierte Schön.
Matthias Seestern-Pauly (FDP) wies den Vorwurf zurück: Der Gesetzentwurf der Koalition enthalte eben deutlich mehr als der der Union. So würden die Bonusmittel von 750 Millionen Euro des Investitionsprogramms zum beschleunigten Infrastrukturausbau mit den Basismitteln von zwei Milliarden Euro aus dem Sondervermögen "Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter" zusammengeführt. Dadurch würden die Strukturen vereinfacht.
Der SPD-Abgeordnete Sönke Rix zeigte sich selbstkritisch: Die Befristung des Investitionsprogramms, das von der großen Koalition in der vergangenen Legislatur aufgelegt worden sei, sei ein Fehler gewesen. Dies sei damals vom Parlament so beschlossen worden. "Jetzt haben wir erkannt: Die Kommunen brauchen längere Planungssicherheit, und die geben wir ihnen."
Personalmangel thematisiert
Zustimmung für den Gesetzentwurf signalisierte Nicole Gohlke von der Linksfraktion. Kritik übte sie trotzdem an der Regierungskoalition: Um den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter zu realisieren, müsse dringend mehr Fachpersonal eingestellt werden. "Wenn der Rechtsanspruch kommt, dann werden 600.000 zusätzliche Betreuungsplätze gebraucht, und dann werden 35.000 zusätzliche Vollzeitstellen gebraucht", rechnete Gohlke vor. "Wir brauchen dringend eine Offensive des Bundes für mehr Personal in der Bildung und mehr Schulsozialarbeiter."
Corona Martin Reichardt (AfD) hingegen nutzte die Debatte, um die aktuelle Corona-Politik massiv zu kritisieren. In Deutschland werde eine "Repressionspädagogik" in den Schulen betrieben. "Kinder erleiden seit 20 Monaten, dass Lehrer und Politiker darüber bestimmen, wie sie ihre fundamentalsten Rechte und Bedürfnisse wahrnehmen können." Auch die neue Familienministerin wolle Kinder durch Tests, Maskentragen und Kontaktbeschränkungen "malträtieren", monierte Reichardt. Die angestrebte Impfung von Kindern schütze lediglich vor schweren Krankheitsverläufen, die es bei gesunden Kindern fast nicht gebe.