Union legt Gesetzentwurf vor : Mutterschutz auch für Selbstständige
Nachdem eine Tischlermeisterin mit einer Petition für Aufsehen gesorgt hatte, legt die Union nun einen Antrag für Mutterschutz für Selbstständige vor.
Johanna Röh brachte den Stein ins Rollen. Die selbstständige Tischlermeisterin aus Alfhausen in der Nähe von Osnabrück fühlte sich während ihrer Schwangerschaft ungerecht behandelt: Leistungen wie Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall oder den Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld gibt es nur für angestellte Frauen, wie sie feststellen musste. Nicht aber für sie als Unternehmerin. Mit der Bitte um Abhilfe wandte sie sich im Mai 2022 an den Petitionsausschuss. Ihre Petition wurde mehr als 110.000-mal mitgezeichnet, womit das für eine öffentliche Behandlung der Eingabe benötigte Quorum erreicht war. Bei der Sitzung im September letzten Jahres sagte Röh, während eine angestellte Tischlerin mit Bekanntwerden der Schwangerschaft ein betriebliches Beschäftigungsverbot bei voller Lohnfortzahlung bekommen hätte, sei sie weiter auf der Baustelle aktiv gewesen, um den Fortbestand ihres Betriebes zu sichern.
Der Ausschuss erkannte das Problem an und überwies die Petition einstimmig mit dem höchsten Votum "zur Berücksichtigung" an die Bundesregierung. Die derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen würden den Erfordernissen an eine moderne, den Bedürfnissen von Frauen, die sich für ein eigenes Kind entscheiden, Rechnung tragende Gründerkultur "nur in eingeschränktem Maße gerecht", befanden die Abgeordneten.
Union macht Druck
Die Unionsfraktion macht nun Druck und fordert die Bundesregierung in einem Antrag auf, kurzfristig einen Gesetzentwurf vorzulegen, der Anpassungen in Höhe und Umfang des Mutterschaftsgeldes der gesetzlichen Krankenversicherung sowie entsprechende Möglichkeiten einer Erweiterung der Krankentagegeldversicherung in der Privaten Krankenkasse vorsieht. Jede Mutter, so sagte Melanie Bernstein (CDU) während der Debatte vergangene Woche, habe das Recht auf Unterstützung durch die Gesellschaft, "auch selbstständige Frauen, die sich trotz aller beruflichen Herausforderungen für die Gründung einer Familie entscheiden." Ihnen müsse es leichter gemacht werden; sie benötigten Förderung.
Auch die Ampelfraktionen sehen Handlungsbedarf - nicht zuletzt wegen des breiten Zuspruchs für die Petition und des hohen Votums des Petitionsausschusses. Ein entsprechender Gesetzentwurf aus dem Hause von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) ist gleichwohl noch nicht in Sicht.
Koalition: Umsetzung des Vorschlags ist nicht trivial
Darüber, dass Mutterschutz für Selbstständige ermöglicht werden soll, herrsche Einigkeit, sagte Sarah Lahrkamp (SPD) und forderte eine "praktikable Gesamtlösung". Die Umsetzung sei nicht einfach, machte Nina Stahr (Grüne) deutlich. Momentan sei das Mutterschutzgeld eine Leistung für Arbeitnehmerinnen. "Wie eine solche Leistung auf Selbstständige übertragen werden kann, ist eben nicht ganz trivial", sagte sie. Gyde Jensen (FDP) verwies auf eine angespannte Haushaltslage und die defizitäre gesetzliche Krankenversicherung. "Eine Ausweitung auf weitere versicherungsfremde Leistungen würde für noch höhere Beiträge sorgen und die Solidargemeinschaft zusätzlich belasten", gab sie zu bedenken.
Die Union mache es sich mit ihrem Antrag zu einfach, fand auch Heidi Reichinnek (Linke). Das Mutterschaftsgeld sei ziemlich komplex. Denkbar sei, alle Selbstständigen über eine Umlage innerhalb der Krankenversicherung in die Absicherung ihrer Kolleginnen miteinzubeziehen, sagte sie. Zustimmung zu dem Antrag gab es von der AfD. Martin Reichardt (AfD) bedauerte es zugleich, dass die Union die Bitte seiner Fraktion abgelehnt habe, einen vergleichbaren Antrag in die Debatte mit einzubringen. Das sei undemokratisch und schade den Familien in Deutschland.