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Sprach-Kitas : Union warnt vor "kinder- und bildungspolitischer Katastrophe"

Ende 2022 läuft das Bundesprogramm aus. Die Opposition fordert eine Verlängerung, die Koalition verweist auf das Kita-Qualitätsgesetz.

26.09.2022
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3 Min
Foto: picture alliance/dpa/Waltraud Grubitzsch

Die Ampelkoalition will das Sonderprogramm "Sprach-Kitas" nicht einfach nur weiterlaufen lassen - sondern "wirklich verstetigen."

Die Sprachförderung in den Kitas ist sehr wichtig. Da sind sich alle Fraktionen einig - auch jene der Regierungsparteien. Dennoch soll das Bundesprogramm "Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist" zum Ende des Jahres auslaufen. Ein Unding, findet die Union und fordert in einem Antrag dessen Fortführung. "Versündigen Sie sich nicht an den Kindern in unserem Land", sagte Dorothee Bär (CSU) während der Debatte in der vergangenen Woche. "Das Aus für die Sprach-Kitas wäre eine kinder- und eine bildungspolitische Katastrophe", warnte sie.

Bär kann sich bei ihrer Forderung auf den Bundesrat stützen. Einstimmig hatte die Länderkammer Mitte September die Fortführung gefordert. Die Ansätze des Bundesprogramms "Sprach-Kitas" hätten sich bewährt, heißt es in einer Entschließung der Länder, wie auch im Antrag der Unionsfraktion. In rund 6.900 Kindertagesstätten seien durch fast 7.500 zusätzliche Fachkräfte mehr als eine halbe Million Kinder erreicht worden. Damit sei etwa jede achte Kita in Deutschland eine "Sprach-Kita".

CSU: Tausende Fachkräfte werden gehen

Die CSU-Familienpolitikerin Bär zeichnete ein düsteres Szenario für den Fall der Einstellung des Programms. Tausende Fachkräfte würden weggehen, obwohl sie in den Einrichtungen dringend gebraucht würden. Die Träger seien dann nicht mehr in der Lage, die Qualität in der frühkindlichen Bildung zu gewährleisten. "Die über Jahre aufgebauten bundeseinheitlichen Strukturen, die Qualifizierungen der Teams, die Begleitung in den Familien: Alles wird zerschlagen, und dies nur, weil sich die Familienministerin an dieser Stelle nicht gegen den Finanzminister durchsetzen kann", beklagte Bär.


„Wir wollen eine Verstetigung der Sprach-Kitas im Kita-Qualitätsgesetz.“
Sönke Rix (SPD)

Keinen Grund zur Aufregung sehen hingegen SPD, Grüne und FDP, die in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben haben, das Programm "Sprach-Kitas" weiterzuentwickeln und zu verstetigen. "Wir wollen eine Verstetigung der Sprach-Kitas im Kita-Qualitätsgesetz", erläuterte Sönke Rix (SPD). Dazu werde die Unterstützung der Länder benötigt. Damit werde die Verantwortung nicht weggeschoben. Es sei vielmehr ein Hinweis auf die originäre verfassungsrechtliche Zuständigkeit der Länder.

Nina Stahr (Grüne) ergänzte, es könne nicht darum gehen, ein Sonderprogramm weiterlaufen zu lassen. "Es muss darum gehen, es wirklich zu verstetigen." Stahr zeigte sich überzeugt, dass für den Übergang bis dahin eine gute Lösung zusammen mit den Ländern gefunden werden könne. Rix brachte eine Verlängerung des Programms um ein halbes Jahr ins Spiel. Gyde Jensen (FDP) lobte, dass im Kita-Qualitätsgesetz "die Sprachförderung endlich als prioritäres Handlungsfeld festgelegt wird". Den Ländern werde damit ermöglicht, Bundesmittel in die Sprachförderung und damit in den Erhalt der Sprach-Kitas zu investieren. An die Union gewandt sagte Jensen: "Sie hätten in den Ländern dafür sorgen können, dass vermieden wird, dass sich Fachkräfte schon jetzt wegbewerben."

Wie soll eine Übergangslösung aussehen?

Niemand wisse, wie eine solche Übergangslösung aussehen solle, befand Heidi Reichinnek (Linke). Es drohe der Verlust von Fachkräften, da man sich drei Monate vor Jobende arbeitslos melden müsse. "Haben Sie bei der Planung nicht gewusst, dass das passiert, oder hat es Sie nicht interessiert?", fragte Reichinnek, was Stefan Müller (CSU) mit dem Zwischenruf kommentierte: "Wer hätte gedacht, dass wir mal bei den Linken klatschen".

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Unterstützung für den Unionsantrag gab es auch von Seiten der AfD. Nicole Höchst nannte ihn gleichwohl einen "Tropfen auf den heißen Stein". Nötig geworden seien Sprach-Kitas, weil "die Politik der offenen Grenzen" zur Folge habe, dass unter den deutschen Passinhabern der jüngeren Generation immer mehr Menschen ohne deutsche Muttersprache seien. "Wenn Sie uns schon weiter ent- und überfremden, sollen die Neubürger wenigstens von klein auf Deutsch sprechen", sagte Höchst.

Petitionsausschuss befasst sich mit dem Thema

Das Thema Sprach-Kitas wird den Bundestag in jedem Falle weiter beschäftigen. Am 17. Oktober wird der Petitionsausschuss die Forderung nach Weiterführung des Bundesprogramms in öffentlicher Sitzung beraten. Die entsprechende Petition einer Kita-Leiterin aus Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) wurde von mehr als 200.000 Personen unterschrieben.