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Reform des Mutterschutzgesetzes : Mehr Schutz nach einer Fehlgeburt

SPD, Grüne und Unionsfraktion wollen gestaffelte Mutterschutzfristen nach einer Fehlgeburt einführen - bisher in getrennten Gesetzentwürfen.

20.12.2024
True 2024-12-20T13:59:01.3600Z
3 Min

Zwei Gesetzentwürfe für einen gestaffelten Mutterschutz nach einer Fehlgeburt hat der Bundestag am späten Donnerstagabend in erster Lesung debattiert. Vorgelegt hatten diese zum einen die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen als auch zum anderen die CDU/CSU-Fraktion. Beide Gesetzentwürfe haben viele Überschneidungen, unterscheiden sich aber zum Beispiel in der Frist, ab wann dieser gestaffelte Mutterschutz gelten soll.

"In der bisherigen Rechtsanwendung gelten die mutterschutzrechtlichen Schutzfristen und Leistungen bei einer Lebend- oder Totgeburt, nicht aber bei einer Fehlgeburt. Dies führt auch auf die Intention des Gesetzgebers zurück, die Fehlgeburt von der Entbindung rechtsbegrifflich zu differenzieren", schreiben die Abgeordneten von SPD und Grünen in ihrem Entwurf. Sie fordern konkret, gestaffelte Schutzfristen bei einer Fehlgeburt ab der 15. Schwangerschaftswoche "post menstruationem". Das vorzeitige Ende einer Schwangerschaft zu diesem Zeitpunkt habe einen stärkeren Rückbildungsprozess zur Folge und könne für die betroffene Frau gesundheitliche Folgen haben, die sich langfristig auf ihre Teilhabe auswirken könnten, heißt es unter anderem zur Begründung.

Fraktionen wollen weg vom Fokus auf Gewichtsgrenzen

Die Unionsfraktion schreibt in ihrem Entwurf: "Nach der Intention des Mutterschutzgesetzes und auch aus medizinischer Sicht ist es nicht sachgerecht, den Begriff Entbindung an die personenstandsrechtlichen Regelungen und mithin ausschließlich an die Gewichtsgrenze von 500 Gramm beziehungsweise an die 24. Schwangerschaftswoche zu koppeln. Auch unabhängig davon sind Frauen nach einer Fehlgeburt einer besonderen Belastungssituation ausgesetzt." Sie fordert deshalb, den Begriff der "Entbindung" klar zu bestimmen, um künftig Unklarheiten zu vermeiden. Außerdem schlägt sie gestaffelte Mutterschutzfristen nach einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche vor.


Porträt von Sarah Lahrkamp
Foto: DBT/Janine Schmitz/photothek
„Gerade in einer solchen Zeit brauchen die Betroffenen Unterstützung, um mit dem Verlust leben zu lernen.“
Sarah Lahrkamp (SPD)

Franziska Krumwiede-Steiner (Grüne) verwies in der Debatte darauf, dass durchschnittlich jede dritte Frau in Deutschland eine Fehlgeburt erlebt. "Jede Fehlgeburt, jede stille Geburt ist schmerzlich und gleichzeitig ist der Umgang jeder Frau damit sehr individuell." Beide Gesetzentwürfe würden es deshalb den Frauen überlassen, ob sie den Mutterschutz in diesem Fall annehmen wollen oder nicht. Damit würde das Thema aus der Tabuzone geholt und ein historischer Schritt für die Selbstbestimmung der Frauen gemacht.

Sarah Lahrkamp (SPD) sagte, eine Fehlgeburt sei nicht nur ein unvorstellbarer Schmerz, sondern gehe oft auch mit psychischen und physischen Folgen einher. "Gerade in einer solchen Zeit brauchen die Betroffenen Unterstützung, um mit dem Verlust leben zu lernen." Im Moment lasse das Gesetz diese Frauen allein, sagte sie.

Bisher sind die Frauen auf eine Krankschreibung angewiesen

Tatsächlich sehen die derzeit geltenden Regelungen im Mutterschutzgesetz vor, dass eine Frau nach einer Fehlgeburt ab der 24. Schwangerschaftswoche Anspruch auf bis zu 18 Wochen Mutterschutz hat. Einen Tag eher, also in der 23. Schwangerschaftswoche, besteht dieser Schutz noch nicht und die Frau ist darauf angewiesen, eine Krankschreibung von ihrem Arzt zu bekommen. Damit soll nach dem Willen der Fraktionen künftig Schluss sein.

Silvia Breher (CDU) betonte, beide Gesetzentwürfe seien ein Zeichen dafür, dass "auch jetzt noch" etwas Gutes im Parlament gelingen könne. Gleichzeitig warf sie Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) "totales Versagen" vor, weil sie es "in ihrer Zeit" nicht geschafft habe "auch nur irgendeinen Gesetzentwurf zum Thema Mutterschutz" vorzulegen.

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Nicole Bauer (FDP) fragte: "Warum fühlen sich denn so viele Familien in dieser schwierigen Situation allein gelassen? Die Antwort ist leider einfach: Es liegt an unserem System." In vielen Kliniken und Praxen fehle es an Personal und spezialisierten Angeboten. Ob jemand Unterstützung bekomme, hänge oft auch noch vom Zufall ab. "Hilfe darf aber keine Glückssache sein."

Nicole Höchst (AfD) sagte: "Wir finden Ihre Entwürfe richtig. Bedenklich finde ich aber sämtliche Einschränkungen bezüglich Schwangerschaftswochen und Auswirkungen der Fehl- oder Totgeburt auf Rückbildungsprozesse." Der seelische Schmerz der Frau dürfe nicht unsichtbar bleiben, betonte sie.