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Foto: picture alliance/Panama Pictures/Christoph Hardt
Viele Menschen stehen einer postmortalen Organspende aufgeschlossen gegenüber, füllen jedoch den Organspendenausweis nicht aus. In solchen Fällen ist es oft schwierig, den Willen des potenziellen Spenders zu ermitteln.

Widerspruchsregelung bei der Organspende : Geplante Reform der Organspende ist umstritten

Die Zahl der Organspenden ist gering. Von einer gesetzlichen Änderung versprechen sich Abgeordnete eine Lösung. Die geplante Regelung ist jedoch umstritten.

31.01.2025
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2 Min

Der neue interfraktionelle Vorstoß zur Einführung der Widerspruchsregelung bei der Organspende stößt bei einigen Experten weiter auf Bedenken. Ohne persönliche Einwilligung sei eine Organspende nicht zu rechtfertigen, erklärten Sachverständige in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses zu einem interfraktionellen Gesetzentwurf. Andere Experten sehen in der Regelung, die in einer früheren Abstimmung schon einmal gescheitert ist, eine wichtige Weichenstellung, um an mehr Spenderorgane zu kommen. Die Fachleute und Fachverbände äußerten sich am Mittwoch in der Anhörung sowie in schriftlichen Stellungnahmen.

Ethiker sehen einen Eingriff in die Selbstbestimmung

Künftig sollen dem Entwurf zufolge als Organ- und Gewebespender nicht nur Personen infrage kommen, die in eine Organ- oder Gewebeentnahme eingewilligt haben, sondern auch solche, die einer Entnahme nicht ausdrücklich widersprochen haben.

Die Medizin-Ethikerin Claudia Wiesemann erklärte, die Widerspruchsregelung sei ein Eingriff in die Selbstbestimmung der Person über ihren eigenen Körper. Das wichtigste Rechtfertigungsargument, die Zunahme der Organspendenzahlen, könne empirisch nicht belegt werden. Es gebe im Gegenteil Anlass zur Sorge, dass die Zahl der Lebendorganspenden zurückgehen würde. Das Hauptproblem sei die mangelhafte Meldebereitschaft der Krankenhäuser.

Mehr als 8.000 Patienten stehen auf der Warteliste für ein Spenderorgan

Der Theologe und Ethiker Peter Dabrock äußerte sich gleichfalls kritisch. Der "Flaschenhals" im Organgewinnungsprozess sei nicht die Spendenbereitschaft der Bevölkerung. Vielmehr gelinge es nicht, die Zahl der organspendenbezogenen Kontakte signifikant zu steigern. Zudem gelte: Wer etwas wolle, müsse zuerst fragen. Schweigen sei keine Zustimmung. Ähnlich äußerten sich die beiden großen Kirchen in Deutschland.

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Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) standen Ende vergangenen Jahres 8.269 Patienten auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Das zentrale Problem sei die niedrige Zustimmungsrate bei potenziellen Organspendern. Der schriftlich dokumentierte Wille liege nur in rund 15 Prozent aller gemeldeten Fälle vor.

Der Transplantationsmediziner Bernhard Banas vom Universitätsklinikum Regensburg erklärte, die wiederholt vorgebrachte Idee, allein durch organisatorische Verbesserungen in Krankenhäusern die Organspendenrate zu verbessern, müsse als gescheitert angesehen werden. Frühere Gesetzesänderungen hätten nicht die erwünschten Erfolge gebracht.

Expertenanhörung verlief teilweise hochemotional

Auch das Bündnis Protransplant, ein Zusammenschluss von Patientenverbänden und Selbsthilfegruppen, machte auf die Dringlichkeit des Themas aufmerksam und gab einen Einblick in die Lebenslage von Menschen, die auf ein rettendes Organ warten.

Eine Sprecherin des Bündnisses sagte in der teilweise hochemotionalen Anhörung, Betroffene warteten oft viele Jahre auf ein Organ. Das Ausmaß des Leids sei unvorstellbar. Die akademische Debatte empfinde sie inzwischen als unerträglich. Die Widerspruchsregelung wäre aus ihrer Sicht eine Grundlage, auf der die Gesellschaft aufbauen könnte.