Nach der Bundesverfassungsgerichts-Entscheidung : Regelung für die Triage
Der Staat muss für rechtliche Sicherheit sorgen, dass Menschen mit Behinderung nicht benachteiligt werden. Den Gesetzentwurf beriet der Bundestag nun erstmalig.
Mit einer Anpassung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) soll der sogenannten "Triage-Entscheidung" des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) Rechnung getragen werden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung, der vergangene Woche erstmals beraten wurde, dient dazu, das Risiko einer Benachteiligung insbesondere aufgrund einer Behinderung bei der Zuteilung knapper Intensivkapazitäten zu reduzieren. Demnach darf die Zuteilungsentscheidung nur nach der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit der betroffenen Patienten getroffen werden. Zudem wird klargestellt, dass bei der Zuteilungsentscheidung niemand benachteiligt werden darf, insbesondere nicht wegen einer Behinderung, des Grades der Gebrechlichkeit, des Alters, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung.
BVerfG-Urteil verpflichtet Staat zu mehr Schutz von Menschen mit Behinderungen
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember 2021 vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie entschieden, dass sich aus Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 des Grundgesetzes für den Staat der Auftrag ergibt, Menschen mit Behinderung bei knappen intensivmedizinischen Kapazitäten vor Benachteiligung zu bewahren.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wies daraufhin, dass die Triage in der Pandemie trotz hoher Belastung der Krankenhäuser nie habe angewendet werden müssen. Gleichwohl gelte es, Vorsorge zu treffen, damit es nicht zu einer Benachteiligung von Menschen mit Behinderung oder schweren Vorerkrankungen komme. Hubert Hüppe (CDU) kritisierte, die Regelung im IfSG sei ein Grundfehler, weil sie sich nur auf übertragbare Krankheiten beziehe, andere Triage-Situationen blieben ungeregelt. Katrin Helling-Plahr (FDP) räumte ein, dass bei dem existenziellen Thema alle Aspekte abgewogen werden müssten. Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) sagte, das Gesetz müsse befristet und evaluiert werden. Jörg Schneider (AfD) sprach sich für mehr ärztliche Entscheidungsbefugnisse in Notlagen aus. Ates Gürpinar (Linke) befand, jede Triage sei eine Bankrotterklärung der Gesellschaft.