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Impfpflicht umstritten : Viele schwierige Fragen

In der erste Orientierungsdebatte zu einer möglichen allgemeinen Impfpflicht gegen den Corona-Virus zeigt sich, wie gespalten der Bundestag bei dem Thema ist.

31.01.2022
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4 Min

Ob die allgemeine Impfpflicht kommt und wenn, in welcher Form, ist noch unklar, nach der Orientierungsdebatte vergangene Woche liegen nun aber Konzeptskizzen auf dem Tisch.

In der dreistündigen Debatte sprachen sich verschiedene Redner dafür aus, die Impfpflicht auf Erwachsene zu begrenzen. Andere Vorschläge sehen eine verpflichtende Aufklärung und eine Impfpflicht für über 50-Jährige vor. In der Aussprache meldeten sich auch Abgeordnete zu Wort, die aus unterschiedlichen Gründen eine Impfpflicht ablehnen. Die AfD-Fraktion legte bereits einen Antrag gegen die Impfpflicht vor.

Foto: picture-alliance/dpa/Fabian Sommer

Eine mögliche Impfpflicht wird kontrovers diskutiert. Einigkeit besteht in dem Ziel, die Pandemie möglichst bald zu überwinden.

Die rechtliche Begründung für eine Impfpflicht könnte ein zentraler Punkt werden. Zu klären wäre auch die praktische Umsetzung, etwa Kontrollen, Sanktionen, ein mögliches Impfregister und die Frage, unter welchen Voraussetzungen jemand als geimpft gilt und wie lange die Wirkung der Vakzine anhält. So forderten Redner mehr Daten und Fakten.

Abgeordnete entscheiden ohne Fraktionszwang

Die Abgeordneten sollen in der sensiblen Frage der Impfpflicht ohne Fraktionszwang entscheiden dürfen. Die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP hat keinen eigenen Gesetzesvorschlag vorgelegt, dafür werden konkurrierende Gruppenanträge mit unterschiedlicher Zielsetzung erwartet. Die Unionsfraktion kündigte einen eigenständigen Antrag an. Eine Entscheidung könnte im März fallen.

In der Orientierungsdebatte hatten 44 Abgeordnete die Gelegenheit, ihre Sicht darzulegen. Eingangs äußerte sich auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), die auf die Bedeutung und Tragweite der Beratung hinwies. Das Land befinde sich in einer kritischen Phase, sagte sie mit Blick auf die steil ansteigenden Infektionszahlen. Bas betonte: "Eine Impfpflicht wirft fachlich schwierige und rechtlich wie ethisch kontroverse Fragen auf. Sie zwingt uns zu komplexen Abwägungen."

Sie appellierte an die Abgeordneten: "Bedenken wir dabei, dass die Menschen in diesen angespannten Zeiten von uns vor allem Orientierung erwarten." Sie wünsche sich eine faire, respektvolle und konstruktive Debatte.

Allgemeine Impfpflicht ab 18?

Dagmar Schmidt (SPD) plädierte für eine allgemeine Impfpflicht. Drei Impfungen böten guten Schutz. Einbezogen werden sollten alle Bürger ab 18 Jahren mit Ausnahmen für Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen könnten. Sinnvoll seien eine Nachweispflicht und Bußgelder, bei denen aber Verhältnismäßigkeit gewahrt werden sollte.

Tino Sorge (CDU) kritisierte, weder Kanzler Olaf Scholz noch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (beide SPD) gäben eine Richtung vor. Das erinnere an ein Versteckspiel. Es gebe noch viele offene Fragen, sagte Sorge und fügte in Anspielung auf die nachlassende Wirkung von Impfstoffen hinzu: "Boostern ohne Ende kann nicht die Option sein." Er fordert eine bessere Datengrundlage und differenzierte Lösungen.

Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) warb für die Impfpflicht und begründete dies mit den medizinischen und gesellschaftlichen Verwerfungen. "Wir stehen in der Verantwortung, die bestehenden Impflücken zu schließen." Die Verantwortung gelte in doppelter Hinsicht: Bürger müssten sich impfen lassen, und der Staat müsse jedem ein Angebot machen. So gingen Pflicht und Recht Hand in Hand. Die Impfpflicht auf über 50-Jährige zu begrenzen, mache keinen Sinn, es gebe auch Risiken für jüngere Jahrgänge. Marco Buschmann (FDP) forderte eine sorgfältige Abwägung. Es müsse die Frage beantwortet werden, ob ein milderes Mittel als die Impfpflicht zur Verfügung stehe.

Kubicki: Mehrheit sollte nicht für Minderheit entscheiden

Wolfgang Kubicki (FDP) berichtete, er habe sich für die Impfung entschieden und dies als befreiendes Gefühl erlebt. Die Frage sei, wie die Wirkung ausfalle, wenn jemand gegen seinen Willen geimpft werde. Gründe, sich nicht impfen zu lassen, könnten vielfältig sein. Die Impfung sei sicher vernünftig. Seiner Ansicht nach sollte jedoch eine Mehrheit nicht für eine Minderheit entscheiden, was vernünftig sei.

Auch Matthias Birkwald (Linke) hob auf die freie Entscheidung der Menschen ab. Er selbst sei geimpft und habe eine individuelle Risikoabwägung vorgenommen. Er halte diese freie Entscheidung für den richtigen Weg.

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Andrew Ullmann (FDP) warb für ein abgestuftes Konzept. Zunächst sollte alles versucht werden, um Bürger zu überzeugen. Daher schlage er ein verpflichtendes Aufklärungsgespräch vor. Sollte die nötige Impfquote dann nicht erreicht werden, wäre er für einen Impfnachweis ab 50 Jahren. Nach Ansicht von Kathrin Vogler (Linke) wäre eine Durchseuchungsstrategie unethisch. Der Staat müsse seine Bürger schützen. Eine Impfpflicht könne geboten sein, den Bürgern müsste die Impfung dann aber so leicht wie möglich gemacht werden.

Andrea Lindholz (CSU) forderte mehr Daten und Fakten zur Umsetzbarkeit der Impfpflicht.. Die Bundesregierung müsse zudem sofort ein Impfregister auf den Weg bringen. "Packen Sie endlich an."

Alice Weidel spricht von "autoritärem Amoklauf"

Alice Weidel (AfD) wandte sich in scharfer Form gegen die Impfpflicht, die "ein autoritärer Amoklauf" gegen die Grundfesten der demokratischen Grundordnung sei. Für eine Impfpflicht gebe es keine Rechtfertigung. Sie rügte außerdem die "Willkürentscheidung" zur Einschränkung des Genesenenstatus durch das Robert-Koch-Institut (RKI) und die Sonderregelung im Bundestag.