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Foto: picture-alliance/SvenSimon/MalteOssowski
Der Bundespolizei sollen nach dem Willen der Regierungskoalition weitere Befugnisse zugewiesen werden. Zugleich soll sie einer individuellen Kennzeichnungspflicht unterliegen.

Überwachung auch mit Drohnen : Deutlich mehr Befugnisse für die Bundespolizei geplant

Das Bundespolizeigesetz soll geändert werden. Die Polizisten sollen mehr technische Möglichkeiten bekommen. Union und AfD sperren sich gegen Kontrollquittungen.

15.03.2024
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4 Min

Der Bundespolizei stehen gravierende Änderungen ins Haus. Ein Gesetzentwurf aus dem Bundesinnenministerium billigt der Behörde neue Befugnisse zu. "Wir wollen den technischen Fortschritt nutzen, um Kriminalität noch effektiver zu bekämpfen", sagte Innenministerin Nancy Faeser bei der Einbringung des Gesetzentwurfes  in den Bundestag am Donnerstag. Die Sicherheitsbehörden dürften schließlich nicht schlechter aufgestellt sein "als ihr kriminelles Gegenüber".

Konkret sieht die Neuregelung des 30 Jahre alten Bundespolizeigesetzes vor, dass die Bundespolizei künftig Drohnen zur Bild- und Tonaufzeichnung einsetzen kann. Sie soll zudem Aufenthaltsverbote und Meldeauflagen verhängen und "Gewahrsamsräume" per Bild und Ton überwachen dürfen. Die Möglichkeit, Telekommunikation zu überwachen und Verkehrs- und Nutzungsdaten zu erheben, soll erweitert werden.

Die neuen Befugnisse reichen Union und AfD jedoch nicht aus. Die AfD fordert in einem eigenen Antrag unter anderem Dash-Cams in Fahrzeugen der Bundespolizei und eine Ausweitung ihres Einsatzbereiches über 30 Kilometer von der Landesgrenze hinaus.

Die Union will, dass die Bundespolizei auf Messengerdienste zugreifen kann

Die Union will, dass die Bundespolizei zur Abwehr lebensgefährdender Schleusungen auf Messengerdienste zuzugreifen kann und eine Handy-Überwachung von Kriminellen schon an der Quelle ermöglicht wird.

Noch mehr stören sich Union und AfD aber an den geplanten Maßnahmen "zur Steigerung von Transparenz und Bürgernähe", wie es die Bundesregierung formuliert. Gemeint ist die Einführung der individuellen Kennzeichnungspflicht sowie der Pflicht zur Ausstellung sogenannter Kontrollquittungen nach einer Befragung durch die Bundespolizisten.

Kritik von Union und AfD an Kontrollquittungen nach einer Befragung

Dies zeigt aus Sicht von Andrea Lindholz (CSU) ein tiefes Misstrauen der Bundesregierung gegenüber der Bundespolizei und behindere deren Arbeit. Begründet werde dies "scheinheilig" mit Bürgernähe und Transparenz. "Tatsächlich sehen sie aber in jedem Bundespolizisten einen potenziellen Anwender rechtswidriger Gewalt", sagte Lindholz.

Wenn zudem künftig jeder Bundespolizist bei jeder Personenkontrolle verpflichtet werde, auf Wunsch eine Kontrollquittung auszustellen, werde das die Arbeit der Bundespolizei im Alltag massiv beeinträchtigen, prognostizierte sie. Folge dessen werde sein, dass insgesamt weniger kontrolliert werden könne.

Mit der Kontrollquittung gebe die Innenministerin die Polizei gänzlich der Lächerlichkeit preis, befand Steffen Janich (AfD). Er stört sich auch daran, dass sich im Gesetz die Vorgabe finde, dass die Polizei respektvoll und diskriminierungsfrei handeln solle. "Das deutsche Volk will eine Polizei, die nach Recht und Gesetz arbeitet", sagte er. Nicht Polizeibeamte müssten Respekt vor Straftätern lernen, "sondern Straftäter müssen endlich wieder den Respekt vor unserer Polizei lernen".

Grüne sprechen von einem wichtigen bürgerrechtlichen Erfolg

An der Ampelkoalition prallt die Kritik jedoch ab. Eine anonymisierbare Kennzeichnung gebe es bereits in vielen Bundesländern, sagte Irene Mihalic (Grüne). "Damit gehen wir einen wichtigen Schritt, um polizeiliches Handeln transparenter und nachvollziehbarer zu machen", betonte sie.

Das sei nicht nur ein wichtiger bürgerrechtlicher Erfolg, "sondern im Kern auch eine positive Entwicklung für Polizistinnen und Polizisten". Fehler im Einsatz würden sich so nicht auf unbeteiligte Kollegen auswirken, sondern könnten individuell zugeordnet werden. Von einem Misstrauensvotum oder einem Generalverdacht gegen die Polizei könne also nicht die Rede sein. Die Kontrollquittung, so Mihalic, sei im Übrigen "keine neue verrückte Erfindung der Ampel". Sie sei vielmehr eine praxistaugliche Lösung, die anderenorts längst Alltag sei.

Regelungen aus dem Bundespolizeigesetz

🛸 Künftig sollen Drohnen zur Bild- und Tonaufzeichnung eingesetzt werden können - beispielsweise zur Erstellung eines Lagebildes.

✋ Die Verfassungstreue soll gesichert werden, indem alle Bundespolizeibewerber einer einfachen Sicherheitskontrolle unterzogen werden.

📑 Bundespolizisten müssen künftig auf Nachfrage im Anschluss an eine lageabhängige Befragung Kontrollquittungen erstellen.



Ähnlich sah das Manuel Höferlin (FDP). Um unmissverständlich Klarheit für ein Verbot von Racial Profiling zu schaffen, werde die Personenkontrolle mit den Kontrollquittungen für alle Seiten rechtssicher ausgestaltet. Bei der Polizei in Bremen werde das schon seit geraumer Zeit so praktiziert. "Die Polizisten dort können damit bestens umgehen", sagte Höferlin. Er sprach von einem Paradigmenwechsel. Freiheit und Sicherheit würden nicht gegeneinander ausgespielt, sondern gemeinsam gestärkt.

Bundespolizisten sollen eine Sicherheitsüberprüfung durchlaufen

Mit dem Gesetzentwurf, so Dorothee Martin (SPD), werde den aktuellen Entwicklungen Rechnung getragen. Die Bundespolizei erhalte die notwendigen Befugnisse, um den Bedrohungen unserer Zeit tatsächlich begegnen zu können. Um sicher sein zu können, dass jede Person im Dienst "mit beiden Beinen ganz fest auf dem Boden unserer Verfassung steht", sei es richtig, dass all jene, die dauerhaft für die Bundespolizei tätig werden, eine Sicherheitsüberprüfung durchlaufen müssen, sagte Martin.

Aus Sicht von Martina Renner (Linke) wird das Grundproblem nicht gelöst. "Immer noch ist die Bundespolizei im Kern eine Grenzschutzpolizei", sagte sie. Damit bleibe sie "ein Instrument der Politik, die meint, man müsste Flucht und Geflohenen zuerst mit Kontrolle und Abschreckung begegnen".