SED-Opfer : Werben für das Ende der Kosmetik
Die Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur, Evelyn Zupke, fordert grundlegende Reform der Unrechtsbereinigungsgesetze.
Die Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur, Evelyn Zupke, fordert grundlegende Nachbesserungen an den vor 30 Jahren verabschiedeten SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen. So scheitere noch immer die breite Mehrheit der Opfer der SED-Diktatur bei der Anerkennung von verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden, führte Zupke Mitte Juni bei der Vorstellung ihres Jahresberichts 2022 in Berlin aus. Seit mehr als 20 Jahren werde ohne durchschlagenden Erfolg probiert, eine Verbesserung der bestehenden Regelungen zu erreichen.
"Ich werbe daher entschieden dafür, dass wir keine Kosmetik am bestehenden Regelungsrahmen betreiben. Ich schlage vor, dass auf Grundlage klar definierter Kriterien, wie politische Haft oder Zersetzung, und definierter Krankheitsbilder der Zusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem heutigen Gesundheitsschaden als gegeben vorausgesetzt wird", sagte die Opferbeauftragte.
Evelyn Zupke, Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur, spricht im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe.
In ihrem Bericht verweist Zupke auf eine Studie der Brandenburger Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur von 2020, nach der fast jeder zweite der in Brandenburg lebenden Betroffenen von SED-Unrecht über ein Haushaltseinkommen von weniger als 1.000 Euro verfügt. Rund 60 Prozent der Betroffenen litten zudem nach eigenen Angaben unter den körperlichen und psychischen Auswirkungen der erlittenen Repressionen. Dies zeige eindrücklich, "wie die Folgen der Diktatur bis heute bei den Betroffenen und ihren Familien fortwirken und ihr tägliches Leben beeinflussen".
Höhere und dynamischere Opferrente gefordert
Konkret fordert Zupke eine Erhöhung und Dynamisierung der monatlichen Opferrente von aktuell 330 Euro. Zudem soll der Bezug der Opferrente von der Bedürftigkeit der Bezieher entkoppelt werden. Die Opferrente diene "der Würdigung des besonderen Schicksals der politischen Häftlinge und der Opfer, die in Jugendwerkhöfen und Spezialkinderheimen untergebracht wurden". Ebenso tritt Zupke für die Vererbbarkeit der Opferrente an Ehe- und Lebenspartner ein. In den Genuss der Opferrente sollen auch deutsche Staatsbürger kommen, die außerhalb der DDR im kommunistischen Ausland inhaftiert waren.
Zupke: Ausgleichsleistungen nicht absenken
Zupke spricht sich darüber hinaus gegen die Absenkung der Ausgleichsleistungen bei Renteneintritt nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz von 240 auf 180 Euro aus. Da die beruflichen Biografien der SED-Opfer in vielfacher Hinsicht gebrochen seien, hätten sie in der Regel nur Anspruch auf eine niedrige Rente. Zudem sei die Bedürftigkeitsgrenze für den Bezug der Ausgleichszahlungen zu niedrig angesetzt und die im Gesetz angegeben Verfolgungszeiten müssten angepasst werden. "Viele Betroffene sind durch einen mehrmonatigen Arbeitsplatzverlust oder eine Haft in ihrer Erwerbsbiografie massiv geschädigt, ohne dass die vom Gesetzgeber vorgesehene Verfolgungszeit von drei Jahren vorliegt."