Gen Z in der Arbeitswelt : Mitbestimmung statt Vorgaben am Arbeitsplatz
Viertagewoche, Homeoffice, Mitspracherecht: Die Generation Z verändert die Arbeitswelt - Unternehmen sind gut beraten, auf ihre Bedürfnisse einzugehen.
Die Gen Z gilt als qualifiziert und flexibel, hat aber auch hohe Anforderungen an ihre Arbeitgeber.
Sie wollen die Unternehmenskultur und die dazugehörigen Werte mitgestalten und sie nicht nur vorgegeben bekommen. "Wir wollen nicht von den Entscheidungen anderer abhängig sein, sondern mit am Tisch sitzen", schreibt Ronja Ebeling und formuliert damit, was ihrer Generation im Job wichtig ist. Die 26-jährige Journalistin und Unternehmensberaterin hat mehrere Bücher über die sogenannte Generation Z verfasst, also jene Menschen, die zwischen 1995 und 2010 geboren sind und derzeit in den Arbeitsmarkt kommen. Einen Markt, der sich komplett von dem vor 30, 20 oder 15 Jahren unterscheidet. "Wir haben einen Arbeitnehmermarkt, die Unternehmen sind heute diejenigen, die sich auf die Suche nach Fachkräften machen müssen", schreibt Ebeling.
Diese Erkenntnis ist auch in zahlreichen Studien über die 14- bis 30-Jährigen nachzulesen. Aufgrund der Tatsache, dass Vertreter der Babyboomer-Generation derzeit massenhaft in Rente gehen und laut Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) bis 2035 sieben Millionen Erwerbstätige fehlen, fordern die Jungen mehr als die Generationen vor ihnen.
Work-Life-Balance bereits beim Vorstellungsgespräch gefordert
Während sich ältere Arbeitnehmer in der Vergangenheit nur selten trauten, mehr Flexibilität bei Arbeitszeit und Gehalt zu fordern, machen die Vertreter der Generation Z bereits im Vorstellungsgespräch deutlich, wie sie sich ihren Arbeitsplatz vorstellen: eine Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich, die Möglichkeit zu Homeoffice und Sabbatical sowie Mitsprache am Arbeitsplatz und eine aktive Ansprache durch die Vorgesetzten.
Mit dieser Haltung ernten die Jungen bei ihren älteren Kollegen und vor allem bei Arbeitgebern nicht nur Zuspruch. Die Managementberaterin und Rechtsanwältin Susanne Nickel gab die Stimmen ihrer Kunden in einem Kommentar wieder, der im Handelsblatt unter dem Titel "Generation Z floppt in der Arbeitswelt" erschien. Nickel rät Unternehmen zu einem neuen Umgang mit den jungen Mitarbeitern, hierbei kann Coaching als Führungsinstrument sehr hilfreich sein. Wichtig sei dabei, die verschiedenen Generationen zusammenzubringen. "Den Jüngeren muss vermittelt werden, dass Durchhaltevermögen unerlässlich ist.
Managementberaterin: Erfahrenen Kollegen mehr Wertschätzung entgegen bringen
So werden im Beruf Erfahrungen gesammelt und der einzelne Mitarbeiter kann auch mitgestalten. Das ist nicht nur für die Arbeit wichtig, sondern auch fürs Leben", sagt Susanne Nickel. Dazu braucht es ihrer Meinung nach "emotionalisierende Erlebnisse" im Berufsalltag, denn Erkenntnisse alleine reichen für Veränderungen nicht aus. Dafür müssten die Vorgesetzten sorgen, was für viele neu sei, nicht nur für die Chefs, sondern auch für die älteren Mitarbeiter. Firmen sollten nicht allein den Fokus auf die Wünsche der jungen Arbeitnehmer richten, sondern den erfahrenen Kollegen mehr Wertschätzung entgegen bringen. Ältere Bewerber sollten auch eine Chance bei der Rekrutierung erhalten sowie die Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln, fordert Nickel.
Welche Anforderungen an eine Zusammenarbeit der verschiedenen Generationen gestellt werden, das beobachtet Sebastian John, Referent für Fachkräfte und Zukunft der Arbeit bei der IHK für München und Oberbayern. "Verbindlichkeit und Feedback sind bei der Gen Z unverzichtbar", sagt John. Von Vorgesetzten werde erwartet, dass sie den Arbeitsprozess des jungen Mitarbeiters kontinuierlich begleiten, von allen anderen Kollegen werde eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe verlangt. Wem das in seinem Unternehmen nicht gelinge, der sehe sich mit dem Ausscheiden der Jungen konfrontiert. "Die Verbindlichkeit, einer Firma treu zu bleiben, ist bei der Gen Z sehr viel geringer als bei älteren Arbeitnehmern", sagt John.
Doch Jammern nütze nichts. Die Firmen seien gezwungen, sich auf die neue Situation einzustellen, und das sei mittlerweile bereits sichtbar. Auch im Bereich der IHK für München und Oberbayern, einer Region mit traditionell geringer Arbeitslosigkeit, hohem Gehaltsniveau dank großer Unternehmen, starkem Mittelstand und zahlreichen Hochschulen, gehörten verkürzte Öffnungszeiten wegen Personalmangel in Geschäften, Restaurants, bei Ärzten und Dienstleistern längst zum Alltag. "Wer dauerhaft keine Mitarbeiter findet, dem droht, seine Firma für immer schließen zu müssen", sagt John.
Nicht nur Generation Z erkennt Vorteile der Vier-Tage-Woche
Um mehr Menschen in den Arbeitsmarkt zu bringen und noch mehr Betriebsschließungen zu verhindern, wird in der Politik nun über die Einführung der Viertagewoche diskutiert. Einige Betriebe haben sie bereits eingeführt.
Die Idee, flexibler zu arbeiten, hat nicht nur bei der Generation Z viele Anhänger, sondern kommt auch bei den übrigen Arbeitnehmern immer besser an, seitdem während der Corona-Pandemie Homeoffice und neue Arbeitszeitmodelle ausprobiert wurden und sich zeigte, dass viele Unternehmen auch funktionieren, wenn die Belegschaft nicht geschlossen von 8:00 bis 18:00 Uhr vor Ort am Schreibtisch sitzt, sondern die Angestellten flexibel arbeiten. Auch Menschen jenseits der 35 wünschen sich eine "gute Arbeitsatmosphäre", "gute Vorgesetzte" und eine "gute Balance von Arbeit und Freizeit": Das sind die wesentlichen Erkenntnisse verschiedener Studien.
Doch die Kritik an der Generation Z reißt nicht ab. Anfang des Jahres hatte Andrea Nahles, Chefin der Bundesagentur für Arbeit, zum Thema Fachkräftemangel das "massive demografische Problem in Deutschland" angesprochen. Dadurch werde sich der Arbeitsmarkt stark verändern. Fragen der Work-Life-Balance müssten neu ausgehandelt werden, wie in der Generation der heute 50-Jährigen die Verteilung der Arbeit zwischen Frau und Mann in Familien neu ausgehandelt worden sei.
"Aushandeln heißt aber auch, an die jüngere Generation gerichtet: Arbeit ist kein Ponyhof." Kaum waren diese Worte in der Welt, folgte ein Sturm der Entrüstung. Vor allem die Kritisierten hielten der früheren SPD-Arbeitsministerin vor, dass die Arbeitsbiografie vieler Eltern eher abstoßend als ein Vorbild sei. Es sei nicht erstrebenswert, alles dem Beruf unterzuordnen, die Familie, so denn vorhanden, nach getaner Arbeit nur wenige Stunden zu sehen, zeitaufwendiges Pendeln zwischen Arbeitsplatz und Zuhause zu akzeptieren und nur am Wochenende wirklich Freizeit zu haben.
Wirtschaftseinbußen durch verkürzte Arbeitszeiten
Arbeit als der bestimmende Faktor im Leben scheint ausgedient zu haben. Auch Thomas de Maizière (CDU), früherer Innen- und Verteidigungsminister und heute Präsident des Evangelischen Kirchentags, hat die Generation der 14- bis 30-Jährigen für ihre Anspruchshaltung kritisiert. Die Jungen dächten zu viel an Freizeit und zu wenig an die Gesellschaft. Es entstehe keine soziale Gesellschaft, wenn Menschen im Alter von Mitte 20 drei, vier Tage pro Woche arbeiteten. Der 69-Jährige sprach sich deshalb gegen eine Vier-Tage-Woche aus. Gegenüber anderen Staaten würde Deutschland mit so einem Modell "nach unten durchgereicht, was Wohlstand und Innovationsniveau angeht", so de Maizière.
Beim Ifo-Institut macht man eine schlichte ökonomische Gleichung auf: Weniger Arbeit bedeute weniger wirtschaftlicher Wohlstand. Der Arbeitsmarkt sei in den vergangenen Jahren "viel flexibler geworden, Teilzeitarbeit und Homeoffice boomen, und die meisten Arbeitgeber bieten eine Vielzahl von Arbeitszeitmodellen an", schreibt Clemens Fuest, der Präsident des Ifo-Instituts. Fakt sei, dass bereits heute viele ihre Arbeitszeit reduzierten und den damit verbundenen Einkommensverlust akzeptierten. Eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich sei "ökonomisch heikel". Die Arbeitszeit bei gleichem Monatslohn um ein Fünftel zu kürzen, würde einer Lohnerhöhung von 25 Prozent entsprechen.
Anreize für Arbeitnehmer schaffen
Das Ifo-Institut rät der Politik und den Tarifpartnern dazu, Anreize für Erwerbstätigkeit zu stärken. Dazu gehöre unter anderem, Teilzeitarbeit weniger und Vollzeitarbeit mehr zu fördern, die Kinderbetreuung weiter auszubauen, Abgaben auf Arbeitslöhne zu senken und Arbeitskräfteknappheit durch höhere Löhne zu verringern. Damit liegen das ifo-Institut und Unternehmensberaterin Ebeling gar nicht so weit auseinander.
"In Zeiten des Fachkräftemangels müssen sich Unternehmen fragen, auf wessen Bedürfnisse sie am besten eingehen und wie sie die Zielgruppe der Jungen an potentiellen Mitarbeiter*innen am besten erreichen", schreibt Ronja Ebeling in ihrem aktuellen Buch.