Kriminelle Kinder : AfD will Strafmündigkeit ab zwölf Jahren
Nach Fällen krasser Gewalttaten durch Kinder will die AfD neue Regeln im Umgang mit straffälligen Heranwachsenden.
Nach mehreren krassen Fällen von Kindergewalt fordert die AfD-Fraktion eine Verschärfung des Strafrechts. Das Problem der Kinderdelinquenz sei durch den aktuellen Fall der 12-jährigen Schülerin Luise aus Nordrhein-Westfalen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, heißt es in einem Gesetzentwurf "zur besseren Bekämpfung von schwerer Kinderkriminalität" der Fraktion, der vergangene Woche erstmals auf der Tagesordnung stand.
Die Abgeordneten fordern in dem Gesetzentwurf, die Altersgrenze für die Strafmündigkeit auf zwölf Jahre zu senken. Gleichzeitig soll der Staatsanwaltschaft das Recht eingeräumt werden, beim Familiengericht die Unterbringung eines Kindes zu beantragen. Dadurch könne künftig angemessen auf Straftaten von Kindern unter zwölf Jahren reagiert werden. Auch solle eine vorläufige Festnahme durch Staatsanwaltschaft und Polizei zu diesem Zweck ermöglicht werden.
Herabsetzung der Strafmündigkeit ist für die AfD dringend geboten
Thomas Seitz (AfD) sagte, es gehe nicht mehr um Einzelfälle. So sei 2022 die Zahl der Tatverdächtigen unter 14 Jahren bundesweit um ein Drittel gestiegen. Die Dunkelziffer dürfte hoch sein, weil vielfach keine Anzeige erstattet werde, wenn der Geschädigte wisse, dass der Täter strafunmündig sei. Eine Herabsetzung der Strafmündigkeit auf zwölf Jahre sei daher dringend geboten. In Ungarn, Kanada oder den Niederlanden beginne die Strafmündigkeit ebenfalls mit zwölf Jahren. Auch bei einer niedrigeren Strafmündigkeitsgrenze sei im Übrigen individuell zu prüfen, ob ein Tatverdächtiger die nötige Reife aufweise, um das Unrecht seiner Tat einzusehen. Reifeverzögerungen und Persönlichkeitsstörungen könnten zum Ausschluss der Verantwortlichkeit führen.
Nach Ansicht von Ingmar Jung (CDU) ist es legitim, nach einem Geltungszeitraum von 100 Jahren über die Grenzen der Strafmündigkeit zu reden. Einzelfälle dürften aber nicht zum Anlass genommen werden, scheinbar einfache Lösungen zu präsentieren. Auf dem Rücken der Opfer Politik zu machen, sei schäbig. Jung sprach sich dafür aus, eine Studie in Auftrag zu geben und eine Art Gleitzone für Fälle unter 14 Jahren zu erwägen.
Sebastian Fiedler (SPD) sagte, die Absenkung der Strafmündigkeit sei ein untaugliches Mittel, um mit solchen Fällen umzugehen. Das Jugendstrafrecht trage nicht den Gedanken der Vergeltung, sondern der Erziehung. Die Idee sei, "Leute wieder zum Besseren zu bewegen". Auch Helge Limburg (Grüne) verwies auf den Sozialgedanken. Das Strafrecht gehe von dem Grundsatz aus, dass Kinder und Jugendliche Chancen, Hilfe und Unterstützung bräuchten und nicht in erster Linie Strafen. Wer die Strafmündigkeit herabsetze, ermögliche, dass Kinder ins Gefängnis gesperrt würden. Im Fall Luise bleibe die Tat für die Täterinnen im Übrigen nicht folgenlos.
FDP: Rufe nach Strafverschärfungen sind meistens unklug
Ähnlich argumentierte Stephan Thomae (FDP), der vor überzogenen Reaktionen auf den Fall in Freudenberg warnte. Rufe nach Strafverschärfungen aus Anlass konkreter Taten seien regelmäßig unklug. Die dienten weniger dem Recht als der Regulierung des Empörungsbedürfnisses und seien vom Gedanken an Sühne und Genugtuung getragen. Vergeltung an Kindern sei aber nicht Teil des Justizsystems.
Clara Bünger (Linke) sagte, das Ziel könne nicht sein, Kinder wegzusperren. Sie forderte, für mehr pädagogische Fachkräfte an Schulen zu sorgen und über Gewalt und Mobbing aufzuklären. Sie betonte: "Kinder gehören nicht in den Knast."