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Monarchien im Wandel der Zeit : Staatsform zwischen absoluter Macht und Machtlosigkeit

Monarchien haben sich als erstaunlich wandlungsfähig erwiesen. Bezogen auf ihr Alter sind sie die vielleicht erfolgreichste Staatsform überhaupt.

03.01.2022
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8 Min
Foto: picture-alliance

Herrscherbildnisse aus mehr als 2.000 Jahren: Alexander der Große (1), Queen Elisabeth I. (2), Kaiser Hirohito (3), Ludwig XIV. (4), Kaiser Heinrich VI. (5), Friedrich der Große (6), Sultan Mehmet II. (7), Queen Victoria (8), Kaiser Wilhelm II. (9), Königin Beatrix (10) und Kaiser Napoleon I. (11).

"L' état, c'est moi (Der Staat bin ich)". Selten ist eine Staats- und Regierungsform so knapp und präzise auf den Punkt gebracht worden, wie in diesem Zitat, das Ludwig XIV., König von Frankreich, zugeschrieben wird. Der als "Sonnenkönig" in die Geschichtsbücher eingegangene Monarch gilt als das Paradebeispiel für die absolutistische Monarchie. Während seiner 72-jährigen Regentschaft (1643-1715) gelingt es ihm wie kaum einem anderen Monarchen in der europäischen Geschichte, die Macht im Staate auf seine Person zu vereinen. Die Gesellschaft ist in die drei Stände Klerus, Adel sowie Bauern und Handwerker gegliedert. Über dem König aber steht nur Gott, von dessen Gnaden er herrscht.

In Ludwigs Königreich führt er die Regierungsgeschäfte mit Hilfe durch ihn ernannte Minister, er erlässt die Gesetze und ist zugleich oberster Richter. Wichtige Vertreter des Adels hat er an seinem Hof in Versailles versammelt und seiner Kontrolle unterworfen. Der König führt den Oberbefehl über eine stehende Armee, ein Heer von Steuereintreibern ("Bluthunde des Königs") sorgt für volle Staatskassen und selbst das Wirtschaftsleben ist zentralistisch geregelt (Merkantilismus).

Gekrönte Häupter prägten Geschichte maßgeblich mit

Die Monarchie (Alleinherrschaft) ist - zumindest bezogen auf ihr Alter und ihre Wandlungsfähigkeit - die vielleicht erfolgreichste Staats- und Regierungsform überhaupt. Von den Pharaonen des alten Ägyptens seit dem vierten Jahrtausend vor Christus spannt sich ihre Geschichte über Antike und Mittelalter bis in die heutige Zeit. Und Europas Geschichte ist seit dem Ende der Völkerwanderungszeit und dem frühen Mittelalter maßgeblich geprägt von all den gekrönten Häuptern namens Heinrich, Friedrich, Eduard, Ludwig oder Philipp. Doch so alt die Monarchie auch sein mag, so setzt bereits in der griechisch-römischen Antike erstmals der Prozess ihrer Überwindung ein.

Im 5. Jahrhundert vor Christus etabliert sich nach langen Auseinandersetzungen zwischen Adel und Volk zunächst in Athen und später auch in anderen griechischen Stadtstaaten erstmals die Demokratie (Volksherrschaft). Die Beteiligung breiterer Bevölkerungsschichten bleibt jedoch auf männliche Vollbürger beschränkt. Und auch die alten Römer befreien sich Ende des 6. Jahrhunderts von ihrem letzten König und schaffen unter dem Label "SPQR" (Senat und Volk von Rom) eine Republik. Sie stellt jedoch eher eine Mischverfassung dar, die sowohl Elemente der Aristokratie (Adelsherrschaft) als auch der Demokratie aufweist. Formal bleibt die Verfassung der römischen Republik selbst während der Kaiserzeit in Kraft. Die Abneigung der Römer gegen die Monarchie war so groß, dass Augustus als erster Kaiser auf den Titel "Rex" verzichtet und sich stattdessen als "Prinzeps" (Erster unter Gleichen) bezeichnen lässt. Nicht ohne Grund: Schließlich hatten Roms Senatoren 44 vor Christus mit der Ermordung von Gaius Julius Caesar deutlich gemacht, was sie von monarchistischen Bestrebungen halten.

Mittelalter: Monarchie wurde zur alles beherrschenden Herrschaftsform 

Mit dem Ende der Antike gerieten die frühen Formen der Demokratie beziehungsweise Republik vorerst in Vergessenheit. In den feudalistischen Gesellschaften des Mittelalters wird die Monarchie zur alles und alle beherrschenden Herrschaftsform. Unterschiede gibt es trotzdem. Während sich in den meisten Monarchien schon früh die Erbmonarchie, in der die Krone innerhalb eines Adelsgeschlechts auf den Thronfolger übergeht, etabliert, setzt sich im Heiligen Römischen Reich seit dem Aussterben des Staufer-Geschlechts mit Beginn des 14. Jahrhunderts endgültig die Wahlmonarchie durch. Waren ursprünglich noch alle Reichsfürsten an der Wahl der römisch-deutschen Könige beteiligt, so wurde dieses Wahlrecht endgültig mit der "Goldenen Bulle" von 1356 auf sieben Kurfürsten beschränkt. Auch wenn seit 1438 mit einer Ausnahme alle römisch-deutschen Könige beziehungsweise Kaiser vom Adelsgeschlecht der Habsburger gestellt wurden, blieb das Reich bis zu seiner Auflösung im Jahr 1806 eine Wahlmonarchie.

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Der Absolutismus Ludwig XIV. wird in ganz Europa schließlich zum Vorbild für Monarchen und Fürsten und für spätere Historiker zum Namensgeber für die Epoche zwischen den Religionskriegen des 16. Jahrhunderts bis zu den Revolutionen des späten 18. Jahrhunderts. Doch das Selbstverständnis der Monarchen variiert durchaus. Preußens König Friedrich II. (1740-1786) versteht sich selbst eher als "erster Diener" des Staates und gewährt seinen Untertanen als Anhänger der Ideen der Aufklärung zumindest in Fragen der Religionsausübung und in bescheidenem Umfang auch bei der Meinungsäußerung ein gewisses Maß an Freiheiten zu.

England verabschiedet sich vom Absolutismus

In England hatte der Adel König Johann Ohneland bereits 1215 in der "Magna Charta" grundlegende politische Freiheiten abgetrotzt. In der Folge entwickelt sich aus dem "Königlichen Rat" ein Parlament, in dem neben den Grafen (Earls) die führenden Vertreter des Klerus vertreten sind. Mitte des 17. Jahrhundert eskaliert der Machtkampf zwischen König und Parlament schließlich im offenen Bürgerkrieg, an dessen Ende König Karl I. 1649 enthauptet und England für gut zehn Jahre zur Republik wird. Endgültig Abschied vom Absolutismus und dem Verständnis eines Gottesgnadentums müssen Englands Monarchen im Zuge der Glorious Revolution von 1688/89 nehmen. Mit Unterzeichnung der "Bill of Rights" werden dem Parlament entscheidende Rechte eingeräumt. Fortan muss der König das Parlament in regelmäßigen Abständen einberufen, das über die Erhebung von Steuern und Abgaben entscheidet, ebenso über die Anwendung der Folter und den Unterhalt eines stehenden Heeres in Friedenszeiten. Zudem wird den Parlamentsmitgliedern Immunität eingeräumt: Sie genießen Redefreiheit im Parlament, müssen sich bei Vergehen vor dem Parlament und nicht mehr vor dem König oder seinen Gerichten verantworten. Der König ist nur noch in Verbindung mit dem Parlament Träger der Souveränität ("King-in-Parliament"). Die "Bill of Rights" bildet die Grundlage für das heutige parlamentarische Regierungssystem im Vereinigten Königreich.

Auf dem europäischen Kontinent hingegen soll es deutlich länger dauern, bis der absolutistische Herrschaftsanspruch der Monarchie begrenzt beziehungsweise überwunden wird. In der Revolution von 1789 überwinden die Franzosen zunächst die feudale Gesellschaftsordnung und die Privilegien des Adels, begrenzen die Befugnisse von König Ludwig XVI. durch eine gewählte Nationalversammlung und eine Verfassung - um ihn drei Jahre später schließlich doch noch auf der Guillotine zu köpfen.

Französische Revolution: Herrschaftsanspruch der Monarchie wird überwunden

Auch wenn die Errungenschaften der Französischen Revolution, die Ideen der Aufklärung, die Gewährung von Menschenrechten und grundlegenden bürgerlichen Freiheiten in der Schreckensherrschaft der revolutionären Jakobiner und der späteren despotischen Herrschaft Napoleons als "Kaiser der Franzosen" massiv leiden, so sind sie nicht mehr aus der Welt zu schaffen. Dies gelingt dauerhaft auch nicht den Kräften der Restauration nach dem Wiener Kongress von 1815, die die alte königliche Macht wieder herstellen wollen. 1830 kommt es in Frankreich und 1848 in Deutschland und erneut in Frankreich zu bürgerlichen Revolutionen. Diese zeitigen zwar ganz unterschiedliche Ergebnisse, aber das Prinzip der konstitutionellen Monarchie, in der die Macht von Königen und Kaisern durch Verfassungen und Parlamente begrenzt wird, setzt sich durch.

Der Erste Weltkrieg beziehungsweise dessen Ende bringen dann aber auch das völlige Aus für vier der größten Monarchien mit sich. Die Oktoberrevolution in Russland von 1917, die Revolutionen im Deutschen Kaiserreich und in Österreich-Ungarn 1919 zwingen die letzten machtvollen Monarchen Europas zur Abdankung. Fünf Jahre später endet schließlich auch die Dynastie der osmanischen Sultane in der Türkei, die seit 1299 herrschten.

Nur wenige Frauen schafften es auf den Thron

In den heutigen parlamentarischen und konstitutionellen Monarchien Europas üben die gekrönten Staatsoberhäupter mehrheitlich keine direkte politische Macht mehr aus oder nutzen ihre Verfassungsrechte nur mit äußerster Zurückhaltung.

Mit zu den beeindruckendsten Herrschergestalten auf Europas Thronen gehören ohne Zweifel Frauen. Schon deshalb, weil sie politische Macht bereits zu einem Zeitpunkt ausübten, als ihren Geschlechtsgenossinnen dies noch prinzipiell verwehrt war. Königinnen gelang es im Lauf der Jahrhunderte immer wieder, der Geschichte ihres Reiches im positiven wie im negativen Sinne ihren Stempel aufzudrücken. In England beziehungsweise dem Vereinigten Königreich wurden Königin Elisabeth I. (1558-1603) und Königin Victoria (1837-1901) gar zu Namensgeberinnen für das elisabethanische beziehungsweise das victorianische Zeitalter. Zarin Katharina die Große (1762-1796) machte Russland endgültig zu einer europäischen Großmacht. Erzherzogin Maria Theresia (1740-1780) führte erfolgreich die Habsburgermonarchie. Ihr Ehemann und Mitregent, als Franz I. zugleich Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, hielt sich aus den Regierungsgeschäften weitestgehend heraus, kümmerte sich stattdessen lieber erfolgreich um die Finanzen seiner Familie und frönte der Förderung der Naturwissenschaften.

Königinnen waren oft nur zweite Wahl

Eine Selbstverständlichkeit waren Frauen auf den Königsthronen allerdings nicht - im Gegenteil. In den meisten europäischen Monarchien waren Frauen gemäß des Salischen Rechts über Jahrhunderte ebenso von der Thronfolge ausgeschlossen wie in der arabischen Welt. Und selbst in jenen Monarchien, die Frauen nicht von der Thronfolge ausschlossen, waren sie meist nur die zweite Wahl, sprich sie gelangten nur dann auf den Thron, wenn kein legitimer männlicher Erbe zur Verfügung stand. Heinrich VIII. von England nahm gar den Bruch mit der römisch-katholischen Kirche in Kauf, um die Ehe mit seiner ersten Frau, Katharina von Aragon, auflösen zu lassen, weil die ihm männlichen Thronfolger gebar. Da mutet es schon wie ein Treppenwitz der Geschichte an, dass ausgerechnet seine Tochter Elisabeth zu einer der erfolgreichsten Monarchen in der englischen Geschichte aufstieg, unter deren Herrschaft die Grundlagen für die englische Seeherrschaft und somit für das spätere Britische Empire gelegt wurden.


„Ich will der erste Diener meines Staates sein.“
Friedrich II. (1712 - 1786), preußischer König

Das Salische Recht galt auch im Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg und dem daraus 1814 hervorgegangenen Königreich Hannover, das 1714 mit der Krönung des Kurfürsten Georg Ludwig zum englischen König eine Personalunion mit Großbritannien eingegangen war. Seitdem waren sie englische Monarchen und zugleich die Kurfürsten beziehungsweise Könige von Hannover. Diese Personalunion endete erst 1837, als in London die junge Queen Victoria den englischen Thron bestieg. Unter ihr sollte das Britische Empire zwar seine größte Machtausdehnung erleben und sie selbst noch den Titel einer Empress (Kaiserin) von Indien erhalten, aber auf den Thron von Hannover musste sie dennoch zugunsten eines Mannes verzichten.

Erbfolgeregelungen mit dramatischen Folgen

Mitunter konnten die unterschiedlichen Erbfolgeregelungen zu deutlich dramatischeren Folgen führen. Als 1328 der letzte französische König Karl IV. aus dem Geschlecht der Kapetinger ohne direkte Nachkommen starb, erhob sein Cousin Philipp aus der Nebenlinie der Valois seinen Anspruch auf die Krone. Dies aber führte zum direkten Konflikt mit König Edward II. von England. Auch er machte seinen Anspruch auf Frankreichs Thron geltend und verwies zur Legitimation auf seine Mutter Isabella, eine Tochter des Kapetinger-Königs Philipp IV. Der Konflikt um den französischen Thron war schließlich einer der maßgeblichen Ursachen für den Ausbruch des Hundertjährigen Krieges.

Inzwischen haben sich die europäischen Monarchien mit Ausnahme Lichtensteins von der rein männlichen Erbfolge verabschiedet. Allerdings hinkten die Königshäuser der Gleichstellungspolitik in Europa deutlich hinterher. So verabschiedete sich Schweden erst 1980 von der männlichen Erbfolge, Norwegen und Belgien 1991 und Monaco 2002. Dänemark ließ seine Bürger gar erst 2009 in einem Referendum darüber abstimmen, dass Männer in der Thronfolge nicht mehr länger zu bevorzugen sind.

Die Gründe für die eher zögerlichen Änderungen bei der Thronfolge sind aber beileibe nicht allein einer besonders patriarchalen oder traditionalistischen Denkweise in den Königshäusern zu verorten. In den konstitutionellen und parlamentarischen Monarchien Europas ist die Thronfolge in der jeweiligen Verfassung geregelt und somit dem direkten Zugriff des Königshauses entzogen.