Hohenzollern : Der Prinz mit dem Hakenkreuz
Jürgen Luh zeigt die Unterstützung des preußischen Kronprinzen Wilhelm für die Nationalsozialisten auf.
Wilhelm, der älteste Sohn Kaiser Wilhelm II. und letzte Kronprinz des Deutschen Reiches, steht seit einigen Jahren im Mittelpunkt eines heftigen Streits. Der 1951 verstorbene Kronprinz beschäftigt Gerichte, Historiker, Medien und auch den Bundestag. Im Kern der Auseinandersetzung geht um die Frage, ob Wilhelm durch sein Verhalten dem Nationalsozialismus "erheblichen Vorschub geleistet" hat. Bejaht man dies, erhalten seine Erben keine Ausgleichsleistungen nach dem Ausgleichsleistungsgesetz für die entschädigungslosen Enteignungen nach 1945 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Zwar hat der aktuelle "Chef des Hauses Hohenzollern", Georg Friedrich Prinz von Preußen, zwei entsprechende Klagen mittlerweile zurückgezogen. Die Frage nach dem Verhalten seines Urgroßvaters bleibt aber weiterhin in vielerlei Hinsicht interessant.
Der Potsdamer Historiker und exzellente Hohenzollern-Kenner Jürgen Luh zeigt mit seinem Buch, dass der Ex-Kronprinz durch öffentliche Auftritte und Äußerungen die Regierung Hitler vom 30. Januar 1933 an unterstützte. Doch schon vor der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler hatte Wilhelm keine Berührungsängste gekannt und vielmehr das Gespräch mit dem "Führer" der NSDAP gesucht. Vor dem zweiten Wahlgang der Reichspräsidentenwahl im April 1932 hatte er bekannt, Hitler und nicht den ehemaligen kaiserlichen Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg wählen zu wollen. Und beim Reichswehr- und kommissarischen Innenminister Wilhelm Groener hatte Wilhelm sich dafür eingesetzt, das zuvor ergangene Verbot von SA und SS wieder aufzuheben.
Öffentliche Beglaubigung der von Goebbels inszenierten Propaganda
Nach dem 30. Januar 1933 zeigte Wilhelm sich aus voller Überzeugung bei verschiedenen Anlässen an der Seite des neuen Kanzlers und anderer NS-Größen. Besonders bekannt sind Aufnahmen des "Tages von Potsdam" am 21. März 1933. Durch seine Anwesenheit bei der Reichstagseröffnung beglaubigte er öffentlich die von Joseph Goebbels inszenierte Propaganda, die neuen Machthaber seien diejenigen, die den Faden der preußisch-kaiserlichen Geschichte aufnähmen und das Reich in eine glorreiche Zukunft führen würden. Dasselbe Bild ergab sich durch Wilhelms Teilnahme an der von ihm geforderten Eingliederung des antidemokratischen "Stahlhelms. Bund der Frontsoldaten" in die SA, bei Wilhelms öffentlicher Werbung anlässlich der "Volksabstimmung" vom 12. November 1933 - die ein Plebiszit über Hitlers Regierung sein sollte -, und durch das Tragen einer Hakenkreuz-Armbinde. Der Preußenprinz war nicht einfach ein Privatier.
Seine Meinung hatte Gewicht gerade bei jenen rechtsgerichteten Kreisen, die der Monarchie und angeblichen Größe des Deutschen Reiches hinterhertrauerten. Wenn der ehemalige Kronprinz die Regierung aus NSDAP und Rechtskonservativen öffentlich unterstützte, konnte dies Hunderttausende Anhänger der deutschnationalen DNVP, des Stahlhelms und andere national gesinnte Parteilose überzeugen, es Wilhelm gleichzutun. Welche Bedeutung er als Werbefigur besaß, unterstreicht der Umstand, dass seine öffentlichen Auftritte nach 1934 deutlich geringer wurden. Das gefestigte NS-Regime bedurfte der Werbung durch den Ex-Kronprinzen nicht mehr.
Jürgen Luh:
Der Kronprinz und das Dritte Reich.
Wilhelm von Preußen und der Aufstieg des Nationalsozialismus.
C.H. Beck,
Münchenn 2023;
192 Seiten, 18,00 €