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Kurz rezensiert : Die Zähmung der kapitalistischen Ökonomie

Wolfgang Streeck warnt vor einer "Überwindung" des Nationalstaats zugunsten internationaler Organisationen unter Führung einer Experten- oder Marktherrschaft.

21.02.2022
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2 Min

Der Mitbegründer der "Aufstehen"-Bewegung und frühere Direktor am Kölner Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung beschreibt in seinem aktuellen Buch, wie ein Staat beschaffen sein muss, mit dem die "Rückbettung einer kapitalistischen Ökonomie in den Wirkungskreis demokratischer Politik" gelingen könnte. Im Kern geht es Wolfgang Streeck um die Zähmung der kapitalistischen Ökonomie, um die "Verwirtschaftung der Gesellschaft" zu verhindern. Die Chancen dafür stünden gut, schließlich laufe der Kapitalismus "jahrzehntelang nur noch unter geldschöpferischer Notbremsung keuchend" weiter. Den Leser erinnert dieses Szenario an die sowjetischen Propagandaparolen über den sicheren und bevorstehenden Untergang des Kapitalismus.

Warnung vor "Überwindung" des Nationalstaats

Das Staatensystem und die Staatlichkeit würden auch wegen des neoliberalen Projekts einer Weltregierung (global governance) zwischen Globalismus und Demokratie feststecken. Diese Entwicklung sei nicht nur für den "populären Widerstand gegen den elitären Globalismus" verantwortlich, sondern stehe auch für Forderungen nach lokaler Selbstbestimmung. Streeck warnt nachdrücklich vor einer "Überwindung" des Nationalstaats zugunsten internationaler Organisationen unter Führung einer Experten- oder Marktherrschaft. Es sei eine "kosmopolitische Illusion", dass Globalisierung jemals etwas anders sei, als die Herrschaft des Marktes über die demokratischen Gesellschaften und ihre Staatlichkeit. Allerdings müssten die Verteidiger der Nationalstaaten mit Gegenwind rechnen, da "die neoliberalen Globalisierer Verbündete in der grün-linken postindustriellen Mitte der Gesellschaft gewonnen haben".

Ob es sich bei Streecks jüngster Arbeit um einen hellsichtigen Blick in die Zukunft oder um eine wissenschaftlich fundierte Verschwörungstheorie gegen eine potenzielle "Weltregierung" handelt, wird die Zeit zeigen.

Wolfgang Streeck:
Zwischen Globalismus und Demokratie.
Politische Ökonomie im ausgehenden Neoliberalismus.
Suhrkamp Verlag,
Berlin 2021;
538 S., 28,00 €