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Foto: picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka
Dialog zwischen Muslimen und Juden ist möglich: Das Autoren-Ehepaar Saba-Nur Cheema (l) und Meron Mendel blickt in ihrem Buch gemeinsam auf die sich immer weiter polarisierende Welt.

„Muslimisch jüdisches Abendbrot“ : Ein interkulturelles Tischgespräch

Was hilft gegen Vorurteile? Saba-Nur Cheema und Meron Mendel zeigen in ihrem Buch, wie offene Gespräche Brücken zwischen Kulturen und Religionen schlagen können.

10.10.2024
True 2024-10-10T14:30:37.7200Z
3 Min

In einer Zeit, in der gesellschaftliche Debatten oft von Polarisierung und Missverständnissen geprägt sind, setzen Saba-Nur Cheema und Meron Mendel mit ihrem Buch "Muslimisch jüdisches Abendbrot" ein kraftvolles Zeichen für interkulturellen und interreligiösen Dialog. Das Autoren-Ehepaar könnte dabei unterschiedlicher nicht sein: Sie, eine im Frankfurter Brennpunktviertel aufgewachsene Politologin mit pakistanischen Wurzeln. Er, ein Publizist und Pädagoge, der in Israel geboren und im Kibbuz in der Wüste aufgewachsen ist und vor seinem Studium in Deutschland seinen Militärdienst im Westjordanland und Libanon leistete.

Einladung zum Austausch

Die beiden laden ihre Leser an den symbolischen Abendbrot-Tisch ein, um in einem offenen Gespräch gesellschaftliche Tabus zu hinterfragen und Vorurteile aufzubrechen. Dabei reichen die Themen von der Kunstfreiheit im Nahen Osten über die Transgender-Debatte im Judentum und Islam bis hin zum Umgang mit Rechten.

Foto: Saba-Nur Cheema
Saba-Nur Cheema
ist Politologin, Antirassismus-Trainerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Goethe-Universität Frankfurt. Sie forscht unter anderem zu Antisemitismus unter Kindern.
Foto: Saba-Nur Cheema

Das Buch, das auf der gleichnamigen Kolumne basiert, die zwischen Juli 2020 und März 2024 im Feuilleton der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" veröffentlicht wurde, versteht sich, wie die Autoren selbst schreiben, als "Einladung an alle, sich selbst und eigene Überzeugungen zu hinterfragen, neue Perspektiven kennenzulernen und im Zweifel auch mal eine Irritation in Kauf zu nehmen". 

Dabei besticht das Werk durch seine ungewöhnliche Form: Es ist eine Mischung aus persönlichen Geschichten, geschichtlichen Exkursen und tiefen Reflexionen. Genau wie ein gemeinsames Abendessen dient das Gespräch als Brücke, um Verständnis und Vertrauen zu schaffen. Die Stärke des Buches liegt gerade in dieser persönlichen Ebene. Cheema und Mendel schaffen es, ihre Erfahrungen und Einsichten aus ihrem Arbeitsalltag, aus ihren eigenen Biografien und aus ihrer gesellschaftlichen Position als Angehörige von Minderheiten auf ansprechende und zugleich tiefgründige Weise darzulegen.

Cheema und Mendel nähern sich mit Humor den großen Fragen

Mit humorvollen Spitzen durchbrechen sie den Ernst der Themen. So scherzt das Ehepaar etwa darüber, dass ihr gemeinsames "muslimisch-israelisch-jüdisch-pakistanisch-hessisches Kind" eines Tages "garantiert Karriere als Mossad-Agent machen" könne.

Foto: Felix Schmitt
Meron Mendel
ist Publizist und Professor für Soziale Arbeit sowie Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main.
Foto: Felix Schmitt

Doch das Buch bleibt nicht bei Anekdoten stehen. Die Autoren nehmen sich auch der großen politischen Fragen an, die das Zusammenleben von Muslimen und Juden - und darüber hinaus der gesamten deutschen Gesellschaft - betreffen. Sie kritisieren offen die oft einseitigen Diskurse, die bestimmte Gruppen bevorteilen oder benachteiligen.

In "Muslimisch jüdisches Abendbrot" spiegelt sich ein klares Anliegen wider: Es geht um eine differenzierte und ausgewogene Betrachtung von Identität, Integration und Solidarität in einer zunehmend diversifizierten Gesellschaft. Cheema und Mendel schaffen es, ihre Botschaft eindringlich, aber ohne Pathos zu vermitteln. Sie appellieren an das gemeinsame Menschsein und erinnern uns daran, dass der Dialog, so schwierig er auch sein mag, der Schlüssel zu einem besseren Verständnis ist.

Das Buch ist eine Einladung, sich an diesem Tischgespräch zu beteiligen und über die Herausforderungen und Möglichkeiten eines friedlichen Miteinanders nachzudenken. Ein Werk, das - wie das gemeinsame Abendbrot - nährt und verbindet. 


Saba-Nur Cheema, Meron Mendel: 
Muslimisch-jüdisches Abendbrot.
Das Miteinander in Zeiten der Polarisierung.
Kiepenheuer & Witsch, 
Köln 2024, 
208 S., 22,00 €