Rezension zu "Macht und Fortschritt" : Es droht die Verarmung

Daron Acemoglus frühere Bücher sind Standardwerke der politischen Ökonomie. Seit 20 Jahren lehrt er am Massachusetts Institute of Technologie (MIT) und ist aktuell der weltweit am dritthäuftigsten zitierte Wirtschaftswissenschaftler. Sein MIT-Kollege, Simon Johnson, war Chefökonom beim Internationalen Währungsfonds und gehört wie Acemoglu zu den Kandidaten für den Wirtschaftsnobelpreis. In ihrem aktuellen Buch "Macht und Fortschritt" analysieren die beiden Autoren die Auswirkungen technologischer Innovationen auf unsere Gesellschaften und den künftigen Wohlstand.

Von der ersten Windmühle bis zu den heutigen Tech-Giganten

Das Autoren-Duo beginnt seine Entdeckungsreise mit der Erfindung der Windmühlen und dem Radio. Die tausendjährige Geschichte endet mit wichtigen Erkenntnissen über die modernen Gesellschaften, insbesondere den Gefahren, die von den Tech-Riesen für die Demokratien und Wohlstand ausgehen. So stellen die Autoren in den letzten 40 Jahren einen gravierenden Rückgang der Realeinkommen der Beschäftigten ohne Hochschulabschluss in den USA fest. Dabei sollten die neue Informations- und Kommunikationssysteme das Gegenteil erreichen. Als Reaktion darauf fordern sie strengere politische Kontrollen und Regulierung insbesondere in Bezug auf die Künstliche Intelligenz. Ihr Einsatz könne sonst zu einer weiteren Verarmung der Beschäftigten führen.

Acemoglu und Johnson erinnern an soziale Bewegungen in den 1990er Jahren: Diese hätten die Pharmakonzerne so unter Druck gesetzt, dass neue Medikamente gegen HIV auf den Markt kamen. Bei den erneuerbaren Energien und dem Umweltschutz erkennen sie ein ähnliches Muster. Analog müsse heute gegen die Tech-Riesen vorgegangen werden. Denn die zentrale Herausforderung bestehe darin, den technologischen Wandel weg von Automatisierung und Datensammlungen hin zu neuen Innovationen zu lenken.

Daron Acemoglu, Simon Johnson:
Macht und Fortschritt.
Unser 1000-jähriges Ringen um Technologie und Wohlstand.
Campus,
Frankfurt/M. 2023;
539 Seiten, 34,00 €