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Reporterinnen im Krieg : Frauen an der Front

Die britische Journalistin und Autorin Judith Mackrell folgt den Lebenswegen der ersten Kriegsreporterinnen im Zweiten Weltkrieg.

14.10.2023
True 2024-07-11T11:34:35.7200Z
2 Min

Das Foto von Lee Miller in Adolf Hitlers Badezimmer ging um die Welt: Aufgenommen von einem Kollegen posiert die amerikanische Fotografin nackt in der Badewanne, davor ein Paar schmutzige Springerstiefel, dahinter auf dem Wannenrand ein Porträt des Führers.

Foto: picture alliance/dpa/Roland Holschneider

Aufnahmen der Fotografin Lee Miller (1907-1977), die in der Badewanne von Adolf Hitler sitzt.

Miller war eine der ganz wenigen Kriegsreporterinnen im Zweiten Weltkrieg, die mit ihren Bildern und Berichten erstmalig einen weiblichen Blick auf das "Männergeschäft Krieg" vermittelten. Sechs dieser Pionierinnen hat die britische Journalistin und Autorin Judith Mackrell ein literarisches Denkmal gesetzt: In ihrem detailgenauen und unterhaltsamen Buch "Frauen an der Front" verknüpft sie geschickt die Chronologie der Ereignisse zwischen 1936 und 1945 mit den Lebenswegen der Reporterinnen - darunter nicht nur Lee Miller und Martha Gellhorn, die auch aufgrund ihrer Beziehungen zu berühmten Männern wie Foto-Künstler Man Ray und Schriftsteller Ernest Hemingway zu den bekannteren Vertreterinnen ihres Metiers gehören. Im Fokus stehen auch die zwischenzeitlich in Vergessenheit geratenen Korrespondentinnen Virginia Cowles, Clare Hollingworth, Helen Kirkpatrick und Sigrid Schultz.

Berichte aus der Gefechtszone

Ob sie direkt aus dem Machtzentrum der Nazis in Berlin berichteten, den D-Day in der Normandie oder das Grauen der Konzentrationslager dokumentierten: Mackrell beschreibt, wie die Frauen trotz vieler Widrigkeiten und unter hohem persönlichen Risiko ebenso versiert wie erfinderisch agierten, um ihre Berichte aus der Kampfzone an die Heimatredaktionen zu übermitteln: Sigrid Schultz etwa, Leiterin des Berliner Büros der Chicago Tribune, führte ein Doppelleben. Sie pflegte freundschaftliche Kontakte zu Nazi-Größen wie Hermann Göring und schrieb ihre kritischen Artikel unter männlichem Pseudonym.

Martha Gellhorn schmuggelte sich an Bord eines Lazarettschiffs, um als blinder Passagier die Landung der Alliierten in der Normandie zu beobachten. Undercover war auch Clare Hollingworth unterwegs und landete prompt einen "Scoop": Der Britin gelang es, deutsche Truppen an der polnischen Grenze auszukundschaften und am 29. August 1939 als Erste den unmittelbar bevorstehenden Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zu melden.

So erfolgreich der Einsatz der Frauen, so ungewöhnlich und unerwünscht war er letztlich doch: Die längste Zeit des Krieges blieb den Reporterinnen vor allem mit Verweis auf die ungelöste "Toilettenfrage" der Zugang zu den Kampfzonen verwehrt.

Nach dem Krieg wurden sie gefeiert, sahen sich aber dennoch mit Arbeitslosigkeit konfrontiert. Redaktionen wurden verkleinert, Aufträge wieder an männliche Kollegen vergeben. 

Judith Mackrell:
Frauen an der Front.

Kriegsreporterinnen im Zweiten Weltkrieg.
Insel
Berlin 2023
541 Seiten, 28,00 €