Rezension zu "Der große Rausch" : Von Kriegen, Verboten und Missbrauch
Die Historikerin Helena Barop plädiert für einen neuen, faktenbasierten und unvoreingenommenen Umgang mit Drogen.
Was wäre, wenn es keine Drogenverbote gäbe, sondern die Nutzung jedem selbst überlassen bliebe, wie der Konsum von Kaffee oder Alkohol? Würden dann Tausende Süchtige über die Straßen taumeln, oder wären die meisten Menschen zu einer vernünftigen Selbstregulation fähig? Wir wissen es nicht, denn diesen gesellschaftlichen Großversuch gab es nie, weil die Drogenverbote umfassend und die Strafen für Drogenbesitz teils drakonisch sind.
Die Historikerin Helena Barop hat ein Buch vorgelegt ("Der große Rausch"), das mit der gängigen Sicht auf Drogen gründlich aufräumt. Es bietet eine interessante Rückschau auf die internationale Geschichte der Drogen von den Opiumkriegen im 19. Jahrhundert über die Prohibition von Alkohol in den USA zwischen 1920 und 1933 bis hin zur aktuellen Debatte über die Freigabe von Cannabis. Die Autorin veranschaulicht dabei nicht nur historische Wegmarken, sondern zeigt auch überzeugend auf, wie wenig wirkungsvoll die Prohibition ist, die auch noch dazu beiträgt, Menschen zu kriminalisieren, zu stigmatisieren, ja sogar rassistisch zu verfolgen.
Analyse des "War on Drugs"
Barop schildert eindrucksvoll, wie, ausgehend von der Prohibitionsstrategie in den USA, Drogen seit Jahrzehnten international verteufelt werden, aus wirtschaftlichen, politisch-strategischen und moralischen Gründen. Sie analysiert, dass der "War on Drugs" gravierende gesellschaftliche Nebenwirkungen hat, diese Abschreckung das Problem des Drogen-Missbrauchs aber nicht löst. Mit der rigiden Anti-Drogen-Politik werden zudem vielversprechende Therapieansätze etwa mit psychedelischen Substanzen über Bord geworfen. Die Autorin wirbt für eine neue, faktenbasierte und unvoreingenommene Sicht auf Drogen. Das gut geschriebene Buch bietet dazu wichtige Anregungen mit nachvollziehbaren und belegten Argumenten und ist deswegen nicht nur für Gesundheitspolitiker eine lohnende Lektüre.
Helena Barop:
Der große Rausch.
Warum Drogen kriminalisiert werden. Eine globale Geschichte vom 19. Jahrhundert bis heute.
Siedler,
München 2023;
304 Seiten, 26,00 €