Glosse : Politische Hochzeiten
Da es Deutschland an einem Königshaus fehlt, über das regelmäßig geklatscht und getratscht werden kann, rückt Finanzminister Lindners Hochzeit in den Fokus.
Dass es den Deutschen an einem Klatsch & Tratsch-Adel fehlt, das ist vergangene Woche einmal mehr deutlich geworden. Wie sonst lässt es sich erklären, dass es in den Medien und Sozialen Medien ein gesteigertes Interesse an der Hochzeit eines Finanzministers gab? Das ist ein Herr, dessen Tagwerk, grob gesagt, aktuell darin besteht, den Taschenrechner rauszuholen, Zahlen zu summieren und zu hoffen, dass das tiefrote Ergebnis am Ende nicht zu groß ist und die Banken noch Kredite geben. Das sind zwar Fähigkeiten, die auch für eine Hochzeit auf Sylt nicht schlecht sind, aber Glamour geht anders.
Christian Lindner ist eben kein Prinz William, kein Prinz Harry, ja nicht einmal ein Prinz Charles! Man muss ja nicht gleich, wie es Bundesjustizminister Marco Buschmann auf Twitter tat, jenen, die diskutierten, ob eine solche Hochzeit gerade in diesen Zeiten angemessen ist, die Suche nach einem Therapeuten empfehlen - aber nach einem Hobby könnten sie sich schon umgucken.
Plant britischer Premier Hochzeit in Liegenschaft der Regierung?
Das heißt natürlich nicht, dass Hochzeiten unpolitisch sind - womit wir bei Boris Johnson wären. Der aus dem Amt gedrängte Ex-Parteichef und Noch-Premierminister klebt trotz Dutzender Rücktritte in seiner Regierungsmannschaft erstaunlich fest an seinem Regierungsamt. Bis zum Herbst will er noch in der Downing Street Nr. 10 residieren, kündigte er trotzig an.
Warum er das ohne Rückhalt seiner Partei machen will? Britische Medien haben eine Vermutung: Am 30. Juli will der Premier seine Hochzeit nachfeiern, die während Corona etwas kleiner ausfallen musste. Eingeladen wird nach Chequers, dem offiziellen Landsitz des britischen Premierministers. Ohne Amt könnte der Premier dann kurz vor knapp ohne Location dastehen und hätte dann wirklich nichts mehr zu feiern.