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Ortstermin im Ahrtal : Der geheime Regierungsbunker

Schaltzentrale, Arztpraxis, Schlafzimmer und sogar ein Fernsehstudio: Der Regierungsbunker in der Nähe von Bonn war für den Ernstfall ausgerüstet.

05.09.2022
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2 Min
Foto: Sascha Kelschenbach/picture-alliance/R4200

Schaltzentrale, Schlaf- und Arbeitszimmer und sogar ein Fernsehstudio: Im Ernstfall hätten rund 3.000 Mitarbeiter im Regierungsbunker in Bad Neuenahr-Ahrweiler Platz gefunden.

"Achtung Lebensgefahr" steht in roten Lettern auf der grauen Wand im Eingangsbereich, eine schwere Tür ruht in ihrer Verankerung. "Im Ernstfall hätte dieser Zugang innerhalb von zehn Sekunden verschlossen werden können", erklärt Dieter Franke den Besuchern, die bereits neugierig in das Innere der Anlage blicken.

46 Meter oberhalb von Bad Neuenahr-Ahrweiler wurde 1972 in einem Berg das wohl geheimste Projekt der Bundesrepublik fertiggestellt: der Regierungsbunker.

Seit 1997 ist der Regierungsbunker geschlossen

Zehn Jahre hat der Bau gedauert. Mitten im Kalten Krieg sollte der Bunker, rund 25 Kilometer von Bonn entfernt, im Kriegsfall die Regierungsfähigkeit sicherstellen. 3.000 Menschen, darunter Bundeskanzler, Bundespräsident, ein abgespecktes Parlament und Vertreter des Bundesverfassungsgerichts, sollten dort bis zu 30 Tage lang ausharren können. Wegen veralteter Technik, mangelnden Brandschutzes und der veränderten Sicherheitslage wurde die Anlage 1997 geschlossen, seit 2008 ist sie ein Museum.

Für den Bunker mit einer Gesamtlänge von 17,3 Kilometern wurden zwei bereits vorhandene, aber nie genutzte Eisenbahntunnel genutzt. Umschlossen von zusätzlichen, vier Meter dicken Betonwänden sollte der Bunker auch Angriffe mit atomaren und chemischen Waffen aushalten können. Gegen Bomben heutiger Stärke hätte er jedoch keine Chance.

Streng geheime Planung

Unter strengster Geheimhaltung wurde laut Franke damals gebaut. Kein Arbeiter sollte alles wissen. "Dennoch hat man nach Ende des Kalten Krieges beinahe die gesamten Pläne zur Anlage im Ministerium für Staatssicherheit gefunden", sagt Franke.

Während die Gruppe weiter in das Innere des Berges vordringt, wird es merklich kühler. Es geht vorbei am Dekontaminationsbereich, der mit Duschen und einer Umkleide ausgestattet ist, und hinein in den Arbeits- und Wohnbereich der Anlage. An den Wänden hängen jetzt in regelmäßigen Abständen kleine Aschenbecher. Relikte einer Zeit, in der es als selbstverständlich galt, in jeder Lebenslage zur Zigarette greifen zu können - selbst im Bunker. Nur in den im oberen Stockwerk gelegenen Schlafsälen musste auf den Glimmstängel verzichtet werden. In Vier- bis Achtbettzimmern hätten die Regierungsmitarbeiter dort übernachten können. Eine Unterbringung im Einzelzimmer war lediglich für Bundespräsident und Bundeskanzler vorgesehen.

Immer auf Stand-by

Schaltzentrale, Arztpraxis, Ersatzteillager, Fernsehstudio und sogar einen Friseursalon gab es in der Anlage. Alles musste dabei immer im Stand-By-Modus sein. Ein Schichtarbeitssystem sorgte außerdem dafür, dass sich stets 25 Mitarbeiter in den Tunneln befanden, um im Ernstfall sofort reagieren zu können.

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Aktiv genutzt wurde der Bunker jedoch nur alle zwei Jahre für Nato-Übungen. Damit Bundeskanzler und Bundespräsident nicht extra anreisen mussten, übernahmen sogenannte Übungspersonen die Rolle der Politiker und spielten den Ernstfall durch. Dazu gehörte auch die Rede des Bundespräsidenten, mit der er den Beginn des Dritten Weltkriegs verkündet hätte. In dem nachgebauten Schlaf- und Arbeitsbereich des Präsidenten hängt die Rede heute an der Wand, online lässt sich eine Kopie finden. Zum Einsatz kam sie glücklicherweise nie.