Parlamentarisches Profil : Der Bodenständige: Bruno Hönel
Seit 2021 sitzt Bruno Hönel für die Grünen im Bundestag. Dort befasst er sich mit dem Haushalt - und insbesondere mit dem Familienetat und der Kindergrundsicherung.
Bruno Hönel (Grüne) sitzt seit 2021 im Bundestag. Er ist Mitglied in den Ausschüssen für Haushalt und für Finanzen.
Dieser Abgeordnete ist ganz alte Schule, mit keinen vier Minuten Verspätung rauscht Bruno Hönel ins Büro - und entschuldigt sich erstmal für den Verzug. Das Klischee würde anderes erwarten: Ein Grüner, gerade 27 Jahre alt geworden, etwas atemloser Auftritt, Worte, die rasseln. Auf dem Stuhl nicht wirklich gerade sitzend, mit einer Flasche Mate-Limo in der Hand.
Aber den Typus rotzfrecher Naseweis erfüllt Hönel, Abgeordneter aus Lübeck, nicht. Im Realitätscheck stehen dem Klischee gegenüber: Ein in der Schule Tennis im Leistungssport spielender Sohn einer Arbeiterfamilie in Dresden, abgeschlossenes Psychologiestudium und ein paar Jahre Erfahrung als Fraktionsvorsitzender in der Lübecker Bürgerschaft. Nordwestdeutsche Gelassenheit und sächsische Verbundenheit; ein Grobschnitt beschriebe ihn eben schlecht. Und dann auch noch, im Bundestag, die Mitgliedschaft in den schwergewichtigen Ausschüssen für Haushalt und für Finanzen, "ich lerne jeden Tag etwas Neues hinzu, das ist phantastisch".
Hönel hat ein Faible für Zahlen
Seit 2021 ist Hönel Abgeordneter in Berlin. Mit Zahlen, sagt er, habe er stets gekonnt. "Ich konnte mir immer vorstellen, was hinter der Zahl steckt", sei es im Studium im Umgang mit Statistiken zu menschlichem Verhalten oder nun in der Haushaltspolitik, wo er Hauptberichterstatter für Familienpolitik ist. Größter Arbeitspunkt der vergangenen Wochen: die Kindergrundsicherung. "Es war ein langer Kampf, halt ein Kompromiss", sagt Hönel über die geplante Bündelung von Leistungen für Familien. Einen erbitterten Streit hatte es darüber zwischen der grünen Familienministerin und dem FDP-Finanzminister gegeben, die Zahlenvorstellungen lagen weit auseinander. "Das Ergebnis bringt uns voran, das ist erstmal gut", fasst Hönel zusammen. Die Parameter seien festgelegt worden. "Es wird auch Leistungssteigerungen geben, bis in den Bereich, den wir kommuniziert haben: 2027 wird sich die Kindergrundsicherung in einer Dimension von ungefähr zehn Milliarden Euro bewegen." Im Regal steht ein Schachbrett mit gerade eröffneten Spielzügen.
„Ich will eine Politik für alle Generationen machen, eine gerechte.“
Sollte die Grünenspitze aus dem Streit eine Lehre ziehen? Immerhin war der Eindruck aufgekommen, dass die grüne Familienministerin den grünen Wirtschaftsminister überrumpelt habe, als sie sich im Konflikt mit der FDP über die Kindergrundsicherung beim Wachstumschancengesetzentwurf querstellte. Hönel überlegt lange. "Die Spitze sollte sich regelmäßig treffen und auch eine geeinte Kommunikation absprechen", sagt er schließlich.
Hönel sieht sich als Politiker, der nicht ausschließlich die jungen Leute vertreten will. "Ich will eine Politik für alle Generationen machen, eine gerechte", fasst er es zusammen; auch das Etikett "jung" soll wohl nicht zu schwer wiegen - wie bei manch anderen jungen Politikern, die ihre Jahre gern wie eine Monstranz vor sich hertragen. Auch sagt der Abgeordnete aus einem westdeutschen Wahlkreis, dass er durchaus eine ostdeutsche Identität habe. "Ich zog zum Studium nach Lübeck, weil mir die Stadt sehr gefiel." Die ganze Familie aber sei immer noch in Dresden; neben dem Schachspiel im Regal liegt ein Schal von Dynamo Dresden. Was macht diese Identität aus? "Ich kann nachfühlen, woher die zuweilen auftretende Wut und Politikverdrossenheit stammen, dieses Anti-Establishment." Im Osten sei man schon bescheidener als anderswo. Und was wäre das Gegenstück? Er lacht. "Ganz bestimmt nicht Schleswig-Holstein. Eher Bayern."
Engagement für die Grünen während des Psychologiestudiums
Sich selbst bezeichnet Hönel als bodenständig ehrlich. "Es gibt noch einen grünen Habitus, der immer weniger wird, der aber bevormundend und welterklärend auftritt. Ich würde niemandem seine Bockwurst ausreden wollen."
Hönel scheint wie einer, der sich schnell langweilt. Während des Studiums begann er sich bei den Grünen zu engagieren, kandidierte 2018 für die Bürgerschaft und gewann seinen Wahlkreis. Als er es abschloss, stand die Bundestagswahl 2021 an. Hönel, der in Lübeck den grünen Laden mit zusammengehalten hatte, sicherte sich Kandidatur und perspektivischen Listenplatz. Und stürzt sich seitdem noch mehr in die Welt der Zahlen.
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