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Parlamentarisches Profil : Der Nahbare: Axel Schäfer

Seit 2002 sitzt Axel Schäfer für die SPD im Bundestag. Europa ist ein roter Faden in seinem politischem Leben.

23.05.2022
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3 Min

Es dauert keine zwei Minuten im Büro des dienstältesten SPD-Bundestagsabgeordneten, um sich wohlig einzukuscheln in eine Decke voller Anekdoten. Axel Schäfer kommt gerade von der Fraktionssitzung, als einziger habe er in der Aussprache das Wort ergriffen, sagt er und schaut für einen Moment grimmig. "Ich habe gefordert, dass wir endlich in die Offensive gehen und uns nicht von den Hofreiters, Strack-Zimmermanns und Melnyks in die Ecke treiben lassen sollen", fasst er zusammen.

Foto: picture alliance/Flashpic/Jens Krick

Axel Schaefer (SPD) ist der dienstälteste Abgeordnete der SPD-Fraktion.

Schäfer, 69, ist ein sozialdemokratischer Recke, ein Bilderbuchgenosse. Über seinem Schreibtisch thront ein Plakat aus dem Jahr 1972, mit dem Konterfei Willy Brandts: "Deutsche", steht dort in der Ansprache, "Wir können stolz sein auf unser Land". Und das will er sich auch nicht madig machen lassen, wenn Waffenlieferungen an die angegriffene Ukraine als zu zögerlich kritisiert werden. "Wir sollten aufzählen, was wir seit Jahren für die Ukraine gemacht haben." Ob dies den grünen Toni Hofreiter, die liberale Marie-Agnes Strack-Zimmermann und den ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk beeindrucken würde, steht auf einem anderen Blatt.

Doch rasch ist Schäfer, seit 2002 direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Bochum, bei seinen Anekdoten. Erzählt, wie er sich vom Altkanzler Gerhard Schröder Krawatten lieh, sein Büro liegt direkt gegenüber. Jetzt habe er ihn schon länger nicht mehr gesehen, "er zerstört sein Lebenswerk, schlimmer als Helmut Kohl. Ich verstehe es nicht." Und Schäfer erinnert sich an Willy Brandt, dessen Büro in der Bonner "Baracke", der SPD-Parteizentrale, von seinem eigenen nicht weiter entfernt gewesen sei als heute Schröders; damals leitete er das Büro zur Europawahl 1984. "Im privaten Umgang war Brandt fast schüchtern, wie heute Olaf Scholz." Auf dem Sofa liegt eine rote Fahne der italienischen Sozialdemokraten, "mit der decke ich mich zu".


„Das Ölembargo werden selbst die Ungarn mittragen. Und sei es über Fußnoten.“
Axel Schäfer (SPD)

Europa ist ein roter Faden in Schäfers politischem Leben. Vor seiner Wahl in den Bundestag war Schäfer von 1994 bis 1999 Abgeordneter des Europäischen Parlaments. Er ist im EU-Ausschuss, seine Mitgliedschaften und Ämter lesen sich wie ein Telefonbuch. Und er war einer der beiden Vertreter des Bundestages bei der jüngst zu Ende gegangenen Konferenz zur Zukunft Europas, wo Bürger insgesamt 49 Vorschläge zur Reform der EU beschlossen haben. "Überraschend gut" habe er das Gremium gefunden. "Die Bürger haben sich für eine tiefere Integration ausgesprochen. Eine Umsetzung ihrer Vorschläge wie zur Einführung des Mehrheits- statt des Konsensprinzips wäre ein positiver Quantensprung."

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Seinen Optimismus bewahrt er sich auch mit Blick auf den kommenden EU-Gipfel. Wird es zu einer Einheit der Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland kommen? "Das Ölembargo werden selbst die Ungarn mittragen", sagt er. "Und sei es über Fußnoten." Wichtig sei ihm indes, auch bei der aktuellen Politik gegenüber Russland im Kopf zu behalten, dass man Frieden mit Feinden schließe, "und den streben wir ja an". In der öffentlichen Debatte werde zu viel auf die militärische Hilfe für die Ukraine geschaut; da ist er wieder, der Seitenhieb des stolzen Genossen.

Parteimitglied seit 1969

In die Partei trat er 1969 ein, im "am meisten politisierenden Jahrzehnt". Wurde in seiner Heimatstadt Frankfurt am Main Delegierter, begann eine Ausbildung in der Verwaltung. Reizte ihn die? "Klar, da wurde viel Politisches verhandelt. Nicht wenige von uns drängten da hinein." Der Liebe wegen zog der Hesse ins Ruhrgebiet und setzte in Bochum seine Ausbildung fort. Entwickelte sich zum Arbeitnehmervertreter, wurde Fan des VfL Bochum und gar Karnevalsprinz; nur seine Aussprache erinnert an die südlicheren Wurzeln, und der Äppelwoi samt Rindswurst, die er zuweilen vermisst.

Schäfer erzählt von den Ländern, die er bereiste. Vom Kanzlerspion Günter Guillaume, den er als 18-Jähriger bei einem Parteitag unsympathisch fand. Sportlich wirkt er. Zum schwarzen Anzug trägt er bunte Socken und Turnschuhe. Auf seiner Website steht, er habe ein Faible fürs Varieté. Verlässt man sein Büro, glaubt man fast, man wäre in einem gewesen.