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Wasserstoff : Bundesregierung strebt Wandel zur Wasserstoff-Republik an

Die Bundesregierung schreibt die Wasserstoffstrategie fort - und will Milliarden investieren.

23.09.2023
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4 Min
Foto: picture alliance/dpa

Bisher wird bei der Herstellung von Roheisen Kohle gebraucht. Mit Wasserstoff-Direktreduktionsanlagen können die CO2-Emissionen, die dabei entstehen, erheblich reduziert werden.

Grüner Wasserstoff gilt als Schlüsselelement der Energiewende. Er soll fossile Energieträger wie Kohle und Erdgas ablösen und damit eine klimafreundliche Alternative für Energie-Versorger , Industrie und Verkehr werden. Für eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft müssen noch viele Probleme gelöst werden. Grüner Wasserstoff, also Wasserstoff, der mit Hilfe erneuerbarer Energien produziert wurde, ist derzeit noch sehr teuer und wird nur in geringen Mengen hergestellt. Um Anlagen und Maschinen auf Wasserstoff umzustellen, werden zudem neue technische Lösungen gebraucht.

Die Bundesregierung will Deutschland zum Vorreiter für grünen Wasserstoff machen. Bis 2030 sollen unter anderem zehn Gigagwatt an Elektrolysekapazität installiert werden. Der damit erzeugbare Wasserstoff reicht aus, um 30 bis 50 Prozent des deutschen Wasserstoff-Bedarfs 2030 zu decken. Den Rest muss Deutschland aus dem Ausland importieren. Aufgaben, die der Wasserstoff übernehmen soll sind festgehalten in der Nationalen Wasserstoffstrategie. Demnach ist Wasserstoff wichtig zum einen für die Speicherung von Energieträgern, und zum anderen für die Dekarbonisierung in vielen Industriebereichen, aber auch bei der Luft- und der Schifffahrt, wo eine Elektrifizierung schwierig ist.

Habeck sieht Entwicklung eines völlig neuen Marktes

Am Freitag stand die von der Bundesregierung vorgelegte Unterrichtung "Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie" auf der Tagesordnung des Bundestages. Zu Beginn der Debatte strich Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) heraus, dass es sich beim Wasserstoff um die Entwicklung eines ganz neuen Marktes handele, den es bisher nur in Ansätzen gebe. Eines Marktes zudem für einen Energieträger, den es in nennenswerter Menge noch gar nicht gebe. Aber: "Der Zug hat den Bahnhof verlassen", sagte Habeck. Überall werde investiert, werde entwickelt und angestoßen: Der Minister kündigte an, dass die Regierung noch dieses Jahr zusätzlich eine Importstrategie für Wasserstoff vorlegen werde. Und er gab seiner Erwartung Ausdruck, dass die Wasserstoffstrategie, die als ein Beitrag zum Klimaschutz starte, als "ein großer wirtschaftspolitischer Impuls" für die deutsche Wirtschaft Industrie enden werde.

Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie

Um Deutschland zum Vorreiter bei grünem Wasserstoff zu machen, will die Bundesregierung den Markthochlauf von Wasserstoff beschleunigen, zum Beispiel durch die Erhöhung der Elektrolysekapazität auf mindestens zehn Gigawatt im Jahr 2030. Außerdem soll eine leistungsfähige Wasserstoffinfrastruktur aufgebaut werden. Bis 2027/2028 soll es etwa ein Wasserstoffstartnetz mit mehr als 1.800 Kilometern Länge geben.

Ziel ist es, dass deutsche Anbieter ihre Technologieführerschaft ausbauen und die gesamte Wertschöpfungskette von grünem Wasserstoff anbieten können.



Für die Union hielt Andreas Jung (CDU) fest, beim Wasserstoff verfolge man ein gemeinsames Ziel. Aber eine "Fortschreibung" reiche nicht, er sehe zu viele Ankündigungen und zu wenig Konkretes. Die Zeit dränge. Man müsse jetzt schnell vorankommen. Ja, das Ziel sei grüner Wasserstoff, aber es brauche jetzt erst einmal "alle Farben des Regenbogens". Was er damit meinte: Es gibt verschiedene Herstellungsmethoden von Wasserstoff. Als farbloses Gas hat es an sich gar keine Farbe. Die Aufteilung in grünen, blauen, türkisen oder grauen Wasserstoff dient dazu, die Herstellungsarten und das Maß an Klimaneutralität des so erzeugten Wasserstoffs zu unterscheiden. Jung plädierte dafür, alle Potenziale zu nutzen.

Wasserstoff soll Abhängigkeit von russischem Öl und Gas senken

Andreas Rimkus von der SPD erklärte, die Koalition habe sich zur Aufgabe gemacht, bei der Transformation der Gesellschaft mutig voranzugehen. Mit dem Umbau zur Wasserstoffwirtschaft mache man das Energiesystem infrastrukturell fit für die Wirtschaft der Zukunft. So vereinige man Nachhaltigkeit mit Wertschöpfungspotenzialen und verhindere Abhängigkeiten wie die von russischem Öl und Gas in der Zeit bis zum Angriff Russlands auf die Ukraine.

Rainer Kraft (AfD) nannte die Fortschreibung der Wasserstoffstrategie eines Landes der Dichter und Denker unwürdig - die Koalition halte sich statt an die Wissenschaft lieber an Wünsche und Träume. Deutschland gebe "Unsummen für Luftschlösser" wie die Energiewende aus. Die Wasserstoffwirtschaft nannte er eine "teure Fake-Industrie", die verschleiern solle, dass man mit Wind und Sonne allein kein Land betreiben könne.

Für die FDP ging Forschungs- und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger ans Pult. Sie konterte die Kritik der Union, dass alles schneller gehen müsse, mit dem Hinweis, dass man von der Vorgängerregierung ein Land übernommen habe, das abhängig war von fossilen Energien. Die Wende zu einer nachhaltigen, klimafreundlichen Produktion sei noch ein weiter Weg. Zumal der Energiehunger in Zukunft noch wachsen werde. Da sei der Umstieg auf erneuerbare Energien das eine - aber es brauche auch die Produktion neuer Energien: Sie warb für den Wandel zur Wasserstoff-Republik.

Ralph Lenkert erinnerte daran, dass er schon vor Jahren seine Ideen für ein alternatives Energiesystem in den Bundestag eingebracht habe. Er freue sich, so der Linken-Politiker, dass das Parlament sich nun mit diesen Ideen befasse: Lenkert ging es vor allem um das Thema "Speicherung von Energie". Da die Sonne nicht immer scheine und der Wind nicht immer wehe, brauche es viel mehr Speichermöglichkeiten in Deutschland. Eine Aufgabe für den Wasserstoff.