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Parlamentarisches Profil : Der Energiefachmann: Ralph Lenkert

Ralph Lenkert kümmert sich als gelernter Maschinenbautechniker bei der Linksfraktion um Energiethemen. Ukraine-Krieg und Energiekrise haben die Belastung verdoppelt.

24.10.2022
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3 Min

Für einen Moment hat Ralph Lenkert seine Mitarbeiter verunsichert, ist er doch sonst immer vor ihnen im Büro. Doch heute kommt er mit einem "akademischen Viertel" um kurz nach neun in der Früh, saß gestern noch nach einem Abendtermin bis in die Nacht an einer Rede im Bundestag - zum Brennstoffemissionshandelsgesetz, die wird er um 19 Uhr halten. Es wird ein langer Tag werden, mit einer namentlichen Abstimmung wieder bis in die Nacht hinein.

Foto: picture alliance/Geisler-Fotopress/Jean MW

Ralph Lenkert ist seit 2013 Mitglied im Deutschen Bundestag. Er ist energiepolitischer Sprecher der Linksfraktion und sitzt im Ausschuss für Klimaschutz und Energie sowie im Umweltausschuss.

Der Maschinenbautechniker baute sich Detailwissen bei Energiethemen auf

Dazwischen wird es nicht langweilig. Nachdem Lenkert, 55, energiepolitischer Sprecher der Linksfraktion, kurz das Gesetz abgekanzelt hat ("Lenkt die Verantwortung für die Reduzierung von Kunststoff von den Herstellern um zu den Verbrauchern") schüttelt er den Kopf angesichts der Debatte über den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken (AKW) im Land. "Diese ganze Diskussion ist ein falscher Weg, das löst nichts", sagte er. Dass nach dem "Basta" des Kanzlers drei AKW noch bis April kommenden Jahres weiterlaufen sollen, hält er für einen falschen Kompromiss, die Forderung nach neuen Brennelementen für das Ergebnis einer Ausblendung. "Warum sollen wir die Abhängigkeit von russischem Gas durch eine von russischem Uran ersetzen?", fragt er. Langfristig könne das nur aus Russland kommen.

Unterhält sich ein Laie mit Lenkert über Energiefragen, wartet der mit Details auf, die Otto Normalverbraucher so nicht kennt. "Wir brauchen AKW immer dann, wenn wir viel Wind und Verbrauch haben", erläutert er. "Bei viel Wind aber ist Windstrom am billigsten." Dann dürften Kraftwerke im Süden auf Basis von Gas oder Kohle nicht laufen, "und dann haben wir angeblich nicht genügend Reservekraftwerke? Das ist nicht technisch bedingt, sondern eine schwachsinnige Marktregelung."

Über Familienpolitik in den Bundestag bekommen

Lenkert nimmt einen mit in eine Welt, in der Frankreich uns mit Gas beliefert, um wegen der unzureichend laufenden eigenen Atomkraft von Deutschland mit Strom aus Gas versorgt zu werden. In eine Welt, in der Hamburg nicht direkt mit den Stromtrassen Niedersachsens und Schleswig-Holsteins verbunden ist, wegen verschiedenen Regelzonen im Übertragungsnetz.

Zu all diesen Fragen kam Lenkert, weil es 2009 in der Fraktion einen Experten brauchte, und der Maschinenbautechniker verstand zumindest, wie solche Dinge funktionieren. Dabei war es die Familienpolitik, die ihn damals in den Bundestag brachte.


„Warum sollen wir die Abhängigkeit von russischem Gas durch eine von russischem Uran ersetzen?“
Ralph Lenkert (Die Linke)

In den Nullerjahren wurde er einmal an einem Elternabend der Schule zu laut, es ging um die Pläne der thüringischen Landesregierung, die Schulhorte zu reduzieren. Für den jungen Vater und Berufspendler ein rotes Ruch. Die Eltern der Schule wählten ihn in ein landesweites Hortbündnis, er wurde Mitinitiator und Sprecher eines Volksbegehrens dazu, das Erfolg hatte und ihn bekannt machte. 2009 stellte ihn die Linke parteilos im Wahlkreis Gera - Jena - Salle-Holzland-Kreis auf, den er direkt gewann. Lenkert wurde Parteimitglied und zog in den weiteren Legislaturen über die Landesliste ein. Im Bundestag ist er ein Vielredner seiner Fraktion, Mitglied und Obmann im Ausschuss für Klimaschutz und Energie, ferner Mitglied im Umweltausschuss sowie Berichterstatter für Technikfolgenabschätzung.

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Alles ein bisschen viel. Im September kündigte Lenkert an, als energiepolitischer Sprecher zurückzutreten. "Ich schaffte es nicht mehr, meinen Ansprüchen gerecht zu werden", sagt er. Der Ukrainekrieg und die Energiekrise hätten die Arbeitsbelastung verdoppelt, "ich hatte mehrfach die Fraktion erfolglos um Unterstützung gebeten, um die Entlastung von Arbeiten oder Zugriff auf Kapazitäten". Doch die bewegte sich schließlich, Lenkert bleibt Sprecher. Zwischenzeitlich war Unruhe aufgekommen: "Es knallt in der Linksfraktion", hatte "ND.Der Tag" vormals "Neues Deutschland" getitelt. Sahra Wagenknecht hatte der Bundesregierung vorgeworfen, einen Wirtschaftskrieg gegen Russland vom Zaun gebrochen zu haben - eine Umkehrung von Tatsachen. "Wenn Sahra über Energie redet, ist es wie ein Gespräch über ein Buch, das man nicht gelesen hat", schmunzelt Lenkert. Aber die Fraktion bleibt ja nun beim Fachlichen.