Ampel legt Entwurf vor : Energiesparen per Gesetz
Bis 2030 soll der Primär- und Endenergieverbrauch um 550 Terawattstunden reduziert werden. Einen Gesetzentwurf dazu beriet der Bundestag nun erstmalig.
Europäisches Gemeinschaftsprojekt: Die Abwärme der Badischen Stahlwerke GmbH im deutschen Kehl soll bald Tausende Haushalte im französischen Straßburg heizen.
Energiesparen - spätestens seit der Energiekrise nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wird in Deutschland wieder mehr darauf geachtet, wer wann und warum wie viel Strom verbraucht und wo es Einsparpotenzial gibt.
Ein neues Gesetz soll dafür nun einen Rahmen schaffen und insbesondere Unternehmen und öffentliche Einrichtungen stärker in die Pflicht nehmen.Das Kabinett hat einen entsprechenden Entwurf von Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) bereits angenommen; am vergangenen Donnerstag wurde der Gesetzentwurf zur "Steigerung der Energieeffizienz und zur Änderung des Energiedienstleistungsgesetzes", kurz EnEfG, im Plenum des Bundestages debattiert.
Deutliche Reduzierung des Energieverbrauchs geplant
Das Gesetz sieht unter anderem vor, den Primär- und Endenergieverbrauch in Deutschland bis zum Jahr 2023 um mehr als 550 Terrawattstunden gegenüber 2008 zu reduzieren. Außerdem sollen bereits Ziele für 2040 und 2045 aufgezeigt werden. Die anvisierte Einsparung ergibt sich aus der Notwendigkeit, entsprechende Vorgaben aus der Novelle der EU-Energieeffizienzrichtlinie für das Jahr 2030 für Deutschland umzusetzen.
"Klimaschutz und Energiewende können nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn wir auch die Verbrauchsseite stärker in den Blick nehmen", sagte Habeck zu dem Gesetzentwurf. Es müsse gemeinsam gelingen, den Energieverbrauch in Deutschland deutlich und dauerhaft zu reduzieren. Im letzten Jahr habe man gemeinsam gezeigt, dass das möglich sei, so Habeck: "Mit dem neuen Gesetz schaffen wir jetzt einen klaren Rahmen. Insbesondere die öffentliche Hand muss hier weiter mit Vorbild vorangehen."
Bund und Länder entscheiden selbst, wie sie sparen wollen
Bund und Länder sollen künftig jährlich zwei Prozent Gesamtendenergieeinsparung erreichen. Mit welchen Mitteln dies gelingt, darüber sollen nach Aussage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz die öffentlichen Einrichtungen eigenständig entscheiden.
Doch auch die Unternehmen sollen in die Pflicht genommen werden: Wie es im Gesetzentwurf heißt, sei bei den Industrieanlagen bisher nur ein gewisser Anteil des wirtschaftlich realisierbaren Energieeinsparpotentials genutzt worden. Mit Hilfe von Förderprogrammen, Energiemanagementsystemen, Steuererleichterungen und Abgabenbefreiungen sei lediglich auf freiwilliger Ebene versucht worden, Anreize zur Energieeffizienz zu schaffen.
Unternehmen sollen Abwärme besser nutzen
Der Emissionshandel reiche bei vielen Unternehmen allein nicht aus, die bestehenden Effizienzpotenziale zu realisieren, heißt es weiter. Deshalb sieht das EnEfG eine Pflicht für Unternehmen mit einem Energieverbrauch von mehr als 15 Gigawattstunden vor, Energie- oder Umweltmanagementsysteme einzuführen und konkrete Pläne zur Umsetzung von wirtschaftlichen Energieeffizienzmaßnahmen zu erstellen.Zudem werden Unternehmen verpflichtet, Abwärme aus Produktionsprozessen zu vermeiden oder, soweit eine Vermeidung nicht möglich ist, zu verwenden. Rechenzentren produzieren ebenfalls extrem viel Abwärme. Neue Rechenzentren müssen deshalb laut dem EnEfG Energieeffizienzstandards einhalten und sind verpflichtet, für eine minimale Temperatur für die Luftkühlung sowie für Abwärmenutzung zu sorgen.
Bereits bestehende Anlagen sollen auf die Effizienz ihres Stromeinsatzes achten. Betreiber von Rechenzentren werden zudem dazu aufgefordert, verstärkt Strom aus erneuerbaren Energien zu nutzen.
Energieeffizienz sei ein wichtiger Baustein der Energiewende, sagte Katrin Uhlig (Bündnis 90/Die Grünen) in der Debatte im Bundestag. Mit dem Gesetzentwurf setze die Bundesregierung klare und realistische Ziele. Die Steigerung der Effizienz brauche einen Rahmen zur Umsetzung. "Natürlich erfordert die Umstellung Investitionen", so die Grüne. "Doch mittel- und langfristig können auch Kosten eingespart werden."
Union kritisiert: Unternehmen stehen ohnehin unter Druck
Dass in den vergangenen Jahren in Sachen Energiesicherheit schon einiges passiert sei, befand hingegen der CDU-Abgeordnete Thomas Gebhart: "Die Unternehmen haben sich angestrengt, es ist nicht so, als würden wir am Anfang stehen." Der Gesetzentwurf der Ampelparteien gehe über das hinaus, was derzeit in der EU-Kommission diskutiert werde. Der Christdemokrat kritisierte, dass dies nicht in die aktuelle Lage passe, in der Unternehmen ohnehin schon unter Druck stünden: "Das Letzte, was wir brauchen, sind nationale Sonderwege und Extrahürden für einheimische Unternehmen."
Es sei richtig, dass man sich "ein ehrgeiziges Ziel gesetzt habe", sagte Bengt Bergt (SPD). Viele "clevere Unternehmerinnen und Unternehmer" hätten bereits von sich aus Maßnahmen zum Energiesparen ergriffen. "Viele haben es begriffen - viele aber noch nicht", sagte Bergt. Für diese Unternehmen brauche es klare Vorgaben.
Von einem "Energieinsuffizienzgesetz" sprach Rainer Kraft von der AfD-Fraktion. Nach dem Atomausstieg sei zu wenig Energie da, deshalb fordere die Regierung nun, Energie zu sparen. Das geplante Gesetz zwinge Unternehmen zu unwirtschaftlichen Maßnahmen.
Dem widersprach der Michael Kruse (FDP): "Das Gesetz ist keine Folge aus dem Ausstieg aus der Kernenergie." Diese Behauptung sei eine Verdrehung der Tatsachen. Mit dem Gesetz setze man europäisches Recht um.
Linke fordert Nachschärfung
Anke Domscheit-Berg (Die Linke) fokussierte sich auf die Abwärme von Rechenzentren, die stärker genutzt werden müsse. Ihre Fraktion fordere zudem eine Nachschärfung des Gesetzes um weitere Bereiche, wie beispielsweise energieeffizienteres Licht durch den Einsatz von LEDs.
Im Anschluss an die Aussprache wurde die Vorlage zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Klimaschutz und Energie überwiesen.