Ampel-Pläne zur Gaspreisbremse : Haushalte und Unternehmen sollen entlastet werden - aber wann?
Der Bundestag hat die Vorschläge einer Expertenkommission für eine Begrenzung des Gaspreises kontrovers diskutiert. Hauptkritikpunkt: das Tempo der Staatshilfen.
In einer emotional aufgeladenen Debatte hat der Bundestag am Mittwoch vergangener Woche über die Pläne der Bundesregierung zu einer Gaspreisbremse diskutiert. Anfang der Woche hatte eine Expertenkommission ihre Pläne vorgelegt. Die Regierungsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP hatten eine Aktuelle Stunde mit dem Titel "Ergebnisse der Unabhängigen Kommission Erdgas und Wärme der Bundesregierung - Sicher durch den Winter" beantragt. Die Koalitionsfraktionen sprachen sich für eine zügige Umsetzung aus, während von der Opposition heftige Kritik und Ablehnung kam.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) präsentieren das Papier der Expertenkommission (von links nach rechts).
Julia Verlinden (Grüne) betonte, dass die Vorschläge der Kommission sämtliche Bereiche berücksichtigten: private Haushalte wie Wirtschaftsbetriebe und Industrie. Die Pläne würden jetzt geprüft und "möglicherweise ein bisschen anders realisiert werden müssen". Es brauche "eine schnelle Unterstützung". Allerdings gelte in diesem Winter, dass alle Verbraucher Gas einsparen müssten. Die Speicher seien zwar mit mehr als 90 Prozent sehr gut gefüllt, jedoch dürfe es nicht dazu kommen, dass die Bundesnetzagentur Gas rationieren muss. Deshalb sei es wichtig, zu vermitteln, dass Verbrauchsreduzierungen preisdämpfende Wirkungen hätten.
SPD will Aspekt der Gerechtigkeit berücksichtigen
Unterstützung bekam Verlinden dafür von Matthias Miersch (SPD). Er versprach, dass auch die Nutzer von Ölheizungen und Besitzer von Pelletheizungen in das Hilfsprogramm aufgenommen würden. Zudem müsse sichergestellt werden, dass "die Versorger die Lage nicht dafür nutzen und die Abschläge weiter erhöhen". Ein Hilfspaket mit einem Volumen von 200 Milliarden Euro wecke nämlich auch dort Begehrlichkeiten. Er sei sich darüber im Klaren, dass die jetzige, schnelle Hilfe auch Menschen begünstige, die nicht auf staatliche Hilfe angewiesen seien. Deswegen solle die Kommission "auf diesen Gerechtigkeitsaspekt eine Antwort finden" und das Steueraufkommen der Haushalte berücksichtigen, sagte Miersch.
Dafür bekam er Unterstützung von Lukas Köhler (FDP). Das Papier der Expertenkommission sei ein Vorschlag, den es nun zu erweitern und zu verbessern gelte. Der Vorschlag beziehe sich explizit auf Gas und Fernwärme. "Die Strom- beziehungsweise die Strompreisbremse kommt noch", sagte Köhler. Im Übrigen lasse die Regierung "niemanden alleine", bislang seien bereits 96 Milliarden Euro an Hilfen geflossen. Zudem sorge die Bundesregierung "mit einem gesetzlichen Rahmen dafür, dass die Kohlekraftwerke jetzt ans Netz gehen". Über die Kernkraftwerke werde derzeit diskutiert, und dazu werde es "sehr zeitnah zu einer Lösung kommen".
Union fordert zügige Entscheidung
Die Opposition bemängelte das Tempo der Staatshilfen. Andreas Jung (CDU) warf der Regierung vor, "viel zu spät gehandelt zu haben". Bereits im Juli, als Bundeskanzler Scholz den Menschen versprach, "keinen alleine zu lassen", hätte die Gaspreisbremse verabschiedet werden müssen. Trotzdem wolle die Unionsfraktion konstruktiv bei der Suche nach Lösungen für die nun vorgelegten Pläne mitarbeiten. Vor allem müssten auch Heizarten wie Öl und Pellets in den Förderkatalog aufgenommen werden. Jung mahnte eine zügige Entscheidung in der Frage der weiteren Nutzung der Atomkraftwerke an: "Bei der Kernenergie brauchen wir eine klare Entscheidung, dass das, was möglich ist, für diesen Winter, für die Krise, jetzt gemacht wird." Der Streit der Bundesregierung belaste das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates.
Ähnlich wie Jung hielt Julia Klöckner (CDU) der Regierung vor, den Sommer über nicht gehandelt zu haben und auch aktuell weiter zu diskutieren. Die Verbraucher bräuchten aber "jetzt" eine Antwort. Unternehmer, denen die Energieversorger anstatt wie bisher 700.000 Euro pro Jahr berechnen, würden nun zum Beispiel mit Forderungen von 2,7 Millionen Euro konfrontiert. Diese Unternehmer müssten wissen, ob schnell Hilfe komme oder ob Insolvenz angemeldet werden müsse.
Linke nennt Pläne eine "Zumutung"
Dietmar Bartsch (Linke) hielt der Bundesregierung vor, sich "wegzuducken". Anstatt im Bundestag eine Regierungserklärung abzugeben, würden sich die Ampelkoalitionäre "weiter streiten". Das nannte Bartsch "verantwortungslos". Viele Menschen, die in diesen Tagen die Rechnungen ihrer Gasversorger bekämen, hielten die Summe, die dort stehe, "für Druckfehler". Doch anstatt endlich Entscheidungen zu treffen, beschwöre der Bundeskanzler "Doppel-Wumms" und "Bazooka". Währenddessen stiegen die Preise weiter und die Unzufriedenheit im Land wachse. Die nun vorliegenden Pläne seien "eine Zumutung", weil die Preisbremse erst ab März 2023 gelten solle - "am Ende der Heizsaison". Es müsse "dringend nachgearbeitet werden", sagte der Vorsitzende der Fraktion Die Linke.
Von Rainer Kraft (AfD) kam nicht nur Kritik, sondern auch Ablehnung. "Ihre Energiewende ist krachend gescheitert", sagte er. Das Geld für die geplanten Maßnahmen sei "gar nicht vorhanden, es wird über weitere Schulden refinanziert". Der Schattenhaushalt von "nun 360 Milliarden Euro wird bald größer sein als die Summe im Bundeshaushaltsplan". Auf eine Mehrproduktion von Energie durch Kern- und Kohlekraftwerke verzichte die Bundesregierung "aus rein ideologischen Gründen", kritisierte der Abgeordnete.