Jahressteuergesetz 2024 : Debatte über Umsatzsteuerpflicht für Musik- und Tanzlehrer
Die SPD-Fraktion will den Entwurf der Bundesregierung für eine höhere Umsatzsteuer nicht umsetzen. Lob gab es für die Pläne zur Einführung der Wohngemeinnützigkeit.
Ampel-Koalition contra Ampel-Regierung: Der Entwurf der Bundesregierung für das Jahressteuergesetz 2024 hatte noch nicht einmal die erste Lesung im Parlament überstanden, war noch nicht einmal in den Ausschuss überwiesen, da kündigte der erste Redner der Koalitionsfraktionen zu dem Entwurf bereits substanzielle Änderungen an. Es geht dabei insbesondere um die Umsatzsteuerpflicht für private Musiklehrer sowie Musik- und Tanzschulen. In der Debatte hatte zuvor Fritz Güntzler für die CDU/CSU-Fraktion kritisiert: "Wenn ein Musikschullehrer privat Klavierunterricht gibt, ist das in Zukunft steuerpflichtig. Die Ampel verteuert Bildung."
Diesen Aspekt hatte die Parlamentarische Staatssekretärin Katja Hessel (FDP) vorsorglich nicht erwähnt, als sie für die Regierung zuvor den Gesetzentwurf im Parlament präsentiert und die Debatte eröffnet hatte. Sie sprach von einem "sehr umfangreichen Gesetz", verwies auf 45 Artikel, die 27 Gesetze ändern würden, das Ganze auf 70 Seiten. Hessel nannte exemplarisch das neue Mobilitätsbudget: "Arbeitgeber können dann bis zu 2.400 Euro zusätzlich zu ihrem Arbeitslohn zur Verfügung stellen." Die Bürger bekämen so mehr Wahlfreiheit bei der Mobilität. Der ausgezahlte Betrag wird dann pauschal mit 25 Prozent versteuert. Zur Umsatzsteuerpflicht für Musiklehrer sagte sie nichts.
Viele Zuschriften von Musik- und Tanzschulen: SPD verspricht Änderungen
Die Kritik der Opposition nahm dann jedoch sofort ihr Koalitionspartner Tim Klüssendorf aus der SPD-Fraktion auf und kündigte Änderungen am Regierungsentwurf an. Zahlreiche Zuschriften von Musik- und Tanzschulen hätten seine Fraktion erreicht. "Wir werden die Neuregelung der Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungen so nicht beschließen". Klüssendorf: "Mit uns wird es keine Verteuerung geben, gerade was den Bereich der Musik- und Tanzschulen angeht."
Noch deutlicher als der SPD-Abgeordnete Klüssendorf distanzierte sich im weiteren Verlauf der Debatte Katharina Beck (Bündnis 90/Die Grünen) in puncto Umsatzsteuer für Musik- und Tanzschulen von der Bundesregierung. Sie sagte: "Den Gesetzentwurf haben nicht wir, sondern das Finanzministerium vorgelegt." Jedoch fand Beck auch Positives: "Wir gehen bei der Digitalisierung voran." So könne die Gesetzliche Rentenversicherung künftig mit den Finanzbehörden digital kommunizieren, Eltern Kindergeld digital beantragen.
Kommunalpolitiker sind gegen die Pläne
Klüssendorf versprach indes noch weitere Änderungen am Regierungsentwurf. Dieser sieht derzeit vor, dass Kommunen auf Beiträge für Sportveranstaltungen künftig keine Umsatzsteuer mehr erheben müssen. Das klingt zunächst gut, hat aber erhebliche Fehlwirkungen: Städte und Gemeinden können dann nämlich bei eigenen Anschaffungen die Umsatzsteuer auch nicht mehr von den Kosten abziehen. Kommunalpolitiker laufen Sturm. "Ganz konkret bedeutet das, dass die Bau- und Sanierungskosten für Sportstätten um den Umsatzsteuerprozentsatz von 19 Prozent steigen könnten", warnt etwa die schwäbische Stadt Kornwestheim auf ihrer Internetseite. Die Koalition will auch hier nochmal nachbessern.
Zur Rede Klüssendorfs stellte Klaus Stöber für die AfD-Fraktion fest: "Sie haben die Hälfte Ihrer Redezeit darauf verwendet, dass Sie Sachen, die der Minister vorgeschlagen hat, streichen wollen." Gleichwohl wolle er den Gesetzentwurf "ein bisschen wohlwollender" bewerten als Unionsvertreter Güntzler. Stöber stimmte in Hessels Lob zum Mobilitätsbudget ein. Im Gesetzentwurf heißt es dazu, dass die bisherigen Pauschalbesteuerungsvorschriften "um Möglichkeiten zur Nutzung moderner Fortbewegungsmöglichkeiten (wie beispielsweis E-Scooter, die gelegentliche Inanspruchnahme von Car-Sharing-, Bike-Sharing- sowie sonstige Sharing-Angebote und Fahrtdienstleistungen) erweitert" würden.
Der AfD-Politiker lobte auch die höhere Schwelle für die Kleinunternehmerregelung im Umsatzsteuerrecht. Allerdings widerspreche es "jeglicher steuerlichen Systematik", dass Unternehmer im laufenden Jahr, in dem sie die Schwelle übersteigen, sofort umsatzsteuerpflichtig werden. Insgesamt stellte der AfD-Abgeordnete fest: “Eine Steuerreform ist das beim besten Willen nicht.”
Sebastian Brehm (CSU) nannte als "das Beste" an dem Gesetzentwurf: "Wer als Hobbybrauer zu Hause Bier braut, der kann in Zukunft bis zu fünf Hektoliter steuerfrei genießen; bisher waren es zwei Hektoliter" Ansonsten übte er harsche Kritik: "Es fehlt Wesentliches", etwa "eine Initiative zur Stärkung des Mittelstands".
SPD lobt Förderung der Wohngemeinnützigkeit
Zum Ende der Debatte rückte eine weitere Maßnahme in den Mittelpunkt, die Einführung der Wohngemeinnützigkeit. Bernhard Daldrup bezeichnete diese für die SPD-Fraktion als "einen weiteren Baustein, um Wohnen bezahlbar zu machen". Bis in die 1980er Jahre hätten gemeinnützige Organisationen den größten Anteil am Wohnungsbau gehabt, ehe die Regierung unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) diese abgeschafft hätte. Die Linke werde sagen, "ist zu wenig", gestand Daldrup zu, jedoch: "Wir schaffen zunächst den steuerlichen Rahmen."
In der Tat übte Caren Lay (Die Linke) erhebliche Kritik, verwies auf einen eigenen Antrag ihrer Gruppe. "Das, was Sie hier vorlegen, ist Augenwischerei", sagte sie. Der Gesetzentwurf müsse "nachgebessert" werden. Zustimmung erhielt sie von Hanna Steinmüller aus der Fraktion der Grünen: "Es ist noch einiges zu tun, damit aus dem Entwurf eine Gemeinnützigkeit mit Wums wird".