Union strebt Entlastungen an : Hohe Steuersätze hemmen die Wirtschaft
Mit Steuersenkungen für Unternehmen will die Union wieder Schwung in die Wirtschaft bringen. Einen Antrag dazu hat sie in den Bundestag eingebracht.
Innovative Start-ups - hier eine Entwicklung für Fassadendämmung - sollen besser gefördert werden.
Die Befunde klingen dramatisch. Nach einer Aufstellung der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, gefährden die hohen Steuersätze für Unternehmen in Deutschland Wirtschaftswachstum und letztlich auch den Wohlstand. So beträgt der durchschnittliche Unternehmenssteuersatz in Deutschland 29,94 Prozent, womit die Bundesrepublik zusammen mit Japan (29,74 Prozent) einen Spitzenplatz in der OECD belegt. Der Durchschnittssteuersatz unter den 38 OECD-Mitgliedstaaten beträgt 23,6 Prozent, der Wert für die EU-Länder liegt mit 21,13 Prozent noch niedriger. Frankreich etwa hat einen Durchschnittssteuersatz von 25,83 Prozent, in den USA sind es 25,77 Prozent. Höchste Zeit, meint die Unionsfraktion, durch Senkung der Steuern für Unternehmen wieder neuen Schwung in die Wirtschaft zu bringen.
In einem Antrag, der am Freitag vom Bundestag an den Finanzausschuss überwiesen wurde, fordert die Union daher, ab 2025 unter anderem schrittweise die Steuerbelastung für thesaurierte Gewinne auf 25 Prozent abzusenken. Der Solidaritätszuschlag soll vollständig abgeschafft werden. Außerdem will die Union eine temporäre, stark degressive "Turboabschreibung". Davon verspricht man sich "signifikante Investitionsanreize über die bestehenden Abschreibungsmöglichkeiten hinaus". Verbesserungen soll es auch bei Verlustrückträgen und -vorträgen geben.
Bürokratieabbau im Steuerrecht durch einheitliche Zuständigkeiten
Für einen Abbau der Bürokratie im Steuerrecht soll unter anderem die Zuständigkeit für die Gründung, für Betriebsummeldungen und Betriebsaufgaben bei einer Behörde gebündelt werden. Damit sollen Hürden besonders für Start-ups abgebaut werden. Außerdem spricht sich die Unionsfraktion für eine EU-weite Harmonisierung des Quellensteuerverfahrens und für eine Reform der Grunderwerbsteuer aus. Das Besteuerungsverfahren soll digitalisiert und die Finanzverwaltung mit moderner KI-Technologie ausgestattet werden.
Zur Begründung ihres Antrags schreibt die Unionsfraktion, der Wirtschaftsstandort Deutschland habe in den vergangenen zehn Jahren substanziell an Attraktivität verloren. Daher müsse das Steuersystem einfacher, transparenter und gerechter werden. Auch bei der Höhe der Steuerlast sei Deutschland im internationalen Vergleich längst abgehängt worden. Wettbewerbsfähige Steuern für Unternehmen ermöglichten höhere Löhne, mehr Beschäftigung und stärkeres Wachstum.
Viel Zustimmung aus der Wirtschaft für Steuersenkungen
Zustimmung erfährt die Union von der Wirtschaft: "Der Standort Deutschland hat einen der höchsten Steuersätze weltweit. Kurzfristige Entlastungen sind dringend notwendig", heißt es etwa vom Institut der deutschen Wirtschaft, das wie die Union auf eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags drängt, der rund 13 Milliarden Euro pro Jahr in die Staatskasse spült. Die Hälfte davon kommt von Unternehmen, der Rest muss von Besserverdienern und Kapitalanlegern bezahlt werden.
Das Institut der deutschen Wirtschaft weist außerdem darauf hin, dass die marode Infrastruktur Deutschlands zunehmend ein Geschäftsrisiko sei. Das gelte nicht nur für Straßen und Brücken, sondern auch für Energienetze und die digitale Infrastruktur. Modernisierung und Ausbau müssen deutlich schneller vorangehen. Das kostet Geld, das nicht da ist, zumal der Bund gegenüber dem Jahr 2019 in diesem Jahr mit 37 Milliarden Euro rund 25 Milliarden Euro mehr Zinsen für die aufgenommenen Kredite bezahlen muss. Dass die Mischung aus höheren Ausgaben, geringeren Einnahmen und zudem einer die Kreditaufnahmen begrenzenden Schuldenbremse ein Problem ist, wurde auch am Freitag in einer Debatte des Bundestages über den Unionsantrag deutlich.
Union sieht Spielräume für Steuersenkungen
Fritz Güntzler (CDU) erklärte, bei Steuereinnahmen von über einer Billion Euro seien Spielräume für Senkungen vorhanden. Im dritten Jahr der Ampelkoalition stecke Deutschland in einer tiefer Krise. Die Zahl der Firmenzusammenbrüche liege auf einem Höchststand, die Industrieproduktion sei rückläufig: "Das können wir uns schlicht nicht leisten."
Nur eine florierende Wirtschaft schaffe Spielräume zum Verteilen.Parsa Marvi (SPD) nannte die Forderungen der Union nicht zukunftsgerichtet. Sie setzten auf das Prinzip Gießkanne und Hoffnung. Eine Gegenfinanzierung gebe es nicht. Katharina Beck (Grüne) sagte, die Koalition mache schon die ganze Zeit Politik für den Wirtschaftsstandort Deutschland, etwa durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Und die Koalition habe allein in diesem Jahr Steuern für Menschen und Unternehmen in einem Umfang von 45 Milliarden Euro gesenkt.
Klaus Stöber (AfD) erinnerte an Betriebsverlagerungen von Miele, Bosch und BASF. Die Steuersätze und Energiepreise seien zu hoch, das Internet sei zu schlecht. Hinzu komme der Fachkräftemangel.
Markus Herbrand (FDP) nannte die Forderungen der Union ein "Schuldeingeständnis der Antragsteller". Von Steuerreformen sei zu Regierungszeiten der Union keine Rede gewesen. Die Union habe auf Konsum gesetzt.