Nord Stream 2 : "Kamin-Gate" am Saaler Bodden
Eine verbrannte Steuerakte der Stiftung "Klima- und Umweltschutz MV" beschäftigt den Bundestag. Die Union spricht von einem handfestem Skandal.
Die Umstände um den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 haben inzwischen das Zeug zum Krimi: Es gibt eine umstrittene Stiftung mit Millionenvermögen, die sich nicht auflösen will, auf die Gaspipelines wird ein Anschlag verübt, und schließlich wird die Steuerakte der Stiftung von einer Mitarbeiterin des Finanzamts Ribnitz-Damgarten am Saaler Bodden in einem Kamin verbrannt. "Kamin-Gate" wird dieser Vorgang inzwischen genannt.
Der Vorgang beschäftigte jetzt auch den Bundestag. In einer Aktuellen Stunde in der vergangenen Woche gab es besonders von CDU/CSU und AfD heftige Attacken gegen die mecklenburg-vorpommerische Landesregierung und vor allem Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Das sei ein "handfester politischer Skandal", erklärte Mario Czaja (CDU). Nach seiner Ansicht war die Gründung der von der Nord Stream 2 AG mit 20 Millionen Euro finanzierten Stiftung ein Lieblingsprojekt der Ministerpräsidentin, um Nord Stream 2 unter allen Umständen ans Netz zu bringen.
Die Stiftung sollte nach Czajas Ansicht Sanktionen umgehen und sei "Putins langer Arm" gewesen. Schwesig sei noch Ende Januar 2022 ihrer Linie als "wichtigste Gazprom-Lobbyistin" treu geblieben, als russische Truppen schon an der Grenze zur Ukraine standen. Schwesig habe ihre Ankündigungen, die Stiftung aufzulösen und das Geld der Ukraine zu spenden, bis heute nicht eingehalten. Für Leif-Eric Holm (AfD) zeigt das Verbrennen von Steuerakten "Zustände wie in einer Bananenrepublik". Die Konstruktion der Stiftung sei von vornherein windig gewesen.
SPD: Unionspolitiker waren früher "glühende Nord Stream 2-Freunde"
Zu einer anderen Einschätzung kam Eric von Malottki (SPD). Die Union meine, die gesamte Schuld für die Russland-Politik der letzten 16 Jahre in Mecklenburg-Vorpommern abladen zu können. Früher seien Unionspolitiker "glühende Nord Stream 2-Freunde" gewesen und würden heute als "Chefankläger gegen die eigene Politik" auftreten.
Schon der Name "Klima- und Umweltschutz MV" sei "maximales Greenwashing" gewesen, sagte Sascha Müller (Grüne). Der Bau sei allerdings auch im Sinne der damaligen Bundesregierung von Angela Merkel (CDU) gewesen. "Angela Merkel war in Wahrheit die Mutter von Nord Stream 2", erklärte Dietmar Bartsch (Linke). Hagen Reinhold (FDP) vermisste Aufklärungswillen auf beiden Seiten. Dass die Stiftung Aufträge in Millionenhöhe am geltenden Vergaberecht vorbei vergeben habe, sei Ausdruck einer "Doppelmoral" der Landesregierung.
Wenigstens hatte das Verbrennen der Akte keine Folgen: Es gab eine Kopie.