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Kampf gegen die Erderwärmung : Mehr Wälder und weniger fossile Energien

Der Report des Weltklimarats zeigt, wie der Klimawandel gebremst werden könnte. Der Bundestag debattiert über verschiedene Maßnahmen.

02.05.2022
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4 Min

Obwohl seit Jahrzehnten klar ist, dass die Treibhausgasemissionen sinken müssen, um dem Klimawandel Einhalt zu gebieten, steigen sie weiter. Zwar hat sich das Wachstum im vergangenen Jahrzehnt etwas verlangsamt und wurde durch die Corona-Pandemie kurzfristig sogar gestoppt. Doch liegen die Emissionen heute höher als jemals zuvor. Das ist die Bilanz des jüngst veröffentlichten Sonderberichts des Weltklimarats (IPCC).

Empfehlung des Weltklimarats: Ausstieg aus fossilen Energien und Umstieg auf erneuerbare

Dieser Bericht versucht nun, zu beschreiben, welche Optionen es noch gibt, um die Erderwärmung, ihre Folgen und ihre Kosten zu begrenzen, um nicht noch mehr Hitzesommer und trockene Böden, Starkregenereignisse und Wirbelstürme zu bekommen

Foto: picture-alliance/dpa/Matthias Bein

Der Wald kann eine entscheidende Rolle spielen: Denn mit Aufforstungen kann der Luft CO2 entzogen werden.

Die klare Antwort der Experten: Ausstieg aus fossilen Energien und Umstieg auf erneuerbare. Sonne, Wind, weniger Waldzerstörung seien der Königsweg. Aber auch Atomkraft, "negative Emissionen" - also die Möglichkeit, der Luft CO2 zu entziehen, etwa durch Aufforstung und technologische Systeme - könnten eine Rolle spielen. Der Einzelne könne durch gesunde, vor allem fleischarme Ernährung helfen, die sei im Grunde kostenfrei zu haben und bringe sogar mehr als die Nutzung von Kernenergie. Denn Atomkraftwerke seien nur dann auch günstig, wenn sie bereits existieren, schreibt der IPCC.

Die Wissenschaft warnt schon lange vor den Folgen

Auf Verlangen der Ampel-Fraktionen von SPD, Grünen und FDP debattierte der Bundestag am vergangenen Mittwoch in einer Aktuellen Stunde über den IPCC-Bericht. In ihrem Eingangsstatement stellte Lisa Badum von den Grünen mit einem Blick auch auf den Ukraine-Krieg fest: "Unsere Energieversorgung ist in jeder Hinsicht ein Risiko, für uns und auch für unseren Planeten." Die gute Nachricht sei: Weltweit ist laut Bericht der Preis für erneuerbare Energien in den vergangenen zehn Jahren um 85 Prozent gesunken. Umso fataler und unverständlicher sei, "dass wir weiterhin in der fossilen Welt feststecken", dass immer noch mehr in fossile Energien investiert wird als in erneuerbare, dass die CO2-Emissionen weiter stiegen und die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad kaum noch zu erreichen sei.


„Wir haben in Deutschland kluge Köpfe, denen diese Umsetzung gelingen wird.“
Olaf in der Beek (FDP)

Unionsfraktions-Vertreter Andreas Jung sagte, die Folgen der Klimakrise seien schon heute verheerend. Sie würden noch verheerender sein, wenn die Erwärmung 1,5 Grad übersteigt, und noch verheerender, als vor Jahren von den Wissenschaftlern des IPCC und weltweit angenommen. Deshalb sei die eindrückliche und eindeutige Botschaft des IPCC-Berichts: "Die Zeit zu handeln, ist jetzt." Dafür brauche es eine internationale Allianz von Vorreitern, die sich gemeinsam Standards setzen, Technologien austauschen und Partnerschaften zum Voranbringen einer nachhaltigen Entwicklung eingehen.

Der Kampf gegen den Klimawandel sei ein Wettkampf mit der Zeit, sagte Nina Scheer von der SPD. Deshalb sei es ein zentrales Vorhaben der kommenden Wochen, die Hemmnisse zu beseitigen, die heute mit den aktuellen Rahmenbedingungen einem beschleunigten Umstieg im Weg stehen. "Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen dürfen nicht Jahre dauern; sie dürfen höchstens Monate dauern", sagte die Sozialdemokratin.

Sofortmaßnahmen werden in der nächsten Sitzungswoche beraten

Am Donnerstag kommender Woche will der Bundestag erstmals Gesetzentwürfe der Bundesregierung zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und zur Änderung des Wind des Windenergie-auf-See-Gesetzes und andere Vorschriften.beraten

Scheer bedauerte, dass Produktionsstätten erneuerbarer Energien aus Deutschland abwandern. In den Vergangenen Jahren seien so mehr als 100.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. "Hier muss aus der Perspektive einer Industrienation und eines Energiewendepionierlandes, das wir sind, dringend eine Kehrtwende eingeleitet werden, um Wertschöpfung zu sichern und Klimaschutz aktiv mitgestalten zu können."

Das behandeln die Berichte des Weltklimarats IPCC

🌍 Der aktuelle Bericht ist das dritte und letzte Kapitel des sechsten Sachstandsberichts des IPCC. Voraussichtlich im September wird ein Synthesebericht erscheinen, der die drei zusammenfasst.

👥 Im ersten Teil ging es um die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Erderwärmung. Dieser Teil verdeutlichte, dass der Klimawandel belegt und vom Menschen gemacht ist.

☀️ Der zweite Teil warnte, dass die Folgen der Klimakrise bereits jetzt verheerend sind - und schon bei 1,5 Grad Erderwärmung wohl dramatischer als vor wenigen Jahren angenommen.

🌳 Der dritte Teil wendet sich den Maßnahmen zu, um gegensteuern zu können, und beurteilt sie mit Blick auf Nutzen, Kosten, rasche Umsetzbarkeit.



Olaf in der Beek (FDP) schlug vor, die großen Herausforderungen als Chancen zu begreifen und sie mit dem anzugehen, "was Deutschland schon immer stark gemacht hat: mit der Innovationskraft und der Kreativität unserer Menschen." Der Weltklimarat empfehle, auch neueste Technologien zu nutzen. "Wir haben in Deutschland kluge Köpfe, denen diese Umsetzung gelingen wird". Viele Unternehmen seien schon weiter, als das im politischen Berlin angekommen sei. "Daher ist unsere Aufgabe vor allem, diese schon seit Langem begonnene ökonomische Umstellung" zu unterstützen.

Zu viel Gerede und zu wenig Handeln, kritisiert Die Linke

Nicht konsequent. zu viel Gerede und Zerreden, zu wenig verantwortliches Handeln - Ralph Lenkert (Linke) ging hart ins Gericht mit der deutschen Politik: "Und das Schlimmste: Wir handeln nicht, obwohl wir die letzten Generationen sind, die den Klimawandel eingrenzen können und müssen." Lenkerts Vorschläge: VW zwingen, Elektrobusse, Straßenbahnen und Wasserstoffzüge zu bauen; die Macht der Energiekonzerne brechen; ein Tempolimit verabschieden, Kurzstreckenflüge unter 500 Kilometern verbieten und Industriesubventionen an Auflagen zum Klimaschutz binden.

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Die AfD-Fraktion stellte sich in der Debatte wie in der Vergangenheit auch quer zum wissenschaftlichen Konsens zum menschengemachten Klimawandel und der Auffassung der übrigen Fraktionen. Karsten Hilse bezeichnete den IPCC-Bericht als "wissenschaftlich verbrämten Unsinn" eines "selbsterklärten Weltklimarates". "Weltuntergangspropheten, die grünen Kommunisten", wollten die Menschen mittels Angst "umerziehen". Sie würden die "Klimaideologie" dazu nutzen, "letztendlich sozialistisch-kommunistische Verhältnisse einzuführen", unterstellte Hilse.