Umbau der Nutztierhaltung : Die Ställe sollen Chefsache werden
Der Umbau der Tierställe wird in ein Bundesprogramm ausgelagert - der Start ist für 2023 vorgesehen.
Der Streit über den Umbau der Nutztierhaltung geht in die nächste Runde. Obwohl seit Jahren Vorschläge vorliegen, hat sich die Ampelkoalition im Haushalt 2023 nun auf eine Umschichtung der Mittel verständigt, damit mit der Umsetzung überhaupt einmal begonnen werden kann.
Von der Anfang des Jahres von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) angekündigten einen Milliarde Euro bis 2026 finden sich im aktuellen Etat nun 150 Millionen Euro. Die Summe soll noch aufgeteilt werden, so sind 100 Millionen Euro für Investitionsförderungen beim Stallbau vorgesehen sowie 50 Millionen Euro für laufende Kosten, die bei der Umstellung auf höhere Tierhaltungsstufen anfallen.
Und noch eine weitere Hürde kommt hinzu: Die Mittel können noch nicht ab Januar 2023 abgerufen werden, weil das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erst noch ein Konzept vorlegen muss, wie die Mittel ausgegeben werden sollen.
Umbau der Tierhaltung ist jetzt Bundessache
Mit dieser Regelung sind die Bundesländer vorerst aus der Verantwortung für die Mittelzuteilung heraus. Mit der nun vorliegenden Einigung liegt das Thema Umbau der Tierhaltung nun beim Bund, denn die Finanzierung wurde in ein Bundesprogramm ausgelagert.
Dabei war sich die Koalition vor einem Jahr, zu Beginn ihrer Amtszeit, einig, dass der Umbau der Tierhaltung Vorrang haben solle. Nicht nur im Koalitionsvertrag finden sich dazu Vereinbarungen. In seiner ersten Rede als Bundeslandwirtschaftsminister hatte Cem Özdemir Anfang Januar im Bundestag angekündigt, "dafür zu sorgen, dass Landwirte, Tiere und Verbraucher bessere Bedingungen bekommen".
Er sei nicht bereit, "ein ausbeuterisches System" weiter hinzunehmen, das auf Kosten von Menschen, Tieren, Umwelt und Klima gehe. Wer Tiere halte, der müsse sie auch schützen, es gehe nicht an, "Tiere an Ställe anzupassen, deshalb müssen wir die Tierhaltung umstellen", betonte der Grünenpolitiker damals.
Umstritten: die längerfristige Finanzierung für artgerechtere Ställe
Vor allem dielängerfristige Finanzierung für artgerechtere Ställe blieb umstritten - nicht nur zwischen den Ampelpartnern SPD, Grünen und FDP. Vor allem die Bundesländer standen und stehen der Finanzierung und der nun alleinigen Bundesverantwortung skeptisch gegenüber.
Denn bisher lief der Umbau der Tierhaltung über die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK), bei der die Länder stets mit einer verpflichtenden Kofinanzierung in Höhe von 40 Prozent dabei waren. Vor allem die fünf Länderagrarminister der Union hatten sich monatelang gegen Änderungspläne gestemmt und am Ende auch den Agrarminister Mecklenburg-Vorpommerns, den Sozialdemokraten Till Backhaus, auf ihre Seite ziehen können.
Innerhalb der Ampel-Fraktionen ist die Erleichterung nun groß, überhaupt eine Einigung gefunden zu haben. "Mit dem Gesamtpaket schaffen wir das, was die Menschen seit Jahren zurecht erwarten: mehr Tierschutz und gleichzeitig mehr Planungssicherheit", sagte Renate Künast, Sprecherin für Ernährung und Landwirtschaft der Grünen-Fraktion.
Kommission setzte 3,6 Milliarden an - jetzt gibt es 150 Millionen
Kritik hingegen kommt vor allem aus den Reihen der Unionsparteien. Josef Rief (CDU), als Berichterstatter für den Haushalt des BMEL zuständig, nannte die geplanten Mittel für den Stallumbau in Höhe von 150 Millionen Euro "unzureichend". Damit sei das Projekt Tierwohl durch Stallmodernisierung zum Scheitern verurteilt. Für den Umbau der 13 Millionen Schweinemastplätze in Deutschland würden alleine zehn Milliarden Euro benötigt.
Die Bundesregierung bleibe mit ihren Ergebnissen weit hinter dem zurück, was das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung, die Borchert-Kommission, bereits Anfang 2020 vorgelegt habe. Für den Umbau setzte die Kommission einen Förderbedarf für den Stallumbau von 3,6 Milliarden Euro bis zum Jahr 2040 an.
Und der Wissenschaftliche Beirat beim BMEL errechnete damals sogar, dass ein tiergerechter Stallumbau bis zu fünf Milliarden Euro pro Jahr kosten würde. Das Geld könnte auf verschiedenen Wegen beschafft werden, an Vorschlägen herrschte bereits damals kein Mangel. Im Gespräch waren die Mehrwertsteuer, eine Tierwohlabgabe oder eine Umschichtung der Fördermittel.