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Minister spricht von "sehr belastender Situation" : Maul- und Klauenseuche trifft Agrarbetriebe hart

Erstmals seit 1988 ist in Deutschland die Maul- und Klauenseuche (MKS) ausgebrochen. Erste Länder verhängen Importverbote, Tierhalter fordern Entschädigung.

17.01.2025
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4 Min

Die aktuellen Fälle der Maul- und Klauenseuche versetzen die Agrarbranche in große Sorge. Mit Beginn der Grünen Woche, dem wichtigsten Treffen von Landwirtschaft und Lebensmittelherstellern, wird über die wirtschaftlichen Folgen nach dem Ausbruch genauso diskutiert wie über Maßnahmen, um die hochansteckende Krankheit einzudämmen.

Übereinstimmend kündigten Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) und Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), an, die Agrarmesse auch dazu zu nutzen, mit den internationalen Partnern sowie mit politisch Verantwortlichen über drohende Handelsbeschränkungen sowie über mögliche Hilfen für betroffene Betriebe zu reden. Länder wie Großbritannien, Kanada, Mexiko und Südkorea haben seit dem MKS-Ausbruch den Import von Fleisch und Milch aus Deutschland untersagt.

Einziger Lichtblick: Keine Ausweitung der Sperrzonen in Brandenburg

Zwar habe die Europäische Kommission die von Brandenburg eingerichteten Sperrzonen bestätigt und damit keine Ausweitung des Sperrgebietes verlangt, das sei für Landwirte "ein Lichtblick in einer sehr belastenden Situation", sagte Özdemir. Mit der Entscheidung aus Brüssel könnten Fleisch und auch Milchprodukte, die außerhalb der Sperrzone erzeugt wurden, weiter in der EU gehandelt werden, jedoch gibt es große Zweifel, ob die internationalen Handelspartner deutsche Produkte abnehmen.

Foto: picture alliance/dpa/Hannes P Albert

Besorgter Minister Cem Özdemir: Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche und die Folgen für die Agrarbranche überschatten den Start der Grünen Woche.

In einer Sondersitzung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft zeigten sich die Abgeordneten sehr besorgt, auch weil weiter unbekannt ist, wie das Virus auf den Hof gelangen konnte und wann sich die Tiere infiziert haben. Bei dem infizierten Wasserbüffel aus Brandenburg habe das Friedrich-Löffler-Institut (FLI), das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, den MKS-Virus vom Serotyp O festgestellt. Ein absichtliches Einbringen des Virus in den Hof schließen die Experten aus. Vielmehr könne der Erreger durch Essensreste dorthin gelangt sein.

Von Seiten der SPD-Fraktion wurde die Herstellung und das Bereitstellen von Impfstoffen thematisiert. Für MKS-Viren geeignete Impfstoffe seien in der MKS-Antigenbank Deutschland vorhanden. Diese MKS-Antigenbank sei extra für Fälle wie den aktuellen Ausbruch eingerichtet worden.

Impfdosen könnten innerhalb weniger Tage produziert werden

Markus Schick, Leiter der Abteilung Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), betonte, dass 750.000 Impfdosen innerhalb weniger Tage produziert werden könnten. Der Stoff sei zwei Jahre haltbar und könne, wenn er nicht für den aktuellen Fall zum Einsatz käme, auch exportiert werden. Das Land Brandenburg müsse den Antrag stellen, doch das sei bisher noch nicht erfolgt.

Kritik am derzeitigen Krisenmanagement des Landes Brandenburgs übte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Dort verwies man auf TV-Berichte, wonach Journalisten auf dem Gelände des Nachbarhofs des betroffenen Unternehmens herumgelaufen seien. Bei einem derart hochansteckenden Virus und der Gefahr einer Verbreitung, sollten solche Termine erst einmal unterbleiben.

Ministerium kann wirtschaftlichen Schaden noch nicht beziffern

Die Fraktionen von CDU/CSU und FDP machten auf den wirtschaftlichen Schaden aufmerksam, der bereits entstanden sei. Auch wenn laut EU-Recht Warenlieferungen aus Ländern, in denen MKS regional auftrete, weiterhin frei handelbar seien, sehe das in der Realität anders aus. Der Handel würde Fleisch, Fleischprodukte, aber auch Milch und Milchprodukte nicht mehr nachfragen. Die Landwirte und die Hersteller blieben auf ihren Produkten sitzen. Es sei nicht geklärt, wer für den Schaden aufkomme, die Tierseuchenkasse werde wahrscheinlich nicht alle Schäden ersetzen.

Der Abgeordnete der AfD-Fraktion erkundigte sich nach der Höhe der Schäden. Das BMEL könne den wirtschaftlichen Schaden, der durch den Ausbruch entstanden ist, derzeit jedoch noch nicht beziffern. Der DBV hat bekannt gegeben, dass das Umsatzvolumen deutscher Landwirtschaftsbetriebe mit tierischen Produkten in Drittländer bei fünf Milliarden Euro pro Jahr liege.

Von Seiten der Gruppe Die Linke kam der Hinweis, der Seuchenausbruch sei bisher regional, bei Tierseuchen wie beispielsweise der Afrikanischen Schweinepest (ASP) habe man Möglichkeiten gefunden, dass der Handel aus unbelasteten Regionen fortgesetzt werden konnte.

Tests ergaben bisher keine weiteren MKS-Befunde in Brandenburg

Bei der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche hält sich die Landesregierung in Brandenburg nach eigenem Bekunden strikt an EU-Recht. Als am 10. Januar der MKS-Ausbruch in der Wasserbüffelherde in Hönow, Landkreis Märkisch-Oderland, bekannt wurde, sei sofort der Transport von Klauentieren untersagt worden. Das Verbot dauert bis zum 18. Januar. In einem Radius von einem, drei und zehn Kilometern um den Infektionsherd wurden Schutz- beziehungsweise Überwachungszonen eingerichtet.

Laut EU-Recht sind Tiere in Schutzzone I zu töten und zu entsorgen. Das betraf die positiv getestete Wasserbüffelherde in Hönow sowie 200 Schweine im Landkreis Barnim. Bei den Schweinen fiel der Test negativ aus. Ebenfalls getötet wurden Tiere in Schöneiche, weil dorthin Futtermittel vom Büffelhof gebracht worden waren. Die Tests an allen Klauentieren in der Schutzzone II sind abgeschlossen, allerdings liegen die Untersuchungsergebnisse noch nicht vollständig vor. Die Entnahme von Proben in der Zehn-Kilometerzone laufen noch. Die Untersuchungen haben bisher keine weiteren positiven MKS-Befunde erbracht.

Im benachbarten Berlin bleiben der Zoo und der Tierpark vorsorglich geschlossen. Auf der Grünen Woche, die vom 17. bis 26. Januar dauert, werden in diesem Jahr keine Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen oder Alpakas ausgestellt.

Grüne Woche 2024

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Ortstermin auf der Grünen Woche: Landwirtschaftsmesse als politisches Barometer
Bei einem Rundgang auf der Grünen Woche in Berlin haben Mitglieder des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft die Stimmung in der Branche zu spüren bekommen.