Folgen des Klimawandels : Bundestag beschließt Klimaanpassungsgesetz
Bund, Länder und Kommunen sollen Klimaanpassungsstrategien erarbeiten und sich gegen Wetterextreme rüsten. Doch wer die Kosten dafür trägt, ist offen.
Es ist nicht so, dass einzelne Länder und Kommunen nicht bereits angefangen hätten, sich gegen die Folgen des Klimawandels wie häufigere Hitzewellen, Dürren und Unwetter zu wappnen. Mancherorts werden bereits Parkplätze entsiegelt, dürreresistentere Bäume gepflanzt oder Hausdächer begrünt, um sogenannten Hitzeinseln in Innenstädten vorzubeugen. In Ludwigsburg bei Stuttgart etwa, einer Region, die zu den wärmsten und dicht besiedelten in Deutschland gehört, richtete die Stadt bereits 2014 ein "grünes Zimmer" am Rathausplatz ein: Entstanden ist ein von begrünten Wänden und blühenden Laubengängen begrenzten Bereich, in dem es sich an heißen Tagen besser aushalten lässt.
Klimaanpassungskonzepte in Kommune mehr Ausnahme als Regel
Städte wie Dortmund und Delitzsch renaturieren Flussauen und Wallgräben zum Schutz vor Hochwasser. Und in Berlin arbeiten Senat und Bezirke seit 2016 daran, die Hauptstadt zur "Schwammstadt" umzubauen, mit unterirdischen Regenwasserspeichern und abflusslosen Wohnquartieren, in denen Wasser vor Ort versickern kann. Doch solche Beispiele sind noch die Ausnahme. Nur in etwa 15 bis 20 Prozent der Kommunen existieren laut Bundesumweltministerium konkrete Klimaanpassungskonzepte.
Was regelt das Klimaanpassungsgesetz?
Rahmen geschaffen: Erstmalig gibt es einen Rahmen für die Klimaanpassung auf allen Verwaltungsebenen.
Pflicht zur Vorsorge: Bund, Länder und Kommunen sind verpflichtet, Anpassungsstrategien zu erarbeiten. Die Bundesregierung soll ihre spätestens bis Herbst 2025 vorlegen. Länder und Kommunen haben bis Anfang 2027 Zeit.
Neues Berücksichtigungsgebot: Träger öffentlicher Aufgaben sollen das Ziel der Klimaanpassung bei Planungen und Entscheidungen beachten.
Ein "faires Angebot" an alle Verantwortungsträger sei das Gesetz, trat auch Muhanad Al-Halak (FDP) Vorhaltungen entgegen. Trotz anderer Herausforderungen dürfe die Klimaanpassung nicht vernachlässigt werden, erinnerte er. Sturzfluten, Hitze und Dürre kosteten Leben und Existenzen. Die Anstrengung der Klimaanpassungen sei es wert: Milliarden an Folgekosten ließen sich vermeiden.
Axel Escheverria (SPD) unterstrich zudem, dass der Bundestag mit dem Gesetz der Pflicht nachkomme, gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland herzustellen. Dazu gehöre auch, dass sich alle Kommunen Klimaanpassung leisten könnten. Bund und Länder müssten die Finanzierung über eine Gemeinschaftsaufgabe sicherstellen, forderte er. Die Sicherheit der Bürger dürfe nicht von "ihrer Postleitzahl abhängen."
Bis Januar 2027 Klimanpassungsstrategien erarbeiten
Das wird sich künftig ändern: Der Bundestag hat am Donnerstag das von der Bundesregierung vorgelegte Bundes-Klimaanpassungsgesetz mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen beschlossen. Union und AfD votierten bei Enthaltung der Linksfraktion dagegen. Damit müssen Länder und Kommunen bis spätestens Januar 2027 Klimanpassungsstrategien und -konzepte erarbeiten. Der Bund unterstütze das auch finanziell, erklärte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) in der Debatte. Die Bundesregierung verpflichte sich, außerdem eine "vorsorgende Klimaanpassungsstrategie zu verfolgen". Bis spätestens Herbst 2025 soll sie vorliegen. Mit dem Gesetz schaffe die Bundesregierung erstmalig einen strategischen Rahmen für die "essentiell" notwendige Klimaanpassung.
Dies werde Kosten verursachen, räumte Lemke ein, wie immer liege auch hier "die Krux" in der Finanzierung. Doch der fortschreitende Klimawandel lasse keine andere Wahl. Es brauche Gegenmaßnahmen, ohne "wären die Kosten um ein Vielfaches höher".
Experten mahnen: Für eine verlässliche Finanzierung sorgen
Doch so einhellig die Zustimmung von Experten, die in einer öffentlichen Anhörung durch die Bank das Ziel des Gesetzes begrüßt hatten, so unmissverständlich war auch die Mahnung, Bund und Länder müssten für eine verlässliche Finanzierung der Klimaanpassungsmaßnahmen sorgen. Auch brauche es die bundeseigene Strategie früher als bis zum Ende der Wahlperiode, so die Einschätzung vieler Experten.
Kritik, an die die Opposition in der Debatte anknüpfte: Steffen Bilger (CDU/CSU) nannte das Gesetz einen "bürokratischen Torso ohne Inhalt", das keinerlei Antworten gebe, auf welche konkreten Maßnahmen die Ampel setzen und wie sie diese bezahlen wolle. Stattdessen enthalte es viel unnötige Bürokratie und juristisch angreifbare Formulierungen wie etwa die zum sogenannten Berücksichtigungsgebot.
Auch Andreas Bleck (AfD) verlangte, erst die Finanzierung sicherzustellen, bevor man Länder und Kommunen neue Pflichten auferlege. Denen sei ohnehin mehr geholfen, wenn Geld nicht in "sinnlose Klimaschutzmaßnahmen", sondern gleich in die Klimaanpassung oder in den Bevölkerungsschutz fließen würde.
Wachsender Flächenverbrauch: Linke drängt auf zügiges Handeln
Entscheidungen "wortgewandt" zu vertagen, warf Ralph Lenkert (Linke) der Bundesregierung vor. Es müsse zügig gehandelt werden, drängte er und verwies etwa auf den wachsenden Flächenverbrauch in Deutschland. Versiegelte Flächen heizten sich schneller auf und verhinderten die Grundwasserneubildung. "Und trotzdem bekommen Kommunen mehr Fördermittel für Pflaster als für neue Grünanlagen."
Harald Ebner (Grüne) erwiderte die Kritik mit dem Verweis auf das vorgesehene Berücksichtigungsgebot. Es verpflichte öffentliche Träger, bei allen Planungen und Entscheidungen die Klimaanpassung zu berücksichtigen, um neue Schäden zu vermeiden. Die Entsiegelung von Böden werde hier explizit genannt, so Ebner. Das Gesetz betone die Klimaanpassung als "Teil der Daseinsvorsorge."