Anpassung an den Klimawandel : Gerüstet für Extremwetter
Bund, Länder und Kommunen sollen Strategien zur Anpassung an den Klimawandel vorlegen. Die Opposition kritisiert den von der Bundesregierung vorgegebenen Zeitplan.
Hitze, Dürre, Starkregen: Wetterextreme nehmen durch die globale Erderwärmung auch in Deutschland zu. Das hat gravierende Auswirkungen für Umwelt, Natur, Gesundheit und Wirtschaft. Allein in den Jahren 2000 und 2001 entstanden durch Extremwetter Schäden in Höhe von fast 145 Milliarden Euro. Laut einer Studie, die Forscher im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz erarbeitet haben, könnten bis 2050 durch Wetterextreme und Klimaschäden Kosten in Höhe von bis zu 900 Milliarden Euro drohen. Zu den Klimafolgekosten gehörten auch immaterielle Schäden wie gesundheitliche Beeinträchtigungen, Todesfälle, die Belastung von Ökosystemen oder der Verlust der Artenvielfalt, heißt es in der im März vorgestellten Untersuchung.
Schäden, denen bislang nur unzureichend vorgebeugt wird: Zwar rechnen nahezu alle Kommunen und Landkreise landauf landab mit immer häufiger auftretenden Wetterextremen und hohen Folgekosten, wie Befragungen zeigen. Jedoch sind die wenigsten vorbereitet: Erst 15 bis 20 Prozent der Kommunen haben dem Bundesumweltministerium zufolge Klimaanpassungskonzepte erstellt.
Bundes-Klimaanpassungsgesetz soll den Rahmen setzen
Das soll sich ändern: Künftig soll es nach dem Willen von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) in Bund, Ländern und Kommunen Strategien zur Abmilderung der Klimafolgen geben. Mit dem Entwurf für ein Bundes-Klimaanpassungsgesetz setze die Bundesregierung den Rahmen für eine "vorsorgende Klimaanpassung auf allen Verwaltungsebenen", erklärte die Ministerin nach der Verabschiedung des Entwurfs im Kabinett Mitte Juli. Vorgesehen ist darin auch ein Berücksichtigungsgebot. Beim Planen und Entscheiden sollen öffentliche Träger demnach Auswirkungen des Klimawandels, wie etwa mögliche Überschwemmungen, beachten.
Eine längst überfällige Reaktion, befand Harald Ebner (Grüne), als der Bundestag den Gesetzentwurf am Donnerstag erstmalig debattierte: Man könne es sich weder leisten, noch sei es den Menschen zuzumuten, Katastrophen weiter zuzuschauen und hinterher "unfassbare Schäden zu kompensieren". Das "Vorsorge-Gebotsgesetz" stärke die Klimaanpassung als "untrennbaren Teil der Daseinsvorsorge". Kommunen als "der Ort der Daseinsvorsorge" seien gefordert, sich gegen Klimarisiken besser zu wappnen.
Eine eigene Klimaanpassungsstrategie des Bundes ist indes nicht Teil des Gesetzes. Sie will die Bundesregierung laut Entwurf bis Ende 2025 erarbeiten.
Opposition: Gesetz und Strategie kommen viel zu spät
Für die Opposition, die den Zeitplan heftig kritisierte, ein Unding: Es sei nicht einzusehen, weshalb eine Strategie erst am Ende der Wahlperiode vorliegen solle, monierte Ralph Lenkert (Linke). Hitzewellen häuften sich, konkrete Maßnahmen brauche es sofort: Hinweise zur Abkühlung von Patienten oder Bauvorschriften, die Temperaturen von 40 Grad berücksichtigten, nannte Lenkert als Beispiele. "Aber Sie als Ampel können oder wollen nichts Konkretes vorlegen."
Schon das Rahmengesetz komme spät, hielt auch Anja Weisgerber (CDU) der Koalition vor. Zwei Jahre sei es her, dass bei der Flutkatastrophe im Ahrtal Menschen ihr Hab und Gut und sogar Angehörige verloren hätten. Schon im Koalitionsvertrag habe sich die Ampel auf ein Klimaanpassungsgesetz geeinigt. Weshalb die Umsetzung so lange gedauert habe, sei "unbegreiflich", so die umweltpolitische Sprecherin der Union. Das Rahmengesetz sei dennoch richtig: Länder und Kommunen komme eine "Schlüsselrolle" zu, Hitzeaktionspläne zu erarbeiten, Hitzeinseln zu vermeiden und Schwammstädte zu errichten. Zusätzliche Bürokratie sei dabei hinderlich. Die geplanten Berichtspflichten solle die Regierung streichen, forderte sie.
Verfassungsrechtliche Bedenken äußerte die AfD: Es gebe ein "Durchgriffsverbot" des Bundes gegen die Länder, sagte Andreas Bleck. Ländern könnten nur Aufgaben übertragen werden, wenn das Konnexitätsprinzip eingehalten werde. "Das bedeutet: Wer bestellt, zahlt." Mit dem Klimaanpassungsgesetz verpflichte der Bund Länder und Kommunen zur Erstellung von Risikoanalysen und Anpassungskonzepten. Den "nicht unerheblichen finanziellen Aufwand" decke aber die vom Bund in Aussicht gestellte finanziell Förderung nicht, sagte Bleck. "Alle sind für Klimaanpassung, doch keiner ist dafür, den finanziellen Aufwand zu zahlen."
Dem widersprach Muhanad Al-Halak (FDP) entschieden: Der Bund verstehe die Finanzierung der Klimaanpassung durchaus als Gemeinschaftsaufgabe. Die Einhaltung der Zuständigkeiten sei dabei jedoch fundamental wichtig: Der Bund komme seiner Aufgabe durch "eine Vielzahl von Förderprogrammen" bereits nach, erklärte der Abgeordnete. "Vollzug und Finanzierung" der Maßnahmen vor Ort müssten klar Aufgabe der Länder bleiben. Für die Ausgestaltung lasse das Gesetz Ländern und Kommunen viel "Spielraum".
Milliarden-Investitionen in den Umbau der Städe erforderlich
Die Frage, wie die Kosten der Klimaanpassung gedeckt werden sollen, ist tatsächlich eine zentrale für die Kommunen: Der Geschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, spricht von einer "Mammutaufgabe für Jahrzehnte": Es gehe um nichts weniger als den Umbau der Städte. Dieser erfordere massive Investitionen, welche die Städte nicht allein stemmen könnten. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) verweist zudem auf Expertenschätzungen, wonach für die Klimaanpassung bis 2030 mindestens 55 Milliarden benötigt würden. Erst kürzlich plädierte er für die Schaffung einer neuen Gemeinschaftsaufgabe Klimaschutz und Klimaanpassung nach dem Vorbild der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz.
Eine Forderung, die Axel Echeverria (SPD) im Bundestag aufgriff: Es brauche eine dauerhafte gemeinsame Finanzierung von Bund und Ländern. Die Kommunen dürften mit den Mehrbelastungen nicht allein gelassen werden, unterstrich er. Denn: "Ob die Klimaanpassung in Deutschland gelingt, wird sich in den Kommunen entscheiden."