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Ein Jahr nach der Einführung : Ist das Deutschlandticket eine echte Alternative?

Eine Flatrate für Bus und Bahn nützt wenig, wenn ländliche Gebiete schlecht angebunden sind. Unklar bleibt zudem, wie viel das Deutschlandticket künftig kosten wird.

16.07.2024
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3 Min

Seit rund einem Jahr gibt es das Deutschlandticket, mit dem bundesweit für 49 Euro im Monat der komplette regionale Bus- und Bahnverkehr genutzt werden kann. Es wurde als Nachfolger des während der Corona-Pandemie zeitlich begrenzten Neun-Euro-Tickets eingeführt. Bislang sind die Nutzerzahlen nicht schlecht, doch ist das Ticket eine echte Alternative zum Auto; besonders in den Regionen, in denen der öffentliche Nahverkehr schlecht ausgebaut ist?

Foto: picture alliance/photothek/Florian Gaertner

Fährt oft nur wenige Male am Tag: der Bus auf dem Land.

Laut der Bilanz für das Jahr 2023, die Anfang Mai veröffentlicht wurde, haben 20 Millionen Menschen im vergangenen Jahr mindestens einmal das Deutschlandticket besessen. Das heißt, dass die Gesamtzahl der verkauften Tickets sogar noch deutlich höher sein könnte, da viele Nutzerinnen und Nutzer das Ticket über einen längeren Zeitraum verwenden. Im Schnitt kündigen rund sieben Prozent der Fahrgäste das Abo jeweils zum Monatsende.

Arbeitgeber subventionieren Deutschland-Jobtickets

Zudem sind 17 Prozent der länger genutzten Deutschlandtickets sogenannte Deutschland-Jobtickets; diese haben das klassische, vom Arbeitgeber bis maximal zur Hälfte subventionierte Jobticket abgelöst. Doch laut aktuellen Zahlen kommen nur 21 Prozent der Abonnentinnen und Abonnenten aus dem ländlichen Raum. Insgesamt leben aber rund 57 der Bevölkerung auf dem Land.

Nutzen sie das Ticket also tatsächlich weniger als die Stadtbevölkerung? Das hängt ganz von der (einfachen) Verfügbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel ab, ohne die ein noch so günstiges Deutschlandticket kaum Sinn ergibt.

In Ludwigslust-Parchim kommt der "Ruf-Bus" auf Bestellung

Der "Spiegel" berichtete über einen Landkreis in Mecklenburg-Vorpommern, der belegt, dass sich eine ländliche Region und gelingende öffentliche Mobilität nicht widersprechen müssen: In Ludwigslust-Parchim kommt auf Bestellung ein Rufbus. In dem elektrischen Minivan ist ein Sitzplatz garantiert, was insbesondere für ältere Bürger ein wichtiges Argument sein dürfte. Das Prinzip ähnelt dem eines Taxis, ist aber für die Fahrgäste viel billiger: Statt teurem Kilometergeld zahlen sie pro Fahrt nur einen Euro Aufpreis, wenn sie im Besitz eines Deutschlandtickets sind.

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Dem "Spiegel" sagten Vertreter mehrerer ländlicher Regionen, dass sie seit der Einführung des Neun-Euro-Tickets und dann des Deutschlandtickets einen Zuwachs an Fahrgästen im öffentlichen Nahverkehr verzeichnen. So habe es beim Verkehrsbund Ems-Jade in Ostfriesland im Jahr 2023 einen "erheblichen Anstieg" bei den Fahrgastzahlen gegeben; durchschnittlich seien fast 6.000 Fahrgäste mit dem Deutschlandticket unterwegs, die Busse seien spürbar voller.

Von einer Steigerung der Fahrgastzahlen von rund einem Drittel außerhalb des Schülerverkehrs berichtet das Busunternehmen FriBus im Westerwald. Dort zählt man seit der Einführung des Deutschlandtickets rund fünf Prozent mehr Fahrgäste.

Doch nicht überall auf dem Land blickt man so positiv auf das Projekt. Neben der im Vergleich zur Stadt geringeren Attraktivität für die Bewohner ist einigen Kommunen vor allem ein Punkt ein Dorn im Auge: die Finanzierung.

Stendal probt den Aufstand

Ende vergangenen Jahres machte die Kommune Stendal in Sachsen-Anhalt von sich reden, als es dort hieß, man wolle das Deutschlandticket innerhalb der eigenen Grenzen abschaffen. Die dortige Verwaltung hatte Sorge, auf den Kosten für das Deutschlandticket sitzen zu bleiben. Der Kreistag beschloss, das Ticket in den eigenen Bussen nicht mehr anzuerkennen. Nach einigen Wochen Hin und Her versprach das Land Sachsen-Anhalt mehr finanzielle Mittel, der Kreistag in Stendal zog daraufhin den Beschluss wieder zurück.

Dabei ist die Finanzierung, zumindest über das Jahr 2025 hinaus tatsächlich noch nicht klar. Bis dahin subventionieren Bund und Länder das Projekt mit drei Milliarden Euro, wobei die Hälfte der Mittel vom Bund kommt, die andere Hälfte von den Bundesländern.

Preis von 49 Euro ist nicht sicher

Zwar waren die Verkehrsminister der Länder Anfang des Jahres noch optimistisch, dass zumindest in diesem Jahr der Preis des Tickets bei 49 Euro bleibt, doch wie viel das Deutschlandticket ab 2025 kosten soll, ist noch nicht klar. So soll es auch zu dem Namen des Neun-Euro-Ticket-Nachfolgers gekommen sein: Wäre der beim 49-Euro-Ticket geblieben, wäre das mit einer vielleicht künftigen Preissteigerung schlecht überein gegangen.

Darüber hinaus ist auch nicht sicher, ob es über das Jahr 2025 hinaus überhaupt ein Deutschlandticket geben wird. Während die Verkehrsminister der Länder auf einen zehnjährigen Finanzierungsplan dringen, der die bisherige Fördersumme von drei Milliarden Euro festschreibt, gibt es dafür noch keine Zusage vom Bund.