Ampel-Pläne für Wohngeld Plus : Bauministerin Geywitz spricht von großem Kraftakt
Die Koalition will das Wohngeld für Geringverdiener ausweiten und einen zweiten Heizkostenzuschuss gewähren. Von der Opposition kommt deutliche Kritik.
Mit mehr Wohngeld für mehr Haushalte und einem weiteren Heizkostenzuschuss will die Bundesregierung Geringverdiener angesichts steigender Wohnkosten entlasten. Zwei dazu von ihr vorgelegte Gesetzentwürfe (20/3936, 20/3884) hat der Bundestag am vergangenen Donnerstag nach rund 70-minütiger Debatte zur Beratung an den Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen überwiesen.
"Die hohen Energiepreise treffen diejenigen am härtesten, die ohnehin mit sehr wenig Geld auskommen müssen", betonte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). Mit den Maßnahmen, beide Teil des dritten Entlastungspakets der Bundesregierung, setze die Koalition zielgerichtet bei den Wohnkosten an.
Für Menschen mit wenig Einkommen soll es angesichts steigender Energiekosten mehr staatliche Hilfe geben.
Konkret plant die Bundesregierung, Wohngeldempfängerinnen und -empfängern für die Heizperiode von September bis Dezember 2022 einmalig einen zweiten Heizkostenzuschuss zu zahlen. Ab dem 1. Januar 2023 soll dann das neue "Wohngeld plus" mit deutlich höheren Zuschüssen zur Miete und einem stark ausgeweiteten Empfängerkreis greifen. Statt bisher rund 180 Euro im Monat sollen Berechtigte fast das Doppelte bekommen, nämlich rund 370 Euro pro Monat. Die Zahl der anspruchsberechtigten Haushalte soll sich mehr als verdreifachen, von 600.000 auf zwei Millionen. Darüber hinaus schlägt die Bundesregierung die Einführung einer dauerhaften Heizkostenkomponente vor sowie einer ebenfalls dauerhaften Klimakomponente, mit der Mieterhöhungen aufgrund von energetischen Gebäudesanierungen abgefedert werden sollen.
Union: "Die Kommunen wissen nicht, wo Ihnen der Kopf steht"
Die Bauministerin sprach von einem "großen Kraftakt", die Auszahlung werde "einige Zeit in Anspruch nehmen". Indirekt ging Geywitz damit auf die Appelle der Kommunen ein, deren Wohngeldstellen für die Bearbeitung der zu erwartenden Antragsflut zuständig sind: Wegen des Personalnotstands in den Verwaltungen könne das neue Wohngeld kaum zum Jahresanfang 2023 an alle ausgezahlt werden, warnen die Spitzenverbänden seit Wochen.
"Die Kommunen wissen nicht, wo ihnen der Kopf steht", stellte auch Jan-Marco Luczak (CDU) fest. Die Koalition habe die überfällige Reform viel zu spät auf den Weg gebracht. Er monierte außerdem handwerkliche Mängel im Entwurf, etwa bei der Mietstufen-Definition, die für die Bemessung der maximal zu bezuschussenden Miete oder der Belastung wichtig ist. Die Klimakomponente nannte Luczak eine "Mogelpackung", da der energetische Zustand des Gebäudes für die Auszahlung keine Rolle spielen solle. Er forderte die Bundesregierung auf, in diesen und anderen Punkten nachzubessern.
Linke fordert Mietendeckel
Caren Lay, deren Fraktion Die Linke sich seit langem für eine Wohngeldreform einsetzt, nannte es unter anderem "inakzeptabel", dass die Bundesregierung eine Wohnkostenbelastung von 40 Prozent zum Maßstab für den Anspruch auf Wohngeld mache. "Niemand sollte mehr als 30 Prozent seines Einkommens fürs Wohnen ausgeben müssen", betonte sie. Die grundsätzlichen Probleme auf dem Wohnungsmarkt, "Mietenwahnsinn und Spekulation" durch private Konzerne, könne allerdings auch keine Wohngeldreform lösen. Hierfür müsste die Bundesregierung endlich einen bundesweiten Mietendeckel einführen.
Roger Beckamp (AfD) warf der Koalition indes eine "selbst verschuldete Knappheit" in den Bereichen Wohnen, Bauen und Energie vor. Indem sie immer mehr Anreize für die Flucht von "Millionen Menschen" nach Deutschland setze, werde der Wohnraum für die Menschen hierzulande immer knapper und teurer. "Früher brauchte die Mittelschicht kein Wohngeld", urteilte Beckamp, heute erhalte sie es als "Sozialkosmetik".
Laut Verena Hubertz (SPD) ist der Koalition "bewusst, dass wir mit dem Wohngeld nur ein Symptom bekämpfen". Sie werde daher auch die Wurzeln des Problems der steigenden Wohnkosten anpacken. Das von Geywitz initiierte "Bündnis für bezahlbares Wohnen" habe dazu bereits gute Vorschläge gemacht.
Für mehr Sozialwohnungen, eine neue Wohngemeinnützigkeit und eine energetische Ertüchtigung der Gebäude als Schutz vor weiteren Preissteigerungen warb Julia Verlinden (Bündnis 90/Die Grünen). Sie räumte ein, dass der Staat mit dem Wohngeld "indirekt auch die viel zu hohen Mieten in unserem Land finanziert". Daniel Föst (FDP) ergänzte, der Staat könne "nicht auf Dauer einen großen Teil der Gesellschaft beim Bauen und Wohnen subventionieren". Das Wohngeld müsse verbessert werden, aber: "Wir müssen auch schneller und günstiger bauen".