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Der Untersuchungsausschuss befasst sich seit September 2022 mit den Geschehnissen im Zusammenhang mit dem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan.

Untersuchungsausschuss Afghanistan : Die Angst der Beamten vor einem Kontrollverlust

Zeugen aus dem Bundesinnenministerium verteidigen das Zögern des Hauses beim Ausfliegen der Ortskräfte aus Afghanistan. Die Sicherheit gehe vor, betonten sie.

30.05.2023
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2 Min

In seiner 38. Sitzung hat der Afghanistan-Untersuchungsausschuss vergangene Woche erstmals Zeugen aus dem Bundesministerium des Inneren (BMI) und dem Bundesnachrichtendienst (BND) befragt. Insbesondere das BMI hatten in früheren Sitzungen mehrere Zeugen aus anderen Ministerien für die Verzögerungen beim Ausfliegen der Ortskräfte aus Afghanistan verantwortlich gemacht. Über die Gründe dafür sprach nun der dortige Referatsleiter Visa- und Einreisepolitik: Beim Ortskräfteverfahren, sagte er, müsse immer geklärt werden, wer überhaupt berechtigt ist, am Programm teilzunehmen. Außerdem müssten alle Personen, die in Deutschland aufgenommen werden wollten, sicherheitsüberprüft werden. Umso mehr, wenn sie "aus einem Land wie Afghanistan kommen".

Daher habe sein Referat Bedenken geäußert, als andere Ressorts den Prozess beschleunigen wollten. So habe zum Beispiel das Auswärtige Amt (AA) vorgeschlagen, die Ortskräfte zunächst auszufliegen, um ihnen das Visum an der Grenze auszustellen. Das könne die Bundespolizei in Einzelfällen machen. Diese Visa-on-Arrival-Prozedur sei aber nicht als Programm durchzuführen. "Das wäre eine Aktion ins Blaue", urteilte der BMI-Beamte. Denn dann käme eine unbekannte Zahl von Menschen an die deutsche Grenze. Die Flughäfen in Deutschland seien darauf nicht vorbereitet. Und es wäre eine Zumutung gewesen, Tausende Menschen mit ihren Kindern acht Stunden lang an der Grenze warten zu lassen.

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Ein solcher Prozess hätte, nach Meinung des BMI-Vertreters, einen unkontrollierten Zuzug aus Afghanistan nach sich ziehen können. Die Einreisenden könnten nicht geprüft werden. Wäre später festgestellt worden, dass sie ein Sicherheitsrisiko für Deutschland seien, hätte man sie nicht zurückzuschicken können. Man habe im BMI alles getan, um in dieser komplexen Situation Lösungen zu finden, versicherte der Zeuge. Jedoch hätten die Interessen der Betroffenen mit den sicherheits- und migrationspolitischen Interessen Deutschlands in Einklang gebracht werden müssen.

BND sieht keine Fehler bei der Analyse

Auch der BND-Zeuge betonte, dass sein Dienst gute Arbeit geleistet habe. Nachdem der öffentliche Druck in Deutschland in den Chaostagen nach dem Einmarsch der Taliban in Kabul zu groß geworden sei, sei er vom Präsidenten beauftragt worden, zu überprüfen, ob der Geheimdienst Entwicklungen übersehen habe. Sein Fazit am Ende der internen Revision: Der BND habe alles richtig analysiert. Lediglich die Prognose zur zeitlichen Entwicklung sei falsch gewesen.

Genau das hat aber zu falschen Annahmen in anderen Ressorts geführt - mit teilweise katastrophalen Folgen für die Ortskräfte.