Deutliche Kritik am Doha-Abkommen : Ein Pakt auf Kosten anderer
Der frühere Außen-Staatssekretär Miguel Berger macht die USA verantwortlich, mit dem 2020 geschlossenen Abkommen eine Schieflage geschaffen zu haben.
Miguel Berger spricht offen, nimmt kein Blatt vor dem Mund. Vor dem 1. Untersuchungsausschuss Afghanistan des Bundestages kritisierte der ehemalige Staatssekretär im Auswärtigen Amt (AA) das Doha-Abkommen, das die USA mit den Taliban unterzeichnete, und prangerte die Abhängigkeit von der "führenden Nation" - namentlich der USA - in Auslandseinsätzen an. Der Ausschuss, der die Ereignisse zwischen dem Doha-Abkommen im Februar 2020 und der militärischen Evakuierung aus Kabul Mitte August 2021 untersucht, hörte den Ausführungen Bergers am Donnerstag aufmerksam zu. Nicht viele Zeugen, die seit mehr als zwei Jahren angehört werden, hatten so offen gesprochen.
Doha-Abkommen untergrub Bemühungen Deutschlands
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump und vor allem sein Afghanistan-Sonderbeauftragter Zalmay Khalilzad hätten mit dem Doha-Abkommen, das sie auf Kosten anderer Verbündeter mit den Taliban unterzeichnet hätten, eine "Schieflage" geschaffen, stellte Berger fest. Die Bemühungen Deutschlands, den Abzug mit Fortschritten in innerafghanischen Verhandlungen zu koppeln, seien aber auch am neuen US-Präsidenten Joe Biden gescheitert.
Berger bemängelte den Informationsaustausch mit den USA. Sie hätten weder die Verbündeten über den Zustand der afghanischen Streitkräfte richtig informiert, noch hätten sie sie zeitig in ihre Evakuierungspläne eingeweiht. Man sei bei solchen Einsätzen von der Führungsnation abhängig. "Ohne die Amerikaner wäre überhaupt nichts möglich gewesen, nicht einmal die Evakuierung hätten wir so hinbekommen", sagte Berger.
Zeugin: Bei der Evakuierung zu langsam gehandelt
Für das Bundesinnenministerium (BMI), dass das vom AA geforderte Visa-on-Arrival-Verfahren (VoA) stets ablehnte, zeigte der Ex-Staatssekretär jedoch Verständnis. Das BMI habe sich Sorgen um die Sicherheit Deutschlands gemacht. Auf die Frage, ob im AA falsche Entscheidungen getroffen worden seien, antwortete Berger mit einem klaren "Nein".
Anders seine Kollegin, die ehemalige Staatssekretärin im AA, Antje Leendertse: Sie betonte in ihrer Erklärung, im Nachhinein müsse selbstkritisch gesagt werden, man habe bei der Evakuierung zu langsam gehandelt. Aus ihrer Sicht sei die Visumvergabe wegen mangelnden Kapazitäten beim Ortskräfteverfahren das größte Problem gewesen und das BMI habe, zumindest auf Arbeitsebene, mögliche Alternativen blockiert.