Internationale Polizeimissionen : Weniger deutsche Polizisten in Auslandseinsätzen
Im Bundestag werben Vertreter von Koalition und Opposition für eine stärkere Beteiligung deutscher Polizisten an internationalen Missionen.
Im Jahr 2021 hat sich Deutschland noch mit 137 Polizisten von Bund und Ländern sowie Beamten der Bundeszollverwaltung an internationalen Friedensmissionen der Vereinten Nationen und der EU beteiligt, 2022 waren es nur noch 90. Dies geht aus dem als Unterrichtung vorliegenden "Bericht über das deutsche Engagement beim Einsatz von Polizistinnen und Polizisten in internationalen Polizeimissionen 2022" hervor, über den der Bundestag am Donnerstagabend debattierte. Als Gründe für den Rückgang nennt die Bundesregierung darin die Beendigung der Aktivitäten des "German Police Project Team" in Afghanistan und Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Autoritäre Regierungen erschweren die Arbeit
Danach kann die Bundesregierung in Anbetracht der gegenwärtigen geopolitischen Lage nicht mit Sicherheit sagen, ob die Beteiligung an internationalen Polizeimissionen quantitativ ausgebaut oder beibehalten werden kann. Die Etablierung großer friedenssichernder Missionen der Vereinten Nationen, in denen mehrere hundert individuelle, nicht in Einheiten entsandte Polizisten eingesetzt sind, gehöre aufgrund der aktuellen Situation im UN-Sicherheitsrat der Vergangenheit an, heißt es in der Vorlage. Darüber hinaus werde die Arbeit der Missionen, insbesondere durch zunehmend autoritäre und häufig stark militärisch geprägte Regierungen in den Einsatzländern, immer mehr erschwert - bis hin zu der Aufforderung von Gastländern, die Tätigkeit von Missionen einzustellen.
Auch der Einsatz in EU-Missionen werde künftig höhere Anforderungen an die eingesetzten Polizisten stellen, schreibt die Bundesregierung weiter. Polizeiliche Fachexpertise in hochspezialisierten Bereichen wie Abwehr hybrider Bedrohungen und Gefahren im Cyberbereich, bei der Bekämpfung von Terrorismus sowie Schwerer und Organisierter Kriminalität werde auch und gerade in Deutschland benötigt. Daher sei es "erforderlich, neue Wege bei der Entsendung zu gehen".
Deutsche Beteiligung seit 35 Jahren
In der Debatte verwies die Parlamentarische Innen-Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) darauf, dass sich Deutschland seit 35 Jahren mit Polizisten an internationalen Friedensmissionen beteilige. Seitdem seien mehrere tausend von ihnen in solchen Einsätzen gewesen. An diesen beteiligten sich seit 30 Jahren auch Polizisten der Bundesländer, die mittlerweile einen Großteil des entsprechenden Personals stellten. 2023 seien die Missionen in Mali und im Sudan beendet und das Mandat der Mission in Niger einseitig von der dortigen Militärjunta aufgekündigt worden. Neu eingerichtet seien mit deutscher Beteiligung die EU-Missionen in Armenien, Moldau und einigen Anrainerstaaten des Golfs von Guinea.
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Josef Oster (CDU) begrüßte die Beteiligung deutscher Polizisten an internationalen Missionen, die ein ziviles Instrument der Diplomatie seien. Dabei sei dieses Engagement noch ausbaufähig, fügte er mit Blick auf die gesunkenen Zahlen hinzu. Marcel Emmerich (Grüne) sagte, gerade in Zeiten, in denen Staaten wie Russland und China international ihren "destruktiven Einfluss" geltend machten, sei es wichtig, mit der deutschen Polizei als stabilisierendem Faktor präsent zu sein. Er beklagte zugleich, dass heute weniger als 100 deutsche Polizisten in solchen Einsätzen seien. Dies sei "ein nicht hinnehmbarer Zustand, den wir ändern müssen".
Mehr Wertschätzung der Einsätze angemahnt
Steffen Janich (AfD) konstatierte angesichts des Rückgangs der eingesetzten Kräfte, dass Auslandseinsätze für deutsche Polizisten offensichtlich nicht attraktiv seien. Sie würden zu wenig publik gemacht und seien gegebenenfalls gefährlich. Ann-Veruschka Jurisch (FDP) mahnte mehr Wertschätzung der Auslandseinsätze von Polizisten an. Solche Einsätze müssten sich positiv auf die Laufbahnen dieser Beamten auswirken.