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Fünf Fragen zur China-Strategie der EU : "Wir wollen nicht Abschottung, sondern Risikominimierung"

Der Europaabgeordnete und Leiter der China-Delegation des Europäischen Parlaments, Reinhard Bütikofer (Grüne), über die EU-Politik gegenüber Peking.

24.04.2023
True 2024-04-19T13:20:46.7200Z
2 Min

#1

Herr Bütikofer, werden die EU-Staaten sich hinter die China-Strategie von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellen?

Reinhard Bütikofer: Ich denke schon. Die jüngste China-Debatte im EU-Parlament hat die Position von der Leyens gestärkt. Zwischen 2016 und heute sind die europäischen Divergenzen in Bezug auf China ohnehin zurückgegangen. Die neue Bundesregierung hat sich explizit auf eine europäische Einbindung ihrer China-Politik festgelegt. Jetzt gilt es vor allem, umzusetzen, wozu Kundige raten: Abhängigkeiten verringern.

#2

Von der Leyen spricht von "De-Risking" gegenüber China. Was bedeutet das?

Reinhard Bütikofer: Wir wollen nicht Abschottung, sondern Risikominimierung. Dazu gehört: Wirtschaftsbeziehungen breiter aufstellen, Industrien besser gegen unfairen chinesischen Wettbewerb schützen, resiliente Lieferketten aufbauen. Dafür hat die EU Instrumente entwickelt. Außerdem: Nachdem wir lange nur zugeschaut hatten, wie China mit dem Seidenstraßen-Projekt geostrategischen Einfluss gewinnt, haben wir uns 2021 endlich zu einer europäischen Alternative durchgerungen.

Foto: picture alliance/dpa/Philipp von Ditfurth

Reinhard Bütikofer (Bündnis 90/Die Grünen) ist Leiter der China-Delegation des Europäischen Parlaments.

#3

Für diese "Global Gateway Initiative" gilt aber: weniger Geld und spät dran. Wie soll Europa so den Vorsprung Chinas aufholen?

Reinhard Bütikofer: Nun, die Entwicklungsbedarfe bei der Infrastruktur sind in den Schwellen- und Entwicklungsländern weiter enorm groß. Es ist nicht zu spät. Und China hat mit viel Geld manch Unheil angerichtet. Wir können attraktive Angebote machen. Beispiel Seltene Erden: Die beziehen wir zu 98 Prozent aus China, weil dort die Verarbeitung konzentriert ist. Wenn wir Verarbeitungskapazitäten in rohstoffreichen Ländern in Afrika aufbauen helfen, gewinnen die industriell und wir erweitern unsere Bezugsquellen. Das ist strategisches Win-win.

#4

Peking sucht sich bereits andere Partner, Russland zum Beispiel. Was bedeutet das für Europa und den Krieg in der Ukraine?

Reinhard Bütikofer: Dass Xi Jinping seinen Einfluss nutzt, um Putin in die Parade zu fahren, sollten wir nicht erwarten. In Peking wird sogar auf chinesische Vorteile wegen des Krieges spekuliert. Umso wichtiger ist es, dass Europa Stärke zeigt und Putin keinen Erfolg hat.

#5

Viele Beobachter fürchten, dass im Schatten des Krieges auch eine Einnahme Taiwans wahrscheinlicher wird.

Reinhard Bütikofer: Die Gefahr eines Überfalls auf Taiwan besteht. Aber ein unaufhaltsames Verhängnis ist das nicht. Peking hat die Warnungen von US-Präsident Joe Biden gegen eine Invasion genau registriert. Europa sollte signalisieren: Taiwan anzugreifen, würde sehr hohe Kosten für Peking selbst bedeuten. Wir Europäer haben Interesse an Stabilität in diesem Raum, nicht zuletzt wegen der riesigen Bedeutung der Meerenge von Taiwan für den Welthandel. Xi wird abwägen müssen, ob er wegen der Einverleibung Taiwans Chinas Aufstieg opfert.

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