Europa : Weg frei für größte Ausbildungsmission der EU
15.000 Ukrainer sollen für den Kampf geschult werden. Deutschland übernimmt eine zentrale Rolle.
In Mali hat die Europäische Union in neun Jahren 15.000 Soldaten ausgebildet. Für die Ukraine wollen die Mitgliedstaaten dasselbe in zwei Jahren leisten, eigentlich noch schneller. Mitte Oktober haben die Außenminister die Europäische Unterstützungsmission für die Ukraine, kurz EUMAM, beschlossen. Mitte November soll die Ausbildung beginnen. Das strategische Ziel besteht gemäß Mandat darin, die "militärische Fähigkeit der ukrainischen Streitkräfte zur Regeneration und zur effektiven Einsatzführung verbessern", damit das Land seine territoriale Integrität verteidigen könne. Ein Teil der Soldaten werden Rekruten sein, die Gefallene und Verletzte ersetzen sollen. Es sollen aber auch militärische Führer auf allen Ebenen im Gefecht geschult werden, vom Zug bis zur Brigade. Zudem sollen Soldaten eine Spezialausbildung bekommen, als Sanitäter oder Minenräumer.
12.000 Soldaten, 2800 Spezialkräfte
Auf die Zahl der auszubildenden Soldaten haben sich Brüssel und Kiew verständigt. Dabei handelt es sich um 12.000 gewöhnliche Soldaten und 2.800 Spezialkräfte, wie ein EU-Beamter erläuterte. Geführt wird die Mission durch den EU-Militärstab in Brüssel, das Kommando liegt beim französischen Vizeadmiral Hervé Bléjean. In Deutschland und Polen sollen nachgelagerte Hauptquartiere eingerichtet werden. Beide Länder wollen eine tragende Rolle übernehmen.
So sagte das Bundesverteidigungsministerium einen Ausbildungsumfang "von bis zu einer Brigade" zu, das können maximal 5.000 Soldaten sein. Polen hat seinen Beitrag noch nicht quantifiziert. Es wird sich auf die Ausbildung an sowjetischen Waffensystemen konzentrieren, die ukrainische Soldaten in beträchtlicher Zahl von den russischen Besatzern erbeutet haben. Diese Systeme fanden sich noch aus Zeiten des Warschauer Pakts in polnischen Arsenalen, viele wurden seit Kriegsbeginn der Ukraine überlassen.
Frankreich kündigte die Ausbildung von 2.000 ukrainischen Soldaten an. Weitere EU-Staaten wollen sich beteiligen, darunter auch das neutrale Irland. Dänemark wird zum ersten Mal an einem Einsatz im Rahmen der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik teilnehmen, nachdem es eine nationale Ausnahmeklausel per Referendum abgeschafft hat.
Vor zwei Jahren stieß die Idee auf Widerstand
Vor zwei Jahren hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erstmals eine EU-Mission in der Ukraine ins Gespräch gebracht, doch regte sich Widerstand dagegen. Deutschland verwies seinerzeit auf die Gefahr, dass dies den Konflikt mit Russland verschärfen könne. Zu einer deutlich abgespeckten Variante - der Entsendung von Ausbildern an die Militärakademie in Kiew -, kam es dann wegen des Kriegsbeginns nicht mehr.
Beim informellen Verteidigungsministertreffen Ende August unternahm Borrell einen neuen Vorstoß. Die Osteuropäer wusste er auf seiner Seite, andere Länder fragten dagegen nach dem Mehrwert. Sie bildeten schließlich auch so schon Ukrainer an Waffensystemen aus, in Deutschland waren es in diesem Jahr schon 800. Trotzdem bekam Borrell den Auftrag, ein Konzept auszuarbeiten - das Ergebnis ist die bisher größte Ausbildungsmission der Europäischen Union.
Sie hat mehrere Besonderheiten. So sieht der EU-Vertrag militärische Einsätze eigentlich nur außerhalb des Unionsgebiets vor. Davon wird nun eine Ausnahme gemacht, wegen der "außergewöhnlichen Umstände, die aus Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine herrühren", wie es im Mandat heißt. Die Bundesregierung ist davon überzeugt, dass Deutschland dadurch nicht zur Kriegspartei werde - anders als bei einer Ausbildung auf ukrainischem Boden.
Der Großteil der Kosten wird zudem nicht aus dem EU-Haushalt bestritten, sondern aus der Europäischen Friedensfazilität. Eigentlich dafür gedacht, Soldaten in Afrika auszurüsten, die dort von der EU trainiert werden, werden davon bisher vor allem Waffen für die Ukraine finanziert. Staaten, die dem Land Ausrüstung überlassen, bekommen einen Teil des Wertes erstattet.