Humanitäre Lage in Gaza : Chef des Palästinenserhilfswerks wirbt um Unterstützung
UNRWA-Chef Philippe Lazzarini dringt im Menschenrechtsausschuss auf finanzielle und politische Hilfe. Seine Organisation sei in Gaza unverzichtbar.
Der Chef des Palästinenserhilfswerks der Vereinten Nationen (UNRWA), Philippe Lazzarini, hat am Mittwoch im Menschenrechtsausschuss über die katastrophale humanitäre Lage in Gaza berichtet und zu den Vorwürfen gegen die von ihm geführte Organisation Stellung genommen.
Es fehlt überall am Allernötigsten, berichtete UNRWA-Chef Philippe Lazzarini dem Menschenrechtsausschuss: Nahrung, Wasser, sanitäre Einrichtungen und medizinische Versorgung.
Dabei beschrieb Lazzarini, der seit März 2020 Generalkommissar der UNRWA ist, Gaza als "postapokalyptische Welt", in der es weder zivile Ordnung noch Zuflucht gebe. Es fehle überall am Allernötigsten - an Nahrung, Wasser, sanitären Einrichtungen und an medizinischer Versorgung. Lazzarini berichtete von Jugendbanden, die Lebensmitteltransporte plünderten, von Operationen ohne Narkose.
Lazzarini warnt vor Ausweitung des Krieges auf den Libanon
Fast acht Monate nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas in Israel und dem darauffolgenden israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen kämpfe die Zivilbevölkerung dort ums Überleben, so der UNRWA-Chef. Seit Beginn der Offensive des israelischen Militärs in Rafah habe sich ihre Lage nochmals verschlechtert. Dort hatten zuletzt mehr als eine Million Menschen Zuflucht vor den Kämpfen gesucht.
Lazzarini warnte vor einer Ausweitung des Kriegs auf den Libanon. Schon jetzt habe er verheerende Folgen - auch für die UNRWA selbst: Mindestens 192 ihrer Mitarbeiter seien getötet, 170 Einrichtungen schwer beschädigt worden.
Aus Israel kommen Terror-Vorwürfe
Zudem sehe sich das Hilfswerk immer wieder mit schweren Vorwürfen konfrontiert, so Lazzarini. Tatsächlich unterstellt Israel der UNWRA unter anderem, Tunnel der Hamas unter ihren Einrichtungen zu dulden und mit der Terrororganisation zusammenzuarbeiten. Aktuell berät die Knesset, das israelische Parlament, über einen Gesetzentwurf, der die UNRWA selbst als terroristische Organisation einstuft.
Die Kritik, Anschuldigungen gegen Mitarbeiter der Organisation nicht genügend zu untersuchen, wies der UNWRA-Chef auch im Ausschuss erneut zurück. Er gehe jedem Vorwurf nach, beteuerte Lazzarini. Doch es brauche auch Beweise. Eine Untersuchungskommission der VN hatte das Hilfswerk zwar entlastet, ihm jedoch auch Neutralitätsprobleme bescheinigt und eine Reihe von Empfehlungen gegeben. Diese würden umgesetzt, so der Chef des Hilfswerks.
Abgeordnete äußern Zweifel an der Zusammenarbeit
Lazzarini warb für die weitere politische wie finanzielle Unterstützung der UNRWA: Sie sei unverzichtbar - gerade auch in Zukunft: Noch nie zuvor habe es in Gaza eine solche humanitäre Krise gegeben. Welche andere Organisation habe die Fähigkeiten, nach einem Waffenstillstand die eine Million Kinder in Gaza wieder zurück in Bildung zu bringen?
Angesichts der Anschuldigungen gegen die UNRWA ließen mehrere Abgeordnete Zweifel an der Zusammenarbeit erkennen: Während die AfD jegliche Unterstützung ablehnte, mahnte die Union Reformen an: Das System müsse überdacht und durch dezentrale Strukturen ersetzt werden. Die FDP sah ein Dilemma: Die Herausforderungen in Gaza seien riesig, aber die Vorwürfe auch. Wie wolle das Hilfswerk weitermachen? Es brauche einen Plan.