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Editorial : Alle Kinder lernen lesen

Vom Startchancenprogramm werden viele Kinder profitieren. Für die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt könnte das Ziel aber ambitionierter sein.

12.04.2024
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2 Min

Die Welt gehört in Kinderhände, singt Herbert Grönemeyer seit fast 40 Jahren. Sie wird es auf jeden Fall, wenn auch später als Grönemeyer dies besingt. Für jede Generation kommt die Zeit, in der die Verantwortung auf sie übergeht. Die Frage ist, wie wir die Kinder darauf vorbereiten. Bildung ist nicht nur die Voraussetzung für individuelles Vorankommen und ein selbstbestimmtes Leben; sie ist die Voraussetzung für die Zukunft des Landes.

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Beides formuliert auch der Antrag der Ampel-Fraktionen zum Startchancenprogramm direkt zu Beginn. Mit ihm kam das Thema Bildung in der parlamentarischen Primetime auf die Tagesordnung. Inhaltlich wird im Wesentlichen die Regierung aufgefordert, das bereits zwischen Bund und Ländern fest vereinbarte Programm umzusetzen. Zehn Jahre lang sollen Schulen mit besonderen sozialen Rahmenbedingungen durch insgesamt 20 Milliarden Euro gefördert werden. Profitieren sollen davon vor allem Kinder in Armut und mit Migrationsgeschichte und damit rund 4.000 Schulen, das ist nur ein Bruchteil aller Schulen in Deutschland. Es ist aber ein richtiger Ansatz für gerechte Startchancen. Gerechtigkeit bedeutet nicht, dass alle dasselbe bekommen, sondern alle das, was sie brauchen.

Bildungsarbeit beginnt nicht in der Grundschule

Der Union als größter Oppositionsfraktion fehlt vor allem eine Antwort auf das Zusammenspiel von frühkindlicher Bildung und Schulbildung. Sie hat damit in der Debatte einen wunden Punkt getroffen. Der Grundstein für den späteren Bildungserfolg wird eben nicht erst in der Grundschule gelegt. Die Kritik, unter anderem an der Einstellung des Bundesprogramms "Sprach-Kitas", verfing daher. Genauso wie der Hinweis, dass bei der Bildung beide im Bund zuständigen Ministerien, also Bildungs- und Familienministerium, zusammenarbeiten müssten, Familienministerin Lisa Paus (Grüne) aber trotz Primetime gar nicht erst zur Debatte erschienen sei.

Zu denken geben auch die formulierten Ziele. Der Antrag bezeichnet sie als ambitioniert und bezieht dies darauf, dass in den Startchancen-Schulen künftig nur noch halb so viele Schülerinnen und Schüler wie bislang die Mindeststandards in Mathematik und Deutsch verfehlen sollen. Bis zum Ende der Laufzeit, also in zehn Jahren. Die andere Hälfte bliebe damit weiter auf der Strecke. Wirklich ambitioniert wäre für die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt ein anderes Ziel: Alle Kinder lernen lesen.