Polizei beim Deutschen Bundestag : Eigenes Gesetz für die eigene Polizei
Im Parlament hat die Präsidentin die Polizeigewalt. Nun sorgt der rot-grüne Entwurf eines Bundestagspolizeigesetzes für Kontroversen.
"Der Präsident übt das Hausrecht und die Polizeigewalt im Gebäude des Bundestages aus." So steht es im Grundgesetz-Artikel 40, der damit eine Zuständigkeit anderer Polizeibehörden im Bereich des Parlaments ausschließt. Damit soll, dem Prinzip der Gewaltenteilung entsprechend, der Bundestag vor einer etwaigen Einflussnahme durch Exekutive oder Judikative geschützt werden. Daher ist das Parlament ein eigener Polizeibezirk mit eigenen Polizisten, nämlich den rund 200 Beamten der "Polizei beim Deutschen Bundestag".
Die Bestimmung des Grundgesetzes ist indes "sehr abstrakt", wie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) vergangenen Sommer dieser Zeitung sagte. Die Bundestagspolizei wünsche sich hier "mehr Rechtssicherheit und Klarheit für die tägliche Arbeit", weshalb ein eigenes Bundestagspolizeigesetz gebraucht werde. Am Donnerstag stand nun erstmals ein von SPD und Grünen eingebrachter Entwurf eines solchen Gesetzes auf der Tagesordnung des Parlaments.
Beamte der Bundestagspolizei sitzen im Juni 2024 während einer Rede von Parlamentspräsidentin Bärbel Bas (SPD) auf einer Tribüne des Plenarsaals.
Damit soll erstmalig eine gesetzliche Grundlage für die Parlamentspolizei geschaffen werden. Ziel ist es laut Vorlage, den gegenwärtigen Stand der Befugnisse auf einfachrechtliche Grundlage zu stellen und darüber hinaus "die Befugnisse der Polizei bezogen auf die örtliche Zuständigkeit maßvoll auszuweiten, indem die strikte Bindung an die Parlamentsgebäude gelockert wird".
Der örtliche Zuständigkeitsbereich der Bundestagspolizei soll erweitert werden
Mit dem Gesetzentwurf soll der Bereich der Gebäude des Parlaments im engeren Sinne auf alle Räumlichkeiten erweitert werden, "in denen der Bundestag, seine Organe und Gremien, die Bundesversammlung oder der Gemeinsame Ausschuss tagen, ohne dass es sich um ein Gebäude handelt, das der Verwaltung des Deutschen Bundestages unterliegt". Dies soll auch für alle Orte gelten, die in einem "untrennbaren zeitlich-räumlichen Zusammenhang" mit Sitzungen des Bundestages, seiner Organe und Gremien stehen. Ein solcher Zusammenhang ist laut Begründung in erster Linie bei Streifengängen rund um die Gebäude des Bundestages gegeben. Zudem soll sich der Begriff der Gebäude des Bundestages auch auf Orte erstrecken, an denen die Präsidentin oder der Präsident eine Veranstaltung durchführt.
Im Bereich der Gefahrenabwehr soll die Parlamentspolizei außerhalb des Gebäudes des Bundestages tätig werden können, um eine in diesem Gebäude drohende Gefahr abzuwehren. "So ist die Polizei beispielsweise auch dann örtlich zuständig, wenn sich ein Schütze außerhalb des Gebäudes des Bundestages befindet, der auf den Eingangsbereich oder die Kuppel des Reichstagsgebäudes schießt", heißt es dazu in der Begründung. Gleiches gelte, "wenn etwa Informationserhebungseingriffe außerhalb der Gebäude des Bundestages erforderlich werden, um eine Gefahr in den Gebäuden des Bundestages abzuwehren".
Strengere Regeln für die Hausausweise des Bundestages vorgeschlagen
Geregelt werden sollen mit dem Entwurf auch Grundsätze der Zuverlässigkeitsüberprüfung von Personen, die Zutritt zu den Parlamentsgebäuden wollen und dafür etwa Hausausweise beantragen. Vorgesehen ist dabei auch "das anlassbezogene Auskunftsersuchen von personenbezogenen Daten der Polizei beim Bundesamt für Verfassungsschutz oder bei den Landesämtern für Verfassungsschutz zum Zwecke der Zuverlässigkeitsüberprüfung".
In der Debatte sagte Dorothee Martin (SPD), mit dem Gesetz solle die Parlamentspolizei "Rechts- und Handlungssicherheit" erhalten. Zudem müsse man auf Bedrohungen von Extremisten jeder Art reagieren und brauche dazu auch eine bessere Überprüfung Zugangsberechtigter. Dabei sollten in konkreten Verdachtsfällen auch Verfassungsschutz-Erkenntnisse einfließen können.
Michael Breilmann (CDU) zeigte sich offen für gesetzliche Regelungen, die jedoch "juristisch wasserdicht" sein müssten. Zu beachten sei auch die Freiheit des Abgeordnetenmandats. Ziel der Union sei eine solide und rechtssichere Lösung und kein "politischer Schnellschuss" wie die rot-grüne Vorlage.
Irene Mihalic (Grüne) bezeichnete das Gesetz als überfällig. "Wir brauchen moderne Rechtsgrundlagen für eine rechtsstaatlich arbeitende Bundestagspolizei", betonte sie und erinnerte unter anderem an "den Mob von Reichsbürgern und Rechtsextremisten, die versucht haben, das Reichstagsgebäude zu stürmen".
AfD kritisiert Vorlage als verfassungswidrig
Manuel Höferlin (FDP) verwies auf "äußere Bedrohungen, aber auch Bedrohungen aus dem Inneren des Hauses". Es sei "höchste Zeit" für eine rechtliche Grundlage der Bundestagspolizei, doch müsse man in dem Gesetzentwurf einige Punkte wie etwa unklare Rechtsbegriffe noch "ganz genau angucken".
Stephan Brandner (AfD) kritisierte, nach dem Willen von Rot-Grün solle ein "verfassungswidriges Bundestagspolizeigesetz durchgepeitscht werden, nachdem es über 70 Jahre ohne ging". Dabei gehe es um einen "weiteren Frontalangriff" auf seine Partei, bei dem versucht werde, das Grundgesetz zu Lasten der AfD "zu filetieren".