Editorial : Eine besondere Woche
Die Abschaffung des Transsexuellengesetzes ist ein umstrittenes Vorhaben, in der kontroversen Debatte kam es auf die Sitzungsleitung an. In einer besonderen Woche.
Als die damalige PDS nach der Wahl 2005 viermal mit ihrem Kandidaten Lothar Bisky bei der Vizepräsidentenwahl scheiterte, schlug die Fraktion im April 2006 Petra Pau vor. Sie wurde im Bundestag sofort gewählt, wie auch in den folgenden vier Wahlperioden. In einer Woche, die mit dem Haushaltsurteil aus Karlsruhe und der terminierten Auflösung der Linksfraktion doppelt bemerkenswert war, wollte es der Sitzungsplan, dass mit ihr das erfahrenste Präsidiumsmitglied die Debatte zur Abschaffung des Transsexuellengesetzes leitete. Die Aussprache forderte ihre ganze Erfahrung.
Mit dem geschlechtlichen Selbstbestimmungsgesetz stand nach der Cannabis-Legalisierung innerhalb weniger Wochen das zweite umstrittene gesellschaftspolitische Ampel-Vorhaben auf der Tagesordnung. Es geht dort um Grundsatzfragen von Identität und Geschlecht. Eine kontroverse Diskussion war vorgezeichnet; die Reihen im Plenum entsprechend gut besetzt. Petra Pau warnte zu Beginn noch vor beleidigenden Äußerungen. Bei der AfD-Abgeordneten Beatrix von Storch war dies jedoch zwecklos. Gleich zwei Ordnungsrufe erhielt sie für Äußerungen in Richtung der Grünen-Abgeordneten Tessa Ganserer, die ausschließlich kränkend und verletzend wirken sollten. Im Interview lesen Sie Ganserers Sicht auf die Diskussion.
Hass oder Häme gegen Trans-Menschen inakzeptabel
Dass sich die Kontroverse in der Sache mit Respekt voreinander verbinden lässt, zeigte die Debatte aber ebenfalls. Fünf der noch sechs Fraktionen waren sich völlig einig: Hass oder Häme gegen Trans-Menschen sei inakzeptabel. Die Unionsfraktion kritisierte eine ganze Reihe von Aspekten am Gesetzentwurf der Ampel und machte gleichwohl deutlich, dass der Staat Menschen gerecht werden müsse, die sich im falschen Körper fühlen.
Für Petra Pau dürfte mit dieser Woche auch persönlich eine besondere zu Ende gegangen sein. Ihre Linksfraktion wird sich am 6. Dezember auflösen. Der Bundestag verliert sie dadurch für die Sitzungsleitung aber nicht, denn als Vizepräsidentin ist sie für die Dauer der Wahlperiode gewählt. An deren Ende könnte Petra Pau das am längsten amtierende Präsidiumsmitglied in der Geschichte sein und Annemarie Renger (SPD) ablösen, die 19 Jahre im Präsidium saß. Bis zum regulären Ende der Wahlperiode im Herbst 2025 warten aber wohl noch einige besondere Wochen.