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Reform der Geschäftsordnung : Zeit für Veränderungen

Die Arbeitsgrundlage des Parlaments steht vor einer Reform. Über mögliche Änderungen hat der Geschäftsordnungsausschuss eine Anhörung durchgeführt.

28.11.2022
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3 Min

Die letzte umfassende Reform der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages liegt 42 Jahre zurück. Die Fraktionen im Bundestag wollen daher die Arbeitsgrundlage des Parlaments modernisieren. Die Ampelkoalition, die Unionsfraktion, die AfD-Fraktion und die Linksfraktion haben dazu Vorschläge vorgelegt, die der Geschäftsordnungsausschuss in einer Anhörung von Sachverständigen bewerten ließ.

Streitthema Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen

Zur Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen gehen die Vorstellungen auseinander. Bisher tagen die Ausschüsse grundsätzlich nichtöffentlich, wobei sie beschließen können, für einen bestimmten Verhandlungsgegenstand die Öffentlichkeit zuzulassen. Nach dem Willen der Koalitionsfraktionen sollen die Ausschüsse künftig festlegen, ob und inwieweit sie öffentlich beraten. Noch weiter geht die Linksfraktion, für die Ausschusssitzungen grundsätzlich öffentlich sein sollten. An der grundsätzlichen Nichtöffentlichkeit will hingegen die Unionsfraktion festhalten.

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In der Anhörung gab es Zuspruch für alle drei Positionen. Der Bonner Rechtsprofessor Heiko Sauer unterstützte den Koalitionsvorschlag, sein Kollege Bernhard W. Wegener von der Universität Erlangen-Nürnberg sah diesen nur als ersten Schritt und warb, wie die Linksfraktion, für grundsätzliche Öffentlichkeit, während Horst Risse, der frühere Direktor beim Deutschen Bundestag, und Philipp Austermann von der Hochschule des Bundes in Brühl dafür eintraten, es bei der jetzigen Regelung zu belassen. Wenn schon mehr Öffentlichkeit, dann nur durch Übertragungen im Internet, befand Risse, und auch Wegener brach eine Lanze für direkte Übertragungen, damit die Zuschauer sehen könnten, "wie die Ausschüsse wirklich arbeiten".

Debatte über Länge der Regierungsbefragung

Ein zweiter Schwerpunkt der Reformvorschläge ist die künftige Ausgestaltung der Regierungsbefragung, bei der sich ein Minister und dreimal jährlich auch der Kanzler den Fragen der Abgeordneten stellt. Die Koalition will sie von 60 auf 90 Minuten verlängern und dafür die Fragestunde, bei der meist parlamentarische Staatssekretäre auf Fragen von Abgeordneten antworten, von 60 auf 45 Minuten verkürzen. Die Union will die Regierungsbefragung auf zwei Stunden ausdehnen.

Horst Risse schlug vor, bei der verfügbaren Fragezeit den Oppositionsfraktionen einen Zuschlag zu gewähren. Die Regierungsbefragung sei überwiegend ein Oppositionsinstrument und sollte als solches auch ausgebaut werden. Risse räumte ein, dass das nicht ohne Beeinträchtigung der formalen Gleichheit aller Abgeordneten möglich sei. Widerspruch erntete er damit bei Heiko Sauer, der die Regierungsbefragung nicht als Oppositionsinstrument einstufte, sondern befand, dass sie allen Abgeordneten gerecht werden müsse.

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Ein Anliegen der AfD-Fraktion ist, zeitliche Überschneidungen von Plenar- und Ausschusssitzungen grundsätzlich nicht mehr zuzulassen, damit Abgeordnete nicht gezwungen sind, auf die Anwesenheit in einer von zwei parallelen Sitzungen verzichten zu müssen. Unterstützt wurde sie dabei von Michael Elicker, Rechtsprofessor an der Universität des Saarlandes. Er hält solche Überschneidungen für verfassungsrechtlich problematisch. Dagegen argumentierte sein Professorenkollege Sven Hölscheidt von der Freien Universität Berlin. Der Verzicht auf zeitliche Überschneidungen würde seiner Ansicht nach der Funktionsfähigkeit des Bundestages zuwiderlaufen und wäre damit verfassungswidrig.

Die Koalitionsfraktionen wollen die Reform der Geschäftsordnung zum 1. Januar 2023 in Kraft setzen.